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Sci-Fi / Fantasy Nachtrichter

sonic_hedgehog

Geweiht
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Noch vor ihrer Beteiligung an der DSA Novellenreihe "Hundstage" erschien mit "Nachtrichter" Dorothea Bergermanns erster DSA-Roman, den zu rezensieren ich in der Folge das Vergnügen habe:

Adara, Phexgeweihte aus Gareth und ihr Begleiter Faisal, Magus der Akademie der Geistigen Kraft zu Fasar befinden sich eigentlich nur auf der Durchreise durch Kyndoch, als sie auf dem Marktplatz Zeugen eines Machtkampfes zweier Banden und des Angriffs auf eine fahrende Händlerin werden. Ohne zu ahnen, wen sie vor sich hat, wendet sich die Fahrende mit der Bitte um Schutz an die beiden und nach einer kurzen Verhandlung erklären sie sich dazu bereit, die Frau vor weiteren Übergriffen zu schützen. Doch wie sie schmerzlich erfahren ist der Angriff der Diebesbanden nur das kleinste Problem, denn kurz nach Ende des Kampfes kollabiert die Händlerin unter (für Adara recht eindeutig) dämonischem Einfluss. Nur ein Wunder bewahrt das Leben der Angegriffenen und so flüchten sich alle gemeinsam in den Kyndocher Phextempel.
Doch dieser ist anders als erwartet, Vogtvikar Silberfuchs ist eindeutig mit der Führung des Tempels überfordert und auch die Ausbildung des einzigen Novizen lässt zu wünschen übrig. Angesichts Adaras Ahnung, dass ausgerechnet ein Paktierer Tasfarelels in Kyndoch sein Unwesen treibt, beschließt sie den Fingerzeig ihres Gottes aufzunehmen und sich der Bekämpfung des dämonischen Übels anzunehmen - ein Aufgabe mit der beide mehr Erfahrung haben als ihnen lieb ist. Und eine Aufgabe, die trotzdem immer wieder neue Überraschungen und Gefahren bereit hält.

Bergermann ist mit Nachtrichter ein interessanter DSA-Roman gelungen. In lockerem Erzählton führt sie ihre Protagonisten durch eine Geschichte, die wenn auch nicht übermäßig überraschend dennoch fesselnd ist. Es gelingt ihr nicht nur, ihre Protagonisten plastisch darzustellen, auch der Phexglaube in seinen verschiedenen Ausprägungen und die Verstrickungen, die selbst die Lokalpolitik einer Stadt wie Kyndoch bereit hält werden von ihr eindrucksvoll dargestellt. Wohlüberlegt präsentiert sie den Kampf des Gottes der Diebe gegen das wirklich böse und lässt auch mit einfließen, welche Probleme die Methoden eines Phexgeweihten für die Gerichtsbarkeit mit sich bringen. Dazu das lockere Geplänkel Adaras und Faisals, die erst dann wirklich ernsthaft miteinander umgehen können, wenn echte Gefahr droht und das für den Leser äußerst amüsant zu lesen ist.

Gefahr jedoch droht oft. Von der ersten Seite an ist Nachtrichter ein sehr actionbetonter Roman - mit zwei Protagonisten die, ähnlich wie auch viele DSA-Spielercharaktere entsprechender Erfahrung oft, in vielen Situationen einen überlegenen Eindruck machen und auch exakt die Kenntnisse besitzen, die zur Lösung des Geheimnisses des Paktierers notwendig sind. Auch wenn diese Beschreibung fast an eine Mary Sue erinnert, täte man der Autorin mit dieser Charakterisierung unrecht, da der glückliche Ausgang bei vielen Situationen bei weitem nicht so klar ist. Dies trifft sowohl auf die anfänglichen, eher harmlosen Kämpfe und phexischen Aktivitäten zu, als auch auf das Finale. Gerade bei diesem gelingt es der Autorin sehr gut, das Chaos eines Kampfes gegen einen wahrhaft dämonischen Gegner in den Text zu transportieren, was die Lesbarkeit etwas erschwert, stilistisch aber sehr schön ist. Der Leser kann mitfiebern, insbesondere da Adara und Faisal nicht dem Fehler erliegen, den (um wieder kurz auf die Ebene des Rollenspiels zu wechseln) viele Spielercharaktere machen und sich selbst als Gesetz betrachten. Auch wenn Adara und Faisal recht schnell klar ist, wer ihr Gegenspieler ist, gilt es doch, dafür verwertbare Beweise zu finden.

Viel Licht also in der Betrachtung des Romans, wo also ist der Schatten?

Neben der leichten Überhöhung der Charaktere liegt der wie so oft bei Romanen zu Rollenspielsystemen an zwei Stellen:
Zum einen bei der für viele Fans des Rollenspiels wichtigen Treue zur Spielwelt. Hier treffen oft die Freiheit des Autors und die Regeln des Rollenspiels unvereinbar aufeinander und führen immer wieder zu Verärgerung. So auch hier, wenn auch nur in recht geringem Maß: Das Eingreifen der Götter, namentlich Phexens ist für DSA-Verhältnisse etwas häufig und etwas direkt. Wobei für die Autorin spricht, dass verzweifelte Zeiten verzweifelte Maßnahmen erfordern und dass sie sich sonst sehr nah an die Vorgaben der Spielwelt hält (gerade verglichen mit früheren Romanen anderer Autoren).
Zum zweiten bei der Sprache. So angenehm der leicht dahinfließende Plauderton zu lesen ist, so sehr verfällt er auch von der Schriftsprache in die Umgangssprache. Bei Sätzen wie "Es war eine reife Leistung von dem Jungen [...]" bleibt dem Leser nur zu vermerken, dass der Dativ nun mal dem Genitiv sein ärgster Feind ist...

Aber man sollte das nicht zu hoch hängen - Bergermann ist mit "Nachtrichter" ein spannender Roman gelungen, der entspannend und schnell zu lesen ist und den Bücherschrank jedes DSA-Fans bereichern wird. Ein Roman der auch dazu angetan ist, dem Phexglauben eine Tiefe abseits des Taschendiebs zu geben und daher für Anhänger phexischer Charaktere fast eine Pflichtlektüre sein dürfte.

Mein Dank gilt Fanpro für das Ermöglichen dieser Rezension. Ansonsten bleibt mir nur der Verweis auf eine Leseprobe des Romans, die auf der Seite der Autorin verfügbar ist - genauer gesagt hier
 
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