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Sci-Fi / Fantasy Die Hunt-Chroniken: Der Schattenseher

Integra

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Jeremiah Hunt ist der Held in Joseph Nassises erstem Teil (“Der Schattenseher”, Titel der amerikanischen Ausgabe: “Eyes to see”) seiner neuen Serie “Die Hunt-Chroniken”. Wobei er im eigentlichen Sinne genau das nicht ist: ein Held.

Er ist ein zutiefst verbitterter, einsamer Mensch, der durch den Verlust seiner Tochter alles verloren hat: Frau, Karriere, Lebensfreude. Um seine kleine Tochter, die vor vielen Jahren unter mysteriösen Umständen verschwand, wieder zu finden, hat Hunt alle Hebel in Bewegung gesetzt. Als die normalen Mittel ausgereizt scheinen, verläßt er die Wege, die ein vernünftiger Mensch beschreiten würde und wendet sich dem Paranormalen zu. Er befragt Hellseher, Kartenleger, Scharlatane – schliesslich opfert er sogar sein Augenlicht in einem Ritual, das ihm erlaubt, das Übernatürliche zu sehen.

Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, bietet er nun seine Hilfe als Exorzist Menschen an, die von den Geistern Verstorbener heimgesucht werden und hilft ab und an der Polizei bei der Aufklärung unnatürlicher Todesfälle (eine Art der Beschäftigung, die bei den Helden der Urban Fantasy zur Zeit ziemlich en vogue zu sein scheint), die ihn im Gegenzug mit Informationen im Fall seiner Tochter versorgt.

Der Einstieg in Jeremiah Hunts Welt wird dem Leser einfach gemacht: Joseph Nassise läßt seinen Protagonisten eine typische Geisteraustreibung durchführen, während der Jeremiah über seine Arbeitsweise und die typischen Vertreter der Geisterwelt schwadronieren darf. Als jener den Geist mit einiger Mühe gebannt hat – was ziemlich spannend, aber leider kein Stück gruselig ist – wird er zum Schauplatz eines grausigen Mordes gerufen, der sich in einem der nobleren Gegenden Bostons ereignet hat. Ein vom Täter zurückgelassener Armbandanhänger, der seiner Tochter gehört hat, führt ihn wieder auf die verloren geglaubte Spur.

Während seiner Nachforschungen macht er die Bekanntschaft der Hexe Denise Clearwater (tauchte als Nebenfigur schon in Nassises Templerchroniken auf) und des ebenfalls nicht ganz menschlichen Barkeepers Dmitri. Beides sind sympathische Zeitgenossen – ganz im Gegensatz zu Hunt, der als unverbesserlicher Misanthrop daherkommt.

Auf zwei weiteren Erzählebenen erfährt man zum einen mehr über Hunts Vergangenheit, zum anderen blickt man durch die Augen des Killers. Die jeweiligen Kapitel sind kurz gehalten und entschleunigen kaum das hohe Tempo des Romans, dessen düstere Stimmung sich angenehm von den Schmusevampir-verseuchten Mädchenphantasien dieses Genres abhebt.

Joseph Nassise erzählt rasant und ohne Schnörkel, er zeichnet seine Protagonisten mit Ecken und Kanten, verliert sich aber nicht in Details. Dem Erzähltempo dieses Urban Fantasy-Thrillers ist das sehr zuträglich: Es wird hohe Spannung aufgebaut, die sich am Ende in einem grandiosen Showdown entladen darf.

Fazit:


“Der Schattenseher” ist ein gelungener Serieneinstieg, der hervorragend Stimmung, Charakterzeichnung und Spannung unter einen Hut bringt, ohne den Leser mit komplexer Handlung, moralischen Zwickmühlen oder ausgefeilten Dialogen zu verwirren. Als Urlaubslektüre oder einfach mal zwischendurch bestens geeignet. Ein wenig wird das flotte Lesevergnügen durch die gar zu einfache und teilweise arg einfallslose Sprache getrübt. Ein bischen bunter und bildhafter hätte es gerne sein dürfen.

Der Autor:

Joseph Nassise wurde 1968 in Boston, Massachusetts geboren und lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Arizona. Er ist der erste Autor, der sowohl für den International-Horror-Guild- als auch den Bram Stoker Award nominiert wurde. Er schrieb neben den im Knaur-Verlag erschienen Templerchroniken (“Der Ketzer”, “Der Engel”, “Die Schatten”) auch unzählige Kurzgeschichten, Comics und das Spielerhandbuch zu “The Seventh Seal”. 2001 wurde Joseph Nassise zum Präsidenten der Horror Writers Association gewählt.

Mein Dank geht an den PAN Verlag, der die Rezension dieses Werks ermöglichte.
 
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