AW: Westwind: Kapitel 1 - Ankunft
" Wie soll es schon aussehen ? Alle für keinen und jeder für sich. " Wieder so ein Verbrüderungsgrinsen. " Ich schätze, das es überall auf der Welt das Gleiche ist. Im Augenblick herrscht halt Alarmbereitschaft, weil sich der Sabbat ein Stück weit von hier eingegraben hat, darum ist die Stadt auch so voll von Nachtvolk aus der Umgebung. Mög... "
Dann unterbrach er sich, weil Wang Yu zurückkam.
" So, das wäre erledigt, " meinte dieser. " nur noch ein paar Kleinigkeiten. Herr DiMaggio, vielleicht wären sie so freundlich, uns ihre Angestellten vorzustellen. "
Er war so freundlich. Fünf Kellnerinnen, drei Kellner und vier Köche bauten sich in einer Reihe auf.
" Das sind alle ? " fragte Wang Yu.
" Es gibt noch vier weitere, aber die haben heute frei, " sagte Harry.
" Nun gut, wie sie meinen, Herr DiMaggio. "
Der Ahn sieht belustigt zu Feng Yang, den das alles hier furchtbar zu langweilen scheint und fängt an Chi zu verformen. Kaltes Chi aus den dunklen Gefilden des Yin ballt sich um ihn, doch das bekommt nur der Kranich mit.
Einige Sekunden später zischt und pufft es etwa ein Dutzend mal im Restaurant, auch am Tisch der Kuei-Jin geht eine geschmacklose Laterne zu bruch und offenbart die Reste einer elektronischen Installation.
" Das wären dann wohl die Hörer an den Geräten zu Hause gewesen, die sich zugeschaltet haben. Man darf die moderne Technik nicht außer Acht lassen, meine Herrschaften, nicht wahr. Ich arbeite seit geraumer Zeit an einer Shintai, die diesen Mangel beheben soll. Wir sollten jetzt unter uns sein. "
Und an DiMaggio gewandt, " Das sind wir doch, oder ? "
" Ähm... , ja... , ja sicher. "
Wang Yu läßt das so stehen und die Vorstellung beginnt. Die meisten Angestellten sind gewöhnliche Menschen. Bei Zweien allerdings wird die Sache schon interessanter, da es sich bei einem Kellner und einer Kellnerin um DiMaggio's Guhle handelt. Soetwas wie Guhle gibt es bei den Kuei-Jin nicht, aber es zeigt deutlich die vielfältige Ansteckungsgefahr, die von diesen Kreaturen ausgeht.
Noch deutlicher wird es bei dem Koch, den Yang schon bemerkt hatte. Dieser hieß Angus Blackwood und war ein Nosferatu, genau wie sein Erzeuger. Außer einer ähnlich bemerkenswerten Hässlichkeit hatte er den Kuei-Jin außer Yang nicht viel zu bieten. Jener allerdings bemerkte nun, da er diesen Koch etwas länger in Augenschein nehmen konnte, das eindeutig dieser für sein schlechtes Gefühl verantwortlich war. Etwas an diesem Kerl stank zum Himmel und das war nicht der Gestank, den er ohne seine Maske verströmte.
Es war auch nicht nur die Angst, welche dazu kam, als sich der Ahn auf einmal einen der Guhle schnappte, die Frau um genau zu sein, ihren Kopf packte und sie einige Augenblicke später leblos fallen ließ.
" Ahh, das tat gut. Ich esse sonst eigentlich nie hier, aber ich schätze, das wir das Personal sowieso erneuern müssen. Oder was meinen sie, Herr DiMaggio ? "
Dieser war etwas geschockt, Blackwood hingegen war eher sauer, die anderen Angestellten pissten sich jetzt bald ein. Der Ahn hatte dem Guhl auch das letzte Quäntchen Chi entzogen.
" Das... das... , das wäre doch nicht nötig gewesen, Herr Yu. Sie waren immer gute und loyale Mitarbeiter... "
" Eben, " meinte dieser einfach. " Ach Herr DiMaggio, was fange ich nur mit ihnen an ? Der Prinz hat mich darum gebeten sie in Amt und Würden zu belassen, damit die Kainiten schneller ein wenig Vertrauen zu uns fassen und ein bekanntes Gesicht sehen, wenn sie sich mal zu den fremden Schlitzaugen verirren. Das ist ja auch verständlich. Nur kann ich jemanden gebrauchen, der nicht Herr im eingenen Haus ist ? "
Blackwood zeigte nun ein erhöhtes Unwohlsein, das jetzt nicht nur von Yang, sondern auch von anderen mit ausreichend Beobachtungsgabe oder Einfühlungsvermögen bemerkt werden konnte.
" Ich meine, ich kann es ja verstehen, das sie ein wenig ungehalten sind, Herr DiMaggio. Sie machen das hier nun schon wie lange ? 100 Jahre ? Nicht ganz, aber fast, nicht wahr ? Und nun kommt so ein Pack und macht es ihnen streitig.
Wie gesagt, ich kann das schon verstehen, aber nicht dulden. Vor allem dann nicht, wenn ihr Kind sich anmaßt, über ihren Kopf hinweg zu entscheiden. "
Harry sieht ziemlich verdattert aus und auch die Kuei-Jin können sich wohl noch keinen Reim darauf machen. Aber die Erklärung folgt, als sich der Hundertfüßler Angus zuwendet.
" Nun, Herr Blackwood, sie sind auch unzufrieden mit diesem Arrangement, nicht wahr. Wieviele ihrer Freunde halten sich hier versteckt, hm ? "
Der Koch schien willensstärker zu sein, als sein Erzeuger, denn seine Fratze nimmt einen trotzigen Ausdruck an.
" Oh, ihre Wut macht sie stark. Sie vertrauen auf ihr Blut. Aber ich sage ihnen, das kann man heilen. "
Der Ahn packt den Nosferatu am Genick und dieser bekommt einen sehr gequälten Gesichtsausdruck, als er anfängt Blut zu schwitzen.
" Kommen sie, wie viele ? "
Der jüngere Vampir ächzt und stöhnt, sein Erzeuger ist ebenfalls sehr unglücklich, die übrigen stehen steif wie Fahnenmaste herum und harren im Angesicht des Verderbens der Dinge, wie es wohl nur Asiaten können.
Unterdessen beginnt das ausgeschwitzte Blut die Verwachsungen vom Körper Blackwood's zu waschen und sein gequältes Antlitz wird immer menschlicher. Für den Kenner wäre spätestens jetzt klar, das er es mit einem Meister des Gleichgewichts zu tun hatte, der dieses nun beeinflußte.
" Fällt es ihnen wieder ein, Herr Blackwood ? "
" Acht, es sind acht, in Ordnung ! Hören sie auf, bitte, HÖREN SIE AUF ! " kreischt die Erbärmlichkeit, die keine Ahnung hat, was mit ihr passiert, außer, das es mehr als nur wehtut.
" Tut mir leid, aber wie ich schon sagte, ich kann soetwas nicht dulden. "
Wang Yu macht weiter, bis Blackwood's Kraft völlig versiegt ist und statt eines unglaublich hässlichen Vampirs, ein normal hässlicher Mensch in seinem blutigen Schweiß liegt. Mit einem Genickbruch ist die Euthanasie des jüngeren Nosferatu beendet.
" So, " spricht er an die Kuei-Jin gewandt, " sie haben es gehört. Es befinden sich noch acht Vampire hier versteckt. Da sie uns noch nicht offen angegriffen haben, handelt es sich vermutlich um Leute der Camarilla. Sie werden wohl im Privatbereich dieses Etablissements lauern.
Ich habe nun folgende Ordern an sie. "
Jetzt ist Wang Yu ganz Mandarin. Jeder Ton seiner Stimme zittert vor Befehlsgewalt.
" Ich werde für eine Woche verreisen. Wenn ich zurück bin, ist dieses Lokal angemessen hergerichtet. Pruhl, sie machen das und übernehmen den diplomatischen Part dem Kinjinpack gegenüber !
Nghia, sie kümmern sich um den roten Schutz ! Sehen sie zu, das jeder versteht, das ein neuer Spieler in der Stadt ist, ohne die Nächte allzu rot zu färben. Das könnte leicht nach hinten losgehen.
Higuri, sie werden offiziell diplomatische Beziehungen zu den Hengeyokai aufnehmen und schauen, was sich dort machen läßt ! Gehen sie in den Central Park, nehmen sie ihre Nase mit, aber lassen sie ihr Fell zu Hause. Das ist wohl gegen deren Etikette.
Und sie Yang, sie werden sich auf die Suche nach Unseresgleichen begeben. Ich habe sie gespürt, aber es wird nicht leicht sein sie zu finden, sonst hätte ich sie schon. Außerdem habe ich noch wichtigeres zutun.
Jetzt werden sie zuerst diesen UNSEREN Ort säubern ! Das Gesocks im Hinterhalt wird entsorgt ! Über die Angestellten verfügen sie nach belieben.
Was nun unseren lieben herren DiMaggio angeht, nunja, auch über ihn dürfen sie frei verfügen, bedenken sie jedoch, das seine Weiterexistenz eine vorteilhafte Geste des guten Willens, dem Prinzen gegenüber ist.
Sollten sie sich für ihn entscheiden, dann sorgen sie Yang dafür, das er unserer Sache gewogen bleibt. "
Wang Yu sucht kurz vergebens nach noch einem Schluck Wein, pafft etwas an seiner Zigarre und fährt dann fort.
" Ich habe vorhin, als ich die Tür hinter dem letzten Gast schloß, das Drachenknochengefängnis geschlossen, das ich für diesen Ort vorbereitet habe. Für 24 Stunden wird niemand außer Kuei-Jin dieses Restaurant betreten oder verlassen können. Das ist mehr als genug Zeit, um das Ungeziefer im Haus auszumerzen.
Denken sie alle daran, das sie es nach dem heutigen Exempel, das wir statuieren, zwar bestimmt aber ruhig angehen.
Noch Fragen, nein, gut. Ich bin in sieben Tagen zurück. "
Wer jetzt allerdings einen Abgang mit Blitz und Rauch und Donnerhall erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Wang Yu verließ das Lokal ganz normal durch die Tür.
Die Angestellten standen auf zittrigen Beinen in einer Reihe und versuchten krampfhaft die Lücken, die der Ahn in ihr hinterlassen hatte, zu ignorieren. Harry saß völlig aufgelöst, bar jedes Lächelns am Tisch und gab seiner persönlichen Krise ein Gesicht.