AW: Philosophisches: Lebensziele
Wenn ihr Lust zu philosophieren habt und eure geschichte erzählen wollt freu ich mich über eure Antworten
Tja... Lebensziele... Das ist so eine Sache... Als kleiner Junge war es für mich eine
Gewissheit, dass ich mal als Archäologe oder Paläontologe die Geschichte der Menschheit bzw. des Lebens auf diesem Planeten erforsche.
Daraus wurde nichts.
Während des Abis verschoben sich meine Interessen und Motivationen und ich entschied mich für ein Bio-Studium.
Meine Mutter erkrankte noch vor Beginn des Studiums an Krebs und für mich wurde es zu einer
Gewissheit, dass das Leben nicht immer fair spielt und so manches Mal echt fies sein kann.
Sie starb früh an Jahren und ich stand vor dem Vordiplom. Ich hatte die Gewissheit, dass nichts für die Ewigkeit ist. Welches Lebensziel soll man sich Anfang Zwanzig stecken, wenn die eigene Mutter bereits Anfang 40 unvermittelt stirbt. Okay, anderthalb Jahre Krebs vorher. Aber trotzdem eigentlich viel zu früh...
In der Endphase des Vordiploms, nach einer kolossal gescheiterten Vordiplomsprüfung und der Maßgabe, die Prüfung im zweiten Anlauf zu schaffen oder es das wärs mit dem Bio-Studium in ganz Deutschland gewesen, war ich in einer Identitätskrise...
In mir war die Gewissheit herangereift, dass ich die Uni mit einem Abschluss in Biologie beenden werde und anschließend promoviere. Was würde ich machen, wenn ich im Vordiplom scheitere? BWL studieren? E-Technik? Maschinenbau? Kontakte in die Richtung hatte ich zur Genüge...
Mein Diplom habe ich mittlerweile. Die Promotion habe ich an den Nagel gehängt. Zwei Anläufe bei zwei Professoren mit zwei Themen haben mir gereicht.
Sie und die gescheiterte Beziehung zu meiner damaligen langjährigen Partnerin (mit gemeinsamen Nachwuchs) haben gereicht, mir zwei Burn-outs zu verpassen und mich in eine Depression stürzen zu lassen, aus der ich letztlich nur mit Hilfe eines Psychotherapeuten wieder herauskam.
Meine jetzige Frau hat zu meinem seelischen Gleichgewicht viel beigetragen. Ich habe wieder einen Job, zwar fern dessen, was ich einstmals studiert und gelernt habe. Vom finanziellen Output her fern dessen, was ich mit meinem Abschluss auch ohne Promotion theoretisch in einer adäquaten Anstellung bekommen könnte. Aber alle Theorie ist grau, wenn der passende Job dazu fehlt.
Also arbeite ich lieber auf Teilzeit-Basis in der Gastro, bin zwar beruflich fern dem, was ich mir einstmals erträumt habe, dafür aber mit meiner Frau glücklich und seelisch ausgeglichen.
Was meine Lebensziele angeht? Aktuell kann ich es mir ehrlich gesagt eher vorstellen, mit 40 ein Restaurant zu leiten als mit 50 eine naturwissenschaftliche Forschungsgruppe in der Industrie. Oder gar an einer Uni als Professor tätig zu sein.
Werde ich damit glücklich sein? Ich weiß es nicht. Bis zu meinem 23. oder 24. Lebensjahr verlief mein Leben sehr planmäßig und geradlinig. Zumindest ohne irgendwelche wesentlichen Niederlagen, die mich zu einem gravierenden Umdenken hätten veranlassen müssen.
Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, dass das Leben kein Ponyhof ist. Natürlich habe ich Pläne und Träume.
Aber aus einem Traum werde ich hoffentlich nie aufwachen: Der Liebe zu meiner Frau. Denn trotz aller Schwierigkeiten sind wir so glücklich miteinander, dass man fast Angst und Bange werden könnte, dass alles tatsächlich nur ein Traum ist....