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Brettspiel Sator Arepo Tenet Opera Rotas

sonic_hedgehog

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Vor mir liegt eine Spieleschachtel in der Optik eines alten Folianten – Sator arepo tenet opera rotas“, erschienen im Heidelberger Spieleverlag und verfasst von den italienischen Spieledesignern Federica Rinaldi und Enrico Pesce, für beide das erste in Deutschland erschienene Spiel.

Geheimnisse im Kloster:

Ein Kloster, irgendwo am Rande unserer Welt. Ein Kloster, das ein gefährliches Geheimnis hütet – ein Geheimnis, das in den Tiefen der Klosterbibliothek versteckt ist.
Nein – wir sprechen nicht von „Der Name der Rose“, wir sprechen von „Sator Arepo Tenet Opera Rotas“ und das Geheimnis ist keines der Bücher, sondern das, was durch die Bücher im Zaum gehalten wird.
Unter der Bibliothek liegt der Höllenschlund, dessen verdammte Seelen allein durch die Macht der teils ketzerischen Bücher gefangengehalten werden. Der Hüter der Bibliothek ist es, der allein das Geheimnis kennt, diese Bücher in der richtigen Position zu halten – er allein kennt das Geheimnis des:


Doch der Hüter ist alt und seine Macht beginnt zu schwinden. Schon haben die ersten Bücher ihre angestammten Plätze verlassen, schon riechen die Seelen den Duft der Freiheit. Der Hüter sieht das Kommende und schickt seine (2-4) besten Akolythen in die Tiefe der Bibliothek- je vier der Bücher aufzuspüren und einzusammeln – der der diese Aufgabe als erster löst, soll der neue Hüter werden…

Bewege ich mich oder ist das der Boden?

Sator ist ein Spiel das vielerlei Anleihen verarbeitet – spontan fallen dem Spieler „Das verrückte Labyrinth“, „Tetris“, aber auch Harry Potter ein (die Szene mit den sich bewegenden Treppen). Doch von Anfang an:

Jeder der Spieler startet mit einem Akolythen, den er auf den sich bewegenden, über dem Höllenschlund schwebenden Laufbrücken zu insgesamt vier Büchern seiner Farbe führen muss. Die Schwierigkeit liegt dabei in dem Wort „bewegenden“.
Sind die Bücher an den über Startkarten ermittelten Punkten des Spielplans ausgelegt und die Laufbrücken abwechselnd so über das Spielbrett verteilt, dass alle Bücher auf ihnen Platz gefunden haben, beginnt das eigentliche Spiel. Dabei besitzt jeder Spieler einen Satz an „Liber fidei“ (Das Buch des Glaubens) Karten und bedient sich zum anderen von einem gemeinsamen „Incerto Movet in Aere Sospeso“ (Es bewege sich das Unsichere in schwebender Luft? – Latein ist ja so lange her)-Kartenstapel.
Diese Karten erst sind es, die es dem Spieler ermöglichen, sich auf dem Spielplan zu bewegen – oder besser, erstmal den Spielplan zu bewegen. 6 Aktionspunkte hat jeder Spieler dafür – mit diesen kann er Karten tauschen (abwerfen und neue ziehen), über ausgespielte „Incertus Movet“-Karten Laufbrücken verschieben („movet“) oder drehen („rotas“), ein Gebet aus dem „Liber fidei“ sprechen und von der Macht Gottes getragen Wunder zu seinem Vorteil (oder dem Nachteil der Mitspieler) vollbringen. Im Anschluss bewegt er seinen Akolythen über die (neu gebildeten) Wege – die Bewegungsweite hängt dabei von der Anzahl gespielter „Incertus Movet“-Karten ab. Nach Abwerfen und Neu-Ziehen von Karten geht dann das Zugrecht an den nächsten Mitspieler über. Gewonnen hat der Spieler, dessen Figur als erste in der Lage war, die vier Bücher einzusammeln.

Dunkler, aber schöner Spielplan – schlecht aufgeteilte Verpackung

Das Spiel selbst gefällt – hat man sich von der passender weise als Buch gestalteten Verpackung losgerissen und öffnet diese, stößt man zuerst auf die aus kräftigem Karton gefertigten, in vier verschiedenen Mustern gestalteten Laufwege (diese Farben erhalten auf den „Incertus movet“-Karten, nicht aber bei den Spielern ihre Bedeutung), die großformatige, aber erfreulich dünne Spielanleitung, den Bibliotheksplan und schließlich auf verschiedene Karten und Spielfiguren. Hat man all diese aus ihrer Originalverpackung befreit und bewundert, wird man jedoch erschreckt den ersten Kritikpunkt feststellen – die absolut untaugliche Aufteilung des Kartons. Bei einem Preis von €34,90 hätte ich erwartet, im Innenraum einen passenden Platz für alle Bestandteile zu finden – so aber finden nur die Spielfiguren in einem Tütchen Platz, die Karten kann man nur durch Gummibänder fixieren und die Laufbrücken verteilen sich unweigerlich quer durch die Verpackung. Dadurch dass der Spielplan gefaltet ein kleineres Format hat als die Schachtel, aber ebenfalls nicht fixiert werden kann, fliegt auch der wild durch die Gegend.
Der Plan besteht aus den Umrissen der Bibliothek, an deren Rand sich vier Arbeitplätze befinden und deren Mitte aus einem tiefen Schlund, dem Höllenschlund zu bestehen scheint - unterteilt in Quadrate, auf denen die Laufbrücken & Bücher ausgeteilt werden. So schön die Spielfiguren (Kunststoff) und so gut die Laufbrücken gestaltet sind, so mäßig jedoch sind die Karten – allesamt etwas zu dünn und im Falle der Startkarten auch zu dunkel. Diese Dunkelheit ist auch ein Problem auf dem sonst sehr stimmungsvollen und funktionalen Spielplan, gerade in der Dämmerung sind die Startfelder nur schwer auf den ersten Blick zu unterscheiden.
Die Spielanleitung schafft es auf nur 3,5 Seiten, das gesamte Spielprinzip verständlich zu machen – an den meisten wichtigen Stellen mit Bildern versehen. Die letzte Seite der Anleitung kann man dabei gleich aufgeschlagen in der Nähe lassen, da zumindest zu Beginn die Erklärungen zu den „Liber Fidei“-Karten unverzichtbar sind. Zwar schmücken diese Piktogramme, die sind jedoch ohne Erklärung schwer verständlich. Die Regel zur Bestimmung des Startspielers soll hier noch spezielle Erwähnung finden, da sie wohl in die Annalen der schlimmsten Auswüchse dieser Gattung eingeht. Hier beginnt der Spieler, der „zuletzt einen Psalm aufgesagt hat“. Ohne Worte…
Aber das sind eher Kleinigkeiten. Ärgerlicher sind da schon die Kartonplättchen, die die Zugregeln zusammenfassen sollen. Auch hier wieder: So einleuchtend die Idee scheint, diese in Piktogrammen zu verfassen (und damit ohne Übersetzung in allen Ländern verwendbar), so fehleranfällig ist sie auch. Wenn ein Spieler weiß, welche Zugmöglichkeiten er hat, dann wird er auch in der Lage sein, diese zu entziffern – nur braucht er sie dann noch? Als Gedächtnisstütze vielleicht – nur dann schade, dass sich bei der Kartentauschregel deutsche (und englische, also beide) Spielregeln und das Piktogramm widersprechen. Zwar klärt ein Erratum die Sachlage (-->hds-fantasy.de : pdf), schade ist es trotzdem. Insgesamt kamen wir zu der Überzeugung, die Übersichtskarten beiseite zu legen und dafür dem Spiel ein unserer Meinung nach fehlendes Zubehör zuzufügen – Marker für die Aktionspunkte. Sicher, es sind nur 6 Punkte, und trotzdem kommt es bei der Bewegungsplanung durchaus vor, dass man einen aus den Augen verliert. Ein Problem, das Marker leicht beheben können – in unserem Fall die Punktetürmchen aus einen „Quizspiel“. Vielleicht eine Anregung für spätere Auflagen?

Spieleranzahl – fast beliebig

Sator ist laut der Verpackung ein Spiel für 2-4 Spieler ab 8 Jahren – eine Angabe, die häufig zu Stirnrunzeln führt. Denn in vielen Fällen sind Spiele, die für vier Spieler entworfen wurden, zu zweit nur ein müder Abklatsch. Nicht so im Fall von Sator. Durch die Kombination der Startkarten (je 13 für jedes Viertel des Plans – also gesamt 13^4 verschiedene Startkombinationen) ist bei jeder Anzahl von Spielern dafür gesorgt, dass die Spieler sich früher oder später in die Quere kommen müssen. Natürlich geschieht das bei vier Spielern häufiger als bei zweien – dafür sind die Wege bei zwei Spielern auch leichter zu planen und daher der Gegner auch viel gezielter zu stören. Somit verändert die Spieleranzahl sehr wohl den Charakter des Spiels, mindert aber nicht die Freude am Spiel. Und auch für jüngere Mitspieler ist das Spiel schnell zu verstehen – auch wenn mit Kindern natürlich der Charakter des Spiels auch ein etwas anderer ist.

Ein spannendes Rennen durch ein sich ständig veränderndes Labyrinth

Freude am Spiel ist es auch, was man bei Sator noch mal groß schreiben sollte. Egal ob man zu den planenden Spielertypen gehört oder eine eher erratische Spielweise pflegt – in Sator kommen alle zu ihrem Recht. Jede Planung stößt dadurch an ihre Grenzen, dass auch die Mitspieler denselben Spielplan verändern wie man selbst, das Zufallselement ist erfreulich klein, aber vorhanden, da jedem Spieler dieselben „Liber fidei“ Karten zur Verfügung stehen und alle vom selben „Incertus movet“ Stapel bedient werden – es aber trotzdem unvorhersehbar bleibt, wer welche Karte wann zieht. Auch verschiedene Strategien sind anwendbar – sei es, dass man versucht, seine Figur möglichst schnell zu bewegen, oder versucht, statt seiner Figur möglichst gezielt die Bücher zu bewegen oder den Weg seines/r Gegner zu stören – alles ist möglich und nur in der Kombination entfaltet es seine volle Wirkung. Und da vereint das Spiel wirklich die besten Teile der genannten Bezugpunkte, die Freude im verrückten Labyrinth, wenn sich doch ein Weg findet, der leichte Anflug von Verzweiflung aus Tetris, wenn das Teil (die Laufbrücke) doch nicht an die geplante Stelle passt – ergänzt durch eine phantasievolle Gestaltung, die konsequent umgesetzt wurde.

Ein Spiel sowohl für die Familie als auch für Freunde, sowohl für Gruppen als auch für Paare, ein Spiel das uns begeistert hat und einen Platz oben und vorne in unserem Spieleschrank gefunden hat – dort wo man schnell wieder ran kommt. Und ein Spiel, das eine dreiviertel bis ganze Stunde lange beschäftigt. Wir wünschen ihm viele Käufer und begeisterte Spieler.

Mein Dank geht zum Abschluss an den Heidelberger Spieleverlag, der diese Rezension ermöglichte.
 

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