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Sci-Fi / Fantasy Sturmklänge

Tufir

Drachling
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Sturmklänge – Brandon Sanderson

Brandon Sanderson ist auf dem besten Weg, sich einen Namen als einer der kreativsten Autoren des Fantasy-Genres zu machen. Er debütierte mit seinem außergewöhnlichen Überraschungserfolg Elantris, begeisterte wenig später mit Alcatraz und etablierte sich gänzlich durch seine „Kinder des Nebels“ Trilogie, der mit Herrscher des Lichts unlängst einen krönenden Abschluss fand. Sturmklänge, sein neuestes Machwerk, entführt als Einzelroman nun einmal mehr in eine Welt voller Farben und wild wuchernden Ideen.

Rot über Rot, so feine Abstufungen, dass der Maler mindestens die Erste Erhebung erreicht haben musste. Grausames Rot, das in Wellen gegeneinanderschlug – Wellen, die nur undeutlich an menschliche Gestalten erinnerten, aber irgendwie den Eindruck kämpfender Armeen viel besser übermittelten, als es jedes realistische Gemälde hätte tun können.
Hallandren und Idris – zwei Städte – stehen vor der Schwelle des Krieges. Siri, die lebhafte Prinzessin von Idris wird ausgesandt, um als Bauernopfer das Schlimmste hinaus zu zögern, doch am Hof des Feindes angekommen und als Braut des Gottkönigs erwählt, begegnet man ihr distanziert. Alles wirkt für die junge Frau fremd und feindselig. Als sie schließlich gezwungen wird die Gemächer ihres Gemahls zu betreten, um ihn zu verführen, bricht für Siri eine Welt zusammen. Eine Welt, die jedoch bald wieder völlig und unvorbereitet an Farbe gewinnt. Denn in Hallandren, der Stadt der zurückgekehrten Götter, ist nichts so wie es scheint.

Vivenna, Siris Schwester, arbeitet derweilen an Siris Befreiung und verirrt sich wenig später in ihrem Hass auf Hallandren und ihren eigenen Vorstellungen von sich und ihrer Nützlichkeit. Sie versucht immer weiter die militärische Stärke der feindlichen Armee zu untergraben, bemerkt jedoch nicht, dass ihre Wege sie direkt auf ein schlüpfriges Parkett führen. Eine Basis, die auseinander fallen kann und Vivenna bald darauf in eine Position bringt, in der sie jedem Menschen, auch ihren angeblichen Freunden, misstrauen muss ...

In Hallandren wird der Alltag von Farben beherrscht. Nuancen, die für manche unsichtbar, für andere jedoch wertvoll und überlebenswichtig sind. Es ist eine Stadt voller Geheimnisse, voller Freizügigkeit und Komfort. Zumindest für die in den Palästen lebenden Götter. Sie fristen ihr Dasein ständig umringt von Dienern und Priestern, die den Glauben ihrer Gefolgschaft leiten. Ein Glaube, der verlangt, dass ein Gott sein Leben, seinen Hauch, opfert, um etwas Gutes bzw. Göttliches zu tun. Bedenkt man diesen Hintergrund und die vorangegangenen Werke des Autors so ist man kaum überrascht, denn bisher waren beinahe alle seine Werke mit religiösen Inhalten geschmückt. Nachdem geneigte Leser in der Mistborn-Trilogie über die Entstehungen einer Glaubensgesellschaft und deren mögliche Vielfältigkeit lesen durften, erlebt man in Sturmklänge nun wie es sein kann, wenn Götter nicht unsichtbar, sondern real und damit greifbar für ihre Gläubigen sind. Brandon Sanderson schildert hierbei gut und gewählt die verschiedenen Auswüchse dieser Kultur, deren innere Logik man nicht sofort durchblicken kann. Stattdessen bildet sich ein Geflecht aus Fragen, das den Leser im positiven Sinn zu verwirren versteht. Wie kann ein solcher Gottstaat fernab der Realität seiner Gläubigen überleben? Warum benötigen die Götter Hauche (menschliche Seelen?), um am Leben zu bleiben und wie passt die Aufgabe ihres eigenen Lebens, das genau so enden soll wie das Sterblicher, in das allumfassende Bild?

Wie bereits in seiner Mistborn Trilogie („Kinder des Nebels“, „Krieger des Feuers“ und „Herrscher des Lichts“) hat sich Brandon Sanderson auch für „Sturmklänge“ ein originelles Magie-System überlegt. Dieses Mal ziehen die magisch begabten Menschen ihre Kraft nicht aus Metallen, sondern aus Hauchen, die sie freiwillig von anderen Menschen übertragen bekommen müssen. Mit steigender Macht schillern die Magier in unterschiedlichen Farbschattierungen, während Männer und Frauen ohne Hauch grau und blass erscheinen. Doch die Magier können nicht einfach Blitze schleudern oder Kreaturen beschwören, sondern ihre Macht beruht darauf, Dinge zum Leben zu erwecken bis hin zu verstorbenen Wesen. Sanderson erklärt dieses System, indem er die Handlung aus der Perspektive verschiedener Charaktere schildert, die über unterschiedlich viel Hauch verfügen.
Doch nicht nur das Magiesystem ist bei „Sturmklänge“ gelungen.

Sanderson lässt die Leser in eine Palastwelt der Intrigen eintauchen, bei der lange unklar bleibt, wer die Fäden in der Hand hält. So bleibt die Spannung lange Zeit hoch, ehe sich die Ereignisse am Ende überschlagen. Unter der hohen Ereignisdichte leidet ein wenig die Entwicklung der Figuren. Die größte Wandlung machen die Prinzessinnen Siri und Vivenna durch sowie der zurückgekehrte Lichtsang. Dieser sorgt zudem an so mancher Stelle für Erheiterung, mit seiner Selbstironie könnte es sich bei ihm um eine Art Alter Ego Sandersons zu handeln.

Stilisch hat sich im Vergleich zu früheren Werken nichts verändert. Immer noch ist alles ebenso leicht, erfrischend, manchmal auch schlicht zu lesen, wie der Inhalt lebendig gestaltet ist. Die Charaktere bestechen, allem voran Siri. Ihre wachsende Liebe zum Gottkönig gibt dem Ganzen etwas Unschuldiges und bietet einen wunderbaren Ersatz zu den Intrigen, die das Umfeld der Götter bestimmen. Ein Umfeld das zu jederzeit gut beleuchtet wird und Platz für eigene Vorstellungen lässt. Brandon Sandeson hat sich wieder einmal viel Mühe gegeben und zeigt auch mit diesem Werk einmal mehr, wie viel Raum die Fantasy für eigene, zum Teil auch neue Ideen zu bieten hat. Schlussendlich gilt es für Siri, ihre Schwester, den einzigartigen Lichtsang, Varscher und so man anderen Gefährten einen Krieg zu verhindern, den in Wahrheit nur wenige wollen. Dennoch eine große Aufgabe, wieder ein bisschen episch und zum Ende hin so ausgelegt, dass sich auch noch eine Fortsetzung erhoffen lässt. Potenzial wäre reichlich vorhanden.

"Sturmklänge" ist - wie kaum anders von Sanderson zu erwarten – ein wunderbarer Roman. Er ist phantastisch, beheimatet tolle, innovative Ideen und kann mit bemerkenswerten Nebencharakteren ebenso punkten wie mit den schlussendlichen Wendungen. Leser die sich über ein losgelöstes Fantasy Abenteuer freuen, voller einzigartiger Magie sind hier mehr als richtig und werden das Lesen in keinem Fall bereuen.


Viel Spaß und Spannung mit einem wahrlich neuen Meister der Fantasy wünscht euch
Euer Tufir


Brandon Sanderson wurde am 19. Dezember 1975 in Lincoln, Nebraska geboren und ist ein US-amerikanischer Autor von Fantasy-Romanen. Sanderson wurde zweimal für den John W. Campbell Best New Writer Award nominiert. Bekannt wurde er vor Allem durch seine Mistborn-Reihe (deutsch: Nebelgeboren). Seit 2009 schreibt er nach dem Tod Robert Jordans den Abschluss von dessen Rad der Zeit-Zyklus.

Er ist in Lincoln, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Nebraska, auch aufgewachsen. 2005 schloss er ein Studium in Kreativem Schreiben an der kirchlichen Brigham Young University in Provo, Utah mit einem Master ab. Schon an der Universität beteiligte er sich an dem semiprofessionellen „Leading Edge“-Projekt, einem Science-Fiction-Magazin und schrieb an seinem Debutroman Elantris. Seit Juli 2006 ist Sanderson verheiratet. Der Autor ist Mitglied in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und lebt derzeit in American Fork (Utah)..

Mehr über Autor und Werk unter: Brandon Sanderson: The official site


Unser Dank geht an den Heyne-Verlag, der uns diese Rezension ermöglichte!
 
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