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Brettspiel Il Vecchio

Voltan

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Il Vecchio


Worum geht´s

Italien ist wieder „in“. Zumindest bei den Autoren anspruchsvoller Euro-Brettspiele. Hat uns erst kürzlich Stefan Feld mit Rialto beglückt – ein Mehrheitenspiel welches im alten Venedig spielt - kommt nun Rüdiger Dorn mit Il Vecchio. Zwar scheint die Epoche dieselbe zu sein…Il Vecchio spielt jedoch in der Toskana.
Im 15. Jahrhundert wird die Macht der Medici immer größer. Sie scheinen schon bald alle Strippen in der Stadt Florenz zu ziehen und ihr Einfluss dehnt sich langsam auf die gesamte Toskana aus.
Doch einige florentinische Familien lassen sich auf einen Machtkampf gegen die scheinbar übermächtigen Medici ein. Sie sammeln Gefolgsmänner in ganz Toskana, um den Einfluss der Medici zu unterwandern und am Ende in Florenz zur mächtigsten Familie aufzusteigen.
Die Spieler übernehmen hierbei die Rolle von Oberhäuptern einander verfeindeter Familien und versuchen durch geschickten Einsatz ihrer Familienmitglieder in den verschiedenen Regionen der Toskana, Gefolgsleute zu finden und Einfluss zu gewinnen.
Am Ende gewinnt der Spieler, der die meisten Machtpunkte für sich beanspruchen kann

Inhalt

Die Schachtel ist gut mit Material gefüllt. Zuerst fällt der doppelseitige Spielplan auf. Man mag auf dem ersten Blick auf eine weitere Spielvariante schließen, die man mit der anderen Seite des Plans spielen kann. Doch weit gefehlt. Beide Seiten des Spielbretts spielen sich gleich…es gibt keine Sonderregeln. Es ist einfach so, dass die eine Seite weniger hübsch ausschaut, dafür aber wesentlich übersichtlicher ist. Hier wurden nämlich alle Regionen farblich klar definiert und sind somit besser unterscheidbar. Spielerisch machen die Pläne jedoch keinen Unterschied, so dass es letztlich reine Geschmacksfrage ist, welche Seite man benutzen möchte.
Weiterhin gibt es je 12 Familienmitglieder aus Holz in den jeweiligen Spielerfarben, fünf Mittelsmänner – ebenso aus Holz -, mehrere Marker (Gefolgsmänner, Schriftrollen, Kutschen, Bischöfe, Mediciwappen uvm.), Münzen aus Karton und zwei sechsseitige Würfel. Die Provinz-und Florenzplättchen, sowie die sehr übersichtlichen und hilfreichen Aktionsübersichten, die für jeden Spieler bereitstehen, komplettieren die Ausstattung.
Das Regelheft (je eins in deutsch und englisch) ist ausreichend bebildert und verständlich geschrieben. Sehr wichtig ist hierbei der Anhang. Hier werden nämlich alle Plättchen beschrieben. Zwar kann man nach einigen Spielen die Icons auf den Plättchen irgendwann fehlerfrei deuten. Doch zu Beginn muss man durchaus öfter den Anhang zu Rate ziehen, da man noch unsicher ist, welche Bedeutung hinter den teilweise etwas „kryptischen“ Grafiken steckt. Hier wäre es auch schön gewesen, wenn die Erklärung ebenso auf der Aktionsübersicht ihren Platz gefunden hätte. So müssen sich die Spieler gelegentlich um das Regelheft regelrecht streiten, wenn mehrere den Anhang studieren möchten. Zum Glück kann da die englische Beschreibung manchmal aushelfen.

Insgesamt ist das Material sehr schön geworden. Die Marker und Plättchen sind schön dick; die Grafiken sind passend und hübsch geworden und das Spielbrett sieht von beiden Seiten betrachtet, sehr hübsch aus.
Besonders toll sind die Holzfiguren geworden. Sie werten das Spiel ungemein auf. Wobei die dicken Mittelsmänner ganz besonders hervorstechen.

Das Spiel

Der Spielaufbau ist recht schnell gemacht. Jeder Spieler erhält 12 Familienmitglieder seiner Farbe, 1 Kutschenmarker, 1 Bischofsmarker, ein Plättchen vom Stadtrat-Stapel (welches er sich aus drei zufällig gezogenen Plättchen aussucht) und eine bestimmte Anzahl an Florin (Geld) die von der Spielerreihenfolge abhängig ist.
Auf dem Spielbrett werden die Plättchen auf den jeweiligen Provinz und Stadtfelder gelegt und die Mittelsmänner auf die Orte der unterschiedlichen Gebiete verteilt. Außerdem kommt der Stapel der Medici-Wappen in die Mitte der Karte. Die Menge der Wappen hängt von der Anzahl der Mitspieler ab. Im Übrigen ist das der einzige Unterschied im Spielaufbau, der Abhängig von der Spieleranzahl ist. Weitere Sonderregeln bei weniger Spielern gibt es hier nicht.
Die Marker der Gefolgsmänner, Schriftrollen, Kutschen und Bischöfe, sowie die Münzen, werden neben dem Spielplan bereit gelegt.
Nachdem der Startspieler (welcher auch das geringste Startkapital besitzt) ausgewählt wurde, kann das Spiel auch schon beginnen.
Zuerst sollten wir uns das Spielziel näher anschauen:
In Il Vecchio gewinnt der Spieler, der die meisten Machtpunkte sammeln konnte. Doch wie erhalten die Spieler diese Punkte?
Es gibt hierzu gleich mehrere Möglichkeiten, die übrigens sehr schön auf der Aktionsübersicht abgebildet sind. So kann jeder Spieler während des Spiels immer den Überblick behalten und seine Strategie entsprechend vorplanen.
Auf dem Spielplan gibt es drei Provinzen die dem Spieler Machtpunkte bringen. Hierzu muss er jedoch je nach Provinz bestimmte Gefolgsmänner abgeben. Dies kann ein Meuchler sein oder ein Ritter und ein Abt. Erst dann kann er sein Familienmitglied auf die Leiste der Provinz stellen, die entsprechenden Florin (je nachdem welches Feld auf der Leiste frei ist) zahlen und am Ende des Spiels die jeweiligen Machtpunkte kassieren. Natürlich kann ein Spieler auch mehrere Familienmitglieder in einer Provinz parken. Doch muss er jedes Mal erneut die entsprechenden Gefolgsmänner abgeben und Florin bezahlen. Am attraktivsten sind hierbei natürlich die ersten Felder der Provinz, da man hier das beste Verhältnis zwischen Machtpunkten und Kosten hat. Je mehr Felder besetzt sind, desto schlechter wird das Verhältnis. Allerdings sollte man bedenken, dass eingesetzte Familienmitglieder aus dem Spiel sind. Man kann diese Figuren also nicht mehr bewegen, so dass man den richtigen Zeitpunkt für die Provinzen gut abwägen sollte.
Siegpunkte gibt es auch, wenn man auf allen 5 Leisten (Provinzleisten und Florenzleisten) Familienmitglieder stehen hat; wenn man auf einer Leiste die meisten Figuren stehen hat, oder für jedes Medici-Wappen im eigenen Besitz. Auch Adels-Plättchen bringen Punkte ein, sowie der Verzicht auf den finalen Doppelzug, der grundsätzlich jedem Spieler zusteht.
Es gibt also einige Möglichkeiten Sieg/Machtpunkte zu erhalten. Und diese sollte man auch stets im Auge behalten.

Ziemlich verwirrend ist zu Beginn die Deklaration der unterschiedlichen Personengruppen. Deshalb in aller Kürze:

Familienmitglieder: Das sind die farbigen Spielfiguren, die vom Spieler auf dem Plan von Ort zu Ort bewegt werden und Aktionen auslösen
Mittelsmänner: Das sind die farbigen dicken Holzsteine, die mit einem Wappen beklebt sind und auf einigen Orten stehen.
Gefolgsmänner: Das sind die Wappenmarker, die man an den unterschiedlichen Orten erwerben kann. Es gibt Meuchler, Ritter und Äbte.
Bischofsmarker: Sie helfen, wie auch die Kutsche, beim Fortbewegen auf dem Spielplan.

Die Familienmitglieder werden in der Originalvariante des Spiels per Zufall auf den Plan gesetzt. Hierzu würfelt man mit zwei Würfel und muss dann seine Figur auf das Gebiet setzen, das mit dem Ergebnis übereinstimmt. Immerhin befinden sich auf jedem Gebiet drei bis vier Orte, so dass man durchaus noch etwas Auswahl hat. Es gibt eine Variante mit weniger Glücksanteil, bei der die Spieler ohne Würfel frei entscheiden dürfen, wohin sie ihre Figuren platzieren.
Jeder Spieler hat in seinem Zug EINE der folgenden Aktionsmöglichkeiten, wobei die Reise zwischen den Orten nicht als eigene Aktion gewertet wird:

- Ortsaktion durchführen (Jeder Ort bringt dem Spieler einen bestimmten Marker, wie z.B. Meuchler, Ritter, Abt, Bischof usw. oder auch Geld ein).
- Provinz übernehmen (Hierzu stellt der Spieler ein Familienmitglieder auf eine der drei Provinzleisten, muss aber natürlich die entsprechenden Marker und Kosten hierfür zahlen können)
- Amt in Florenz übernehmen (der Spieler kann entscheiden, welches der beiden Ämter sein Familienmitglied übernehmen soll und platziert die Figur auf die entsprechende Leiste. Hierzu benötigt er jedoch zwei Schriftrollen und muss ggf. auch zusätzliche Kosten zahlen, wenn das Amt aktuell mit dem Zusatzkosten-Marker belegt ist)
- Verstärkung (der Spieler bringt ein neues Familienmitglied ins Spiel)
- Erholung (alle liegenden Familienmitglieder werden wieder aufgerichtet)

Gerade der letzte Punkt –Erholung- muss näher betrachtet werden. Wenn ein Spieler eine Ortsaktion durchführt – also einen Marker haben möchte – dann muss er in der Regel sein Familienmitglied erschöpfen. Dazu legt er die Figur einfach hin und kann diese solange nicht nutzen, bis sie wieder erholt ist. Nur wenn der Spieler einen Bischofsmarker abgibt, darf die Figur stehen bleiben. Abgesehen davon kann man nur die Orte aktivieren, auf denen ein Mittelsmann steht. Sobald man seine Aktion durchgeführt hat, wandert der Mittelsmann zum nächsten Ort auf der Karte weiter. Durch Abgabe eines Bischofmarkers wird jedoch kein Mittelsmann benötigt und somit auch nicht bewegt. Hiermit kann also eine Aktion auch auf Orten durchgeführt werden, auf denen kein Mittelsmann steht.

Die Bewegung der Familienmitglieder kostet pro Ortschaft 1 Florin. Man kann so weit reisen, wie man Florin zu zahlen bereit ist. Allerdings erleichtert die Kutsche das Reisen enorm. Mit ihr kann man ohne Kosten überall hin reisen.

Stadtratsplättchen aus Florenz, wie auch die Provinzplättchen, geben dem Spieler bestimmte Vorteile. Sie können einmalig sein, oder auch für das restliche Spiel gelten. Die Adelsplättchen wiederum gelten nur am Ende des Spiels und bringen zusätzliche Machtpunkte ein.
Auf den fünf Machtleisten der Provinzen und der Stadt Florenz gibt es bestimmte Felder, die mit einem Medici-Wappen versehen sind. Wird ein Familienmitglied auf eines dieser Feldern gestellt, zieht der entsprechende Spieler das oberste Medici-Wappen und löst damit ein Il Vecchio-Ereignis aus. Die Folgen sind immer „global“, betreffen also alle Spieler und sind meist eher unangenehm. Immerhin ist das Wappen am Ende aber einen weiteren Machtpunkt wert.
Sobald das letzte Medici-Wappen gezogen wurde, wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt. Danach darf jeder Spieler noch einen Doppelzug machen (der Verzicht darauf, bringt zwei weitere Machtpunkte ein) und das Spiel endet.
Die Siegpunkte werden auf der Siegpunktleiste mittels einer eigenen Spielfigur, die nicht mehr benötigt wird, nachgehalten. Hier wäre allerdings ein eigener Siegpunkmarker wesentlich eleganter und komfortabler gewesen.


Fazit

Il Vecchio hat einen ganz besonderen Reiz und ist auch in kompletter Besetzung sehr kurzweilig. Die einzelnen Spielzüge der Spieler dauern nicht lange, so dass keine nennenswerte Downtime existiert. Im Gegenteil: Il Vecchio spielt sich recht zügig, da jedem Spieler immer nur eine Aktion zur Verfügung steht!
Man findet gleich mehrere Elemente im Spiel wieder. Zwar ist Il Vecchio kein Worker-Placement (immerhin setzt man die Figuren per Würfelwurf auf das Brett und löst damit auch nicht sofort eine Aktion aus). Doch gibt es einige Ähnlichkeiten und Berührungspunkte. Insbesondere, wenn man die Variante mit weniger Glücksanteil spielt (hier werden die Figuren ohne Würfelwurf auf den Spielplan gesetzt). Befinden sich die Figuren erst auf dem Spielbrett, werden sie wie in einem klassischen Zugspiel bewegt. Nur dass hierfür auch noch Kosten anfallen, wenn man keine Kutsche zur Hand hat. Sehr schön ist auch das Element des Erschöpfens der Spielfiguren gelungen. Irgendwann führt kein Weg daran vorbei einen Zug auszusetzen, möchte man seine Figuren wieder erholt wissen.
Diese Mischung bekannter Elemente mit einigen neuen Details ist Rüdiger Dorn wunderbar gelungen. Es belebt das Spiel ungemein und lässt es auch ein Stück weit dynamischer werden.
Ich habe das Spiel in jeder Besetzung mehrmals spielen dürfen. Am besten gefallen hat mir die volle Besetzung (vier Spieler). Durch die geringe Wartezeit, hat man mit weniger Spielern einfach keinen nennenswerten Vorteil im Spielgefühl. Aber mit kompletter Besetzung kommt man sich einfach schneller und regelmäßiger „ins Gehege“. Das Spielfeld wird dann einfach enger und der Ärgerfaktor steigt proportional mit den Gegenspielern an.
Die Spiele gehen dabei meist äußerst knapp aus. So wurden mehrere Spiele teilweise mit weniger als 5 Punkten Unterschied entschieden. Das zeigt, dass der Autor die Spielmechanik sehr gut austariert hat.
Es herrscht ständig Mangel an Gefolgsleuten, Hilfsmitteln (wie Kutschen) und Geld, so dass man stets seine Taktik neu überdenken und anpassen muss. Natürlich spielen hierbei auch die Gegner eine entscheidende Rolle, da sie nicht selten die eigenen Pläne durchkreuzen oder einem auf einem wichtigen Feld zuvorkommen.
Im direkten Vergleich mit Rialto hat mir Il Vecchio deutlich besser gefallen. Es bietet mehr taktische Raffinesse, größere Vielfalt in den Entscheidungsmöglichkeiten und vermittelt dem Spieler nicht das Gefühl „gespielt“ zu werden (wie es teilweise bei Rialto der Fall ist).
Die Spielregeln sind nicht zu komplex und die Spieldauer mit knapp über einer Stunde überschaubar, so dass durchaus auch Familien ihren Spaß mit Il Vecchio haben werden.
Wir werden jedenfalls Il Vecchio noch sehr oft auspacken und uns mit großer Freude in das alte Toskana entführen lassen.


Wir danken dem Pegasus Spieleverlag für die freundliche Unterstützung.
 

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