Ich habe die
Kampagne über Probleme gehabt, ein Spiel hinter all den Markern und riesigen Figuren zu erkennen. Dank des PnP hat das nun funktioniert. Und ja, vorab kann ich sagen, dass PA tatsächlich ein Spiel ist, das nicht nur aus dem bloßen Zusammenwürfeln (Ha Ha, Wortwitz) von Mechaniken besteht. Es steckt tatsächlich mehr drin.
Regelwerk
Die Regeln sind zwar umfangreich geschrieben, sind aber gut zu verstehen. Die knappen Beispiele pro Passage unterstützen das reine Regelwerk. Ein Glossar kommt allerdings ans Ende eines Regelheftes und NICHT mitten rein! Etwa 30 der 50 Seiten beschäftigen sich mit besonderen Karten, modularen Zusatzregeln oder mit dem Material. Es bleiben 20 Seiten pures Regelwerk.
Platz / Material
Dank des opulenten Tisches (1,5 x 1,5m) von
@Marc Aurel hatten wir genug Platz um alles elegant aufzubahren. Auf einem normalen Tisch könnte man eher in Bedrängnis geraten. Hier hatten wir nur eine PnP Version. Im Spiel ist das aus der Box vielleicht aufgeräumter. Das Spielmaterial erschien mir sehr viel zu sein. Es sind seeeehr viele verschiedene Marker. Vergleichbar z.B. mit Eldritch Horror. Die müssen überschaubar platziert sein. Einige Token hätte man sich auch sparen können. Zum Beispiel die Würfeltoken auf dem Spielertableau (könnte man ersetzen durch die richtigen Würfel). Der Lebensstand könnte a la
Zombicide steckbar sein auf einem Plastiktableau... und und und.
Ich weiß nach wie vor noch nicht, was ich von den Einheitenkarten halten soll. Neben den Miniaturen wirken sie auf dem Spielplan irgendwie deplatziert. Andererseits macht es auch wiederum Sinn, dass es Karten sind und keine Figuren (das hätte das Spiel wohl nochmal teuerer gemacht), weil die Werte zügig ablesbar sein sollten. Im Spiel hat es mich dann selbst weniger gestört.
@Marc Aurel hatte zum Austausch dafür eine ganz eigene Idee. Vielleicht verrät er sie euch?
Mechaniken
Der Grundgedanke ist ein kooperatives Tower Defense Spiel. Das ist durchaus thematisch. Monster wollen die Erde überrennen. Die Helden sind sozusagen die letzte Bastion der Menschheit und müssen sie zurück schlagen. Die Invasion startet an Punkt A. Die Helden an Punkt B. Ein Aufeinandertreffen ist unausweichlich - und natürlich auch gewollt, denn daraus besteht das Spiel: Abschlachten von Dämonen. Bis zum Endboss!
Je mehr Monster man tötet, umso mehr "Courage" bekommt man. "Courage" ist die Allgemeinwährung von PA und man kann vieles hierfür bekommen und sozusagen investieren.
Neben den Monstern gibt es natürlcih die Heldenfiguren. Sie haben Werte wie Verteidigung und Lebenspunkte, sowie von Beginn an eine Sonderfähigkeit sowie eine Schwäche ("Flaw"). Das macht sie im Spiel recht unterschiedlich. Es gibt zwar keine klassischen Rassen bzw. Kategorien. Aber
Hannah Hazard zum Beispiel hatte den Vorteil "Fernkampf" nutzen zu können. Vergleiche zu Elbenbogenschützen oder anderen Fernkampfspezialisten bei anderen Spielen sind natürlich an dieser Stelle komplett frei assoziierbar. Unsere zweite Figur Prof. Maxwell hatte die Fähigkeit sich ziemlich gut zu bestücken - mit Zusatzeinheiten. Und trug dadurch ein fast schon wörtlich zu nehmendes "Meat Shield" mit sich herum, was ihn zum "Tank" werden ließ. Theoretisch wäre aber auch eine andere Einsetzbarkeit möglich gewesen. So dass eine feste Einteilung der Helden in vorgegebene Muster eben nicht stringent zum Tragen kommt.
Die Helden können in klassischer RPG / Dungeon Crawler Manier verbessert werden. Es gibt allerdings keine Waffen oder Rüstungen zum Sammeln oder Kaufen. Dafür gibt es "Gifts". Die "Gifts" stehen für verbesserte Fähigkeiten und sind für alle Helden im Team frei wählbar. Sie sind auch frei zuteilbar. Hierbei ist ein kleiner Tech-Tree zu beachten, also ein klein wenig Vorausplanung macht bei der Vergabe der "Gifts" durchaus Sinn. Synergien sind hier ebenfalls möglich und dem vertrauten Spieler mit Sicherheit ein Ziel.
Ein zusätzlicher wichtiger Aspekt sind die Einheiten (Troopers). Sie können ebenfalls gekauft werden - allerdings nur im Startfeld, was ziemlich viel Hin- und Herlaufen notwendig macht. Und hieraus ergibt sich eine grundsätzliche, taktische Abwägung. Die Einheiten können gesammelt und in anderen Feldern abgelegt werden. Einmal abgelegt schießen sie auf jedes Monster, das dieses Feld betritt. Sofort musste ich hier an die "Fallen" aus "Orcs Must Die" denken. Der Mechanismus ist sehr ähnlich. Jedoch sind die Einheiten deutlich vielfältiger einsetzbar. Befindet sich ein Held mit ihnen in einem Feld, kann der Held sich (feige) hinter den Einheiten verstecken und deren Lebenspunkte nutzen, falls er Schaden bekommt. Dies funktioniert auch direkt, denn jeder Held darf bis zu vier Einheiten auf Patrouille mit sich führen. Dann begleiten diese Einheiten diesen einzelnen Helden. Hierbei haben sie den gleichen Effekt: Meat Shield! (Können allerdings bei dieser Variante nicht angreifen).
Die Monster sind einfach gestrickt. Sie laufen in Richtung Startfeld. Sie haben einen Angriff und einen Verteidigungswert. Dumme Monsterchen eben. Manche verfügen noch über kleinere Sonderfähigkeiten. Hier macht es allerdings die Masse. Das wird sofort klar, wenn man mal den eigenen Vormarsch unterbricht um Luft zu holen oder um im Startfeld neue Einheiten zu rekrutieren. Hier fiel uns auf, dass wir die Lage auf dem Feld zunächst im Vormarsch ganz gut unter Kontrolle hatten. Sobald wir aber im mittleren Spiel auch nur einmal zurück gewichen waren, um Durchzuschnaufen und unsere angeschlagenen Helden zu heilen, explodierte die Karte förmlich vor Figuren. Viele Pausen darf man sich also nicht erlauben.
Würfelglück
PA ist ein absolutes Würfelspiel. Alles dreht sich im wahrsten Sinne des Wortes um Würfel und darum, wie sie denn fallen. Taktik hin oder her. Aufleveln - schön und gut. Wenn man Mist würfelt, wird man überrannt! Auf einen gewissen Glücksfaktor muss man sich einlassen. Das müsste aber klar sein, da das Spiel ein astreiner Vertreter der Klasse "Ameritrash" ist. Viele Miniaturen, viele Würfel, viel Glück von Nöten.
Natürlich kann man seinem Glück auf die Sprünge helfen, indem man wie bereits erwähnt die Helden auflevelt. Und hier ist eine weitere Mechanik des Spiels viel interessanter, als sie auf den Ersten Blick erschien. Das Kampfwürfelsystem:
W4 -> W6 -> W8 -> W10 -> W12
Es wirkt erst mal sehr unintuitiv. Man beginnt seinen Angriff mit wenigen Würfel und diese sind auch noch niedriger Art. Zum Beispiel mit einem W4. Hiermit kann man gemäß der Natur der Sache lediglich einen Maximalwert von 4 erwürfeln. Klar soweit! Wenn jetzt aber ein Monster mit einer "Rüstung" von 5 daher kommt, braucht es kein abgeschlossenes Mathematikstudium, um zu erkennen, dass der Held hier auf unlösbare Schwierigkeiten stößt. Abhilfe schaffen hier nun Verbesserungen. Die könnten heißen: "Verändere einen Würfel um eine Klasse nach oben". Wie bitte? Was soll ich? ... In diesem Beispiel würde es bedeuten, dass man seinen W4 Kampfwürfel gegen einen W6 Kampfwürfel austauscht. Da man die Rüstung des Gegners ÜBERwürfeln muss, hat man jetzt zumindest die mathematische Chance dem Gegner Schaden zuzufügen, beim Wurf einer 6. Darf man diesen W6 nun wiederum um eine Würfelklasse erhöhen, darf man schon einen W8 werfen im Angriff. Und schon trifft man stochastisch gesehen das Monster mit einer nochmals erhöhten Wahrscheinlichkeit. Die Verbesserungen kann man über einen W10 bis zu einem W12 durchführen.
Etwas viel Rechnerei und fast schon analytisch / klinisch / trocken für ein Spiel mit Dämonen, aber das System hatte ich überraschend schnell verinnerlicht. Ab der Mitte des Spiels war es dann plötzlich doch sehr eingängig. Trotz der unthematischen und mathematisch Tendenz. Jedoch ist es mal was anderes. Für mich als Rollenspieler ist es normal Würfel zu verbessern. Normalerweise lief das z.B. bei DSA, dass ich den Wert eines Würfels verbessere (1W20+X), indem ich etwas hinzuaddiere. Hier habe ich ebenen einen anderen Würfel. Erhöht die Möglichkeiten, nicht automatisch das Ergebnis. Anderer Ansatz! Ameritrash!
Absprache
Die Helden arbeiten vollkooperativ und teilen nicht nur die Last der Invasion, sondern auch eine Teamphase. Hier bedarf es Arbeitsteilung und der Aufteilung der allgemeinen Ressourcen. Denn es gibt einen Pool von "Courage", der von jedem genutzt werden darf. Um hier manche Diskussionen abkürzen zu können, gibt es einen rundeweise wechselnden Teamcaptain, der das letzte Wort hat. Auch die "Gifts" sind teilweise nur einmal vorhanden auf dem ausliegenden Tableau. Hier muss man sich ebenfalls absprechen. Und natürlich ist fraglich, was die Helden in der Heldenphase so anstellen und wie man sich "aufstellt". Voran preschen. Zurück ziehen. Aufteilen. Es sind nicht viele Entscheidungen, die man trifft, diese wollen jedoch wohl überlegt sein. Auch die Aktionen sind überschaubar:
- Sonderfähigkeit
- Angriff
- Laufen
- Einheiten absetzen (Ambush)
Jede Aktion maximal einmal. Das ist nicht viel Angebot. Störte mich im ersten Spiel allerdings nicht. Schuld daran ist die Teamphase. Hier hat man zusätzlich noch weitere Möglichkeiten, wie z.B. heilen, aufleveln, rekrutieren, etc. Die Trennung dieser beiden Phasen (Teamphase - Heldenphase) ist mir allerdings noch nicht so ganz verständlich. Manchmal hatte ich auch Probleme damit zu erkennen, wo wir gerade sind. Bzw. war es gedanklich nicht immer verständlich, dass man nicht Laufen und sich dann noch heilen kann. Beide Aktionen sind in unterschiedlichen Phasen möglich. Diese Auftrennung wirkte etwas künstlich für mich. Wobei ich den tieferen Sinn aus Sicht eines Spieledesigners grob nachvollziehen kann: "Fälle taktische Entscheidungen". Als Spieler heiße ich das aber nicht immer gut.
Abhilfe schafft vermutlich eine größere Vertrautheit mit dem Ablauf.
Spielspaß?
Ja! Den hatte ich.
@Marc Aurel ebenfalls. Die Zeit verging wie im Fluge. Wir hatten viele Entscheidungen zu treffen und ich wurde gut unterhalten. Die größeren Dämonen zu killen war eine Bestätigung der aufgelevelten Fähigkeiten und sich eine Presche durch die kleinen Limbomonster zu schnetzeln war splatterig - So wie ich es von dem Spiel erwartet habe. Bis zu einer größeren Welle an Monstern hatte ich nur vereinzelt das Gefühl, dass Druck aufkommt. Da darf es ruhig noch mehr Ansturm geben. Demhingegen schien zu Beginn der Endboss unbesiegbar zu sein. Nach dem Aufleveln schien es wiederum im Bereich des Möglichen zu liegen. Letztlich haben wir es auch glorios geschafft. Auf der letzten Rille.
(auch wenn
@Luzifer der Meinung ist, dass es zu einfach war...wir wären genau ein Runde später gestorben!).
Ich muss dich korrigieren: Maxwell wäre gestorben
Hannah hatte ja eine Sonderfähigkeit, dass sie nach ihrem Tod mit 1 Lebenspunkt wieder aufersteht!
Und vielleicht hat sich Sandy Petersen ja hier auch etwas bei Adam Poots und Kingdom Death abgeschau: Binde dich nicht an deinen Helden, nimm einfach den nächsten, bis die Invasion überstanden ist. In diesem Fall hättest du nämlich einen frischen Helden ins Feld führen dürfen - wenn auch ohne jegliche Sonderfähigkeit. Ob dann noch eine Chance auf einen Sieg möglich gewesen wäre, ist dann wiederum fraglich.
Fazit
Ein abschließendes Urteil kann und will ich jetzt aber noch nicht treffen. Will ich es wieder Spielen? Ja!
Zum Glück steht eine weitere Karte und nochmal andere Endgegner zur Verfügung. Das wird Justitias Waage zum Urteil über dieses Spiel nachhaltig beeinflussen.
PS: A propos Würfelglück. Hannah durfte hier schon im Angriff mit 1W6 und 1W10 angreifen. Dank einer Sonderfähigkeit durfte sie beide Ergebnisse sogar kombinieren. Es ging gegen einen Fiend mit Rüstung 6. Und was hab ich gewürfelt (wiederholt!!!):