AW: Der Dieb in Aventurien
Ich denke, dass es bei DSA eine wichtige Sache ist den Helden von kleinauf zu kennen, seine Probleme und Schwächen genauso wie seine Stärken - letztere müssen nunmal bei einem Anfangshelden noch entwickelt werden.
Ein Held (Mensch) startet nicht umsonst mit jungen Jahren sein Heldenleben, es gilt hier nicht, der tollste Schwertkämpfer oder geschickteste Dieb, geschweigedenn der Magier zu werden, der alle Formeln der Zeit gleich zu Anfang beherrscht, im Gegenteil.
Wozu sich noch sonderlich anstrengenen und Quests lösen, die nach Detektivschema oder Natur-Abenteuer aussehen, wenn es nicht in das Genre des Charakters passt? Wozu denn die holde Maid von den Klauen des bitterbösen Magiers befreien, wenn einzig und alleine seine Bibliothek interessant ist? Warum sich ein Duell mit dem Erzfeind liefern, wenn man sowieso unbestritten der beste Fechter ganz Aventuriens ist? Wo bleibt die Motivation? Wo bleibt das Rollenspiel, wenn man alles kann?
Sicher ist immer die Versuchung da einen Helden zu haben, der wirklich immer Rat weiß, der jedes noch so kniffelige Rätsel lösen kann, der kein Problem hat die Wegelagerer alleine in die Flucht zu schlagen oder der wirklich immer den passenden Zauber zur passenden Zeit hat?
Warum diese Superhelden?
Die charakterliche Entwicklung ist es, worauf es ankommt, die Höhen und tiefen, die Sternstunden, in denen es einzig und allein auf diesen einen Helden ankommt, doch genauso die Situationen, in denen man vollkommen hilflos und verzweifelt nach einem Ausweg sucht und in letzendlich findet - oder auch nicht! Das ist Spannung und Abenteuer, nicht AT und PA 20 mit den SF's wie Blindkampf, Kampfgespühr, Hammerschlag, Todesstoß und Windmühle.
Ich denke man sollte sich bei der Heldenerstellung klar machen, dass es einen Fokus gibt - vielleicht ist man in Festum der König der Diebe, derjenige, der wirklich überall eingebrochen hat, die Magierakademie um so machen Zaubertrunk brachte und auch den reichsten Händler trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ausrauben konnte - aber letzendlich gibt es einen besseren.
Spätestens wenn der Magus bei Borbarad angekommen, der Krieger vor dem Schwert der Schwert steht oder der 08/15-Straßendieb den erfahrenen Phexgeweihten in besten Jahren bei seinem Handwerk beobachtet - oder seine KGIA-Akte in die Finger bekommt - ja, spätestens da wird sollte wirklich jeder Spieler-Held den Kopf senken und wissen, dass der Gegenüber besser ist - ganz gleich, ob der Charakter selbst das einsieht oder nicht (grade letzteres kann sehr zur Erheiterung beitragen).
Es gibt einige Spieler, die mit allen Mitteln versuchen, immer großartig auszusehen, sich keine Panne erlauben (wollen) und selbst als Elf keinen Etikettefehler begehen. Sowas ist - meiner Meinung nach - nicht nur vollkommen unrealistisch und langweilig, sondern auch im hohen Maße unfair gegenüber den Mitspielern, dem Meister und ganz Aventurien.
Die Entwicklung, die der Held durchmacht, ist sehr individuell.
Man kann einen Charakter mit gleich Werten - gar mit den gleichen Vor- und Nachteilen - auf mindestens ein Dutzend verschiedene Arten spielen und je nach den Abenteuern, die er erlebt, wird er sich zu einer eigenständigen Persönlichkeit entwickeln, die sich aber auf jeden Fall von den anderen Varianten unterscheidet.
Sicher muss ich einräumen, dass, wenn die Gruppe schon sehr erfahren ist, zumindest ein Stufenangleich vorgenommen werden sollte, als AP-Technisch. Das Alter & co des Helden werden nicht dem entsprechen, was sich die DSA-Redaktion für einen Anfängerhelden gedacht hat - muss es in diesem Fall aber auch nicht.
Wird jedoch eine neue Runde angefangen und führt man sich vor Augen, dass der Held erst grade im Begriff seiner Geburt ist (was für eine wunderbare Metapher!), muss man doch erkennen, dass es nicht realistisch ist, zu Anfang der absolute Profi zu sein.
Langeweile muss zudem, auch wenn man das Universum eigentlich schon kennt, die Dämonen im Schlaf aufzählen und finstere Bösewichte auf Anhieb erkennt, nicht aufkommen, warum auch? Es ist schließlich ein Rollenspiel und hier versetzt man sich eben mal wieder in die Rolle eines - vermutlich noch sehr naiven - Junghelden. Das macht die Kunst beim Rollenspiel aus, genauso wie es sehr viel Spaß machen kann, seinen Hass-Gegner zu spielen, als Magierliebling also zB einen Praiosgeweihten, wenn nicht Bannstrahler.