AW: Effektivität von Armbrüsten
Übrigens ... danke für's aktuelle Reinschreiben, Albero, sonst hätte ich das hier wohl nie entdeckt.
Immer wieder gerne. Muss mir ja hier erst mal nen Überblick über die diskutierten Themen verschaffen.
Nach reiflichen Überlegungen und Idee zur Art der Fertigung einer Armbrust und deren Aufbau, bin ich zu einem Entschluss gekommen ... Wozu noch ein Schwert oder ähnliches, wenn ich eine Armbrust habe?
Eine Armbrust braucht immer sehr lange, um wieder für den nächsten Schuss einsatzbereit zu sein. Nehmen wir als Beispiel die Schwere Windenarmbrust. Die macht 2W6+6 Punkte Aua. Allerdings benötigt sie im Normalfall auch bis zu 45 Sekunden, um wieder nachgeladen zu werden. Mit bis zu 18 Trefferpunkten kann man aber schon einiges an Schaden anrichten. Und wenn auch nur die Hälfte davon effektiv an Schaden angerichtet wird (Helm, Würfelpech) dann bleiben immer noch genug Punkte übrig, um einem einfachen Kämpfer eine automatische Wunde zu verpassen. Bei Mooks bedeutet das für mich: Ex! Und für gewöhnlich gehe ich davon aus, dass der Getroffene recht gute Chancen hat, erst einmal niedergeworfen zu werden durch die Wucht des Treffers und einige Sekunden braucht, um sich aufzurappeln und zu orientieren.
Daneben gibt es bei DSA auch noch Fernwaffen, die mit dem Talent "Armbrust" geführt werden, aber aufgrund ihrer Mechanik, Einsatz von Kugeln statt Bolzen und der Feuerrate fast schon sowas wie die aventurischen Sturmgewehre sind: die Balestras. Mit ihnen kann ein geübter Schütze fast jede Kampfrunde eine Bleikugel mit 2W+2 Trefferpunkten verschießen. Auch hier gilt: Eine automatische Wunde und ein Niederwerfen sind fast schon die Regel.
Was die Balestra angeht, muss man als Nicht-DSA-Spieler wissen, dass in Aventurien zwar Schwarzpulver bekannt ist und von den Zwergen auch im Bergbau eingesetzt wird. Aber aus irdisch-redaktionell Sicht ist es nie gewollt gewesen, dass in Aventurien Fernwaffen mit Schwarzpulver und Kugeln zu richtigen Fernwaffen werden. In DSA-Zirkeln als "Plopp statt Peng" bekannt.
Eine andere Schwierigkeit ergibt sich in Aventurien aus Sicht des Rollenspiels. Je nach Region und anzutreffender Charaktere kann man mit einer Fernkampfwaffe, und hier ganz besonders die unter dem Oberbegriff Armbrust geführten Waffen, gerade bei rondragefälligen Charakteren, oder gar Geweihten der Göttin Rondra, ziemlich schlechte Karten ziehen. Denn rondragläubige Charaktere halten viel vom ehrenhaften Zweikampf mit Nahkampfwaffen oder auch ohne Waffen oder mit der Lanze, aber herzlich wenig vom Einsatz von Fernkampfwaffen. Nur den Bogen akzeptieren sie, weil der Schütze hier noch Kraft und Geschicklichkeit benötigt, und auch nur dann, wenn er den Bogen zur Jagd einsetzt. Nein, mit Wild ist jetzt nicht der flüchtende Räuber gemeint, sonder Rehe, Wildschweine und sowas.
Das Ding ist massiv, aus Holz und/oder Metall und/oder Spezialkunststoff und schwer. Wenn ich an ein Gewehr vorne ein Bajonett aufpflanzen kann, dann kann ich sowas bei einer Armbrust auch ...
Ich möchte Dir hier nur ungerne Deine Illusionen zerstören. Aber die Effektivität von Bajonetten wird gemeinhin überschätzt in der heutigen Zeit.
Wenn Du Deine Armbrust in einem modernen Setting wie Shadowrun einsetzen möchtest: Vergiss es! Die deutsche Armeeführung hat bereits nach dem ersten Weltkrieg die Ineffektivität des Bajonettkampfes erkannt und daher nicht mehr im Bajonettkampf ausgebildet. Dennoch hatten die deutschen Truppen im zweiten Weltkrieg gegen russische und britische Truppen, die noch im Bajonettkampf ausgebildet waren, keine taktischen Nachteile. Feuerkraft macht es möglich.
Wenn die Armbrust hingegen in einem Fantasy-Setting wie DSA, Earthdawn oder was auch immer eingesetzt wird, so kann sich der Charakter wahrscheinlich einiger schräger Blicke seiner Umwelt sicher sein. Und wird wahrscheinlich alleine schon aufgrund des Überraschungseffektes so manchen Kampf für sich entscheiden können. Allerdings darf man auch nicht vergessen: Eine Armbrust ist zwar leidlich robust gebaut und schaut im ersten Moment auch so aus, als wenn mit ihr der eine oder andere Hieb ausgeteilt werden kann. Gegen ungerüstete Angreifer mag das noch gelten. Doch würde ich als Spielleiter gelegentlich einen Wurf auf den Bruchfaktor oder ein ähnliches Äquivalent würfeln lassen, um zu testen, ob die Waffe den Hieb unbeschadet überlebt. Und bei einem Hieb gegen einen gerüsteten Kämpfer erst recht.
Mit einer Balestra aus DSA könnte man einen solchen Wuchtwaffenangriff gar nicht durchführen. Nach offizieller Lesart sind die Dinger ja sowas von mimosenhaft sensibel, dass der Schütze alle paar Schuss prüfen muss, ob sich die Mechanik nicht verzogen hat und es deswegen zu einer Ladehemmung kommt. Selbst wenn der Schütze die Waffe hütet wie seinen eigenen Augapfel. Den Malus nach einem Hieb mit der Balestra möchte ich als Spielleiter dem Spieler gar nicht mitteilen wollen...