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Integra

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Joseph – genannt Joschel - Fittich ist arm dran: In Deutsch ist er eine Niete und ausgerechnet er landet in der Streberklasse 9c. Das wäre alles gar nicht so schlimm und halbwegs erträglich, müßte er sich nicht mit den schwersten Handicaps der Pubertät rumschlagen: riesengroße Pickel und eine furchtbar peinliche Mutter. Die esotherisch-alternative Sozialwissenschaftlerin trägt komische Klamotten und nervt Joschel, nachdem sie sich von seinem Vater getrennt hat, mit einer verkorksten Beziehung nach der anderen.

Mit ihrer eigenen Ich-Findung beschäftigt, bemerkt sie nicht, dass ihr Sohn die Kindheit fast hinter sich hat und eigenen Problemen kämpft.

Von den Strebern und dem Deutschlehrer Kattmann:

Kattmann war ein Wahnsinniger, ein Goethe-Verrückter, ein Richtigschreiber, ein Mit-dem-Rotstift-ganzen-Aufsatz-Durchstreicher, ein grammatikalischer Gewaltverbrecher.

gepiesackt, bessert sich seine Lage vorerst als ein neuer Schüler in seine Klasse kommt: Markus mit der Hühnerbrust. Der hässliche Störenfried stellt sich als einziger gegen die Streber der 9c, als diese die von Joschel angeschmachtete Canan mobben und nimmt später auch Joschel vor ihnen in Schutz.

Als sich aber in Joschels Deutschheft ein Text mit seiner Handschrift findet, den er nicht geschrieben hat und bei dem ihm jedes Wort fremd ist, tauchen Probleme auf: Kattmann vermutet – nicht zu Unrecht – dass der hervorragende und fehlerfreie Aufsatz nicht von Joschel ist und schickt ihn zum Schulpsychologen.
Die kurz vor der Rente stehende Dr. Rohrbach vermutet eine unentdeckte Hochbegabung bei Joschel und führt seine bis dahin schlechten Leistungen auf eine Unterforderung zurück!

Der jedoch weigert sich entschieden gegen diese Annahme – und erst recht gegen die Behauptung seiner Mutter Hanne, er habe diese Begabung von seinem Vater geerbt, der sich vor vierzehn Jahren aus dem Staub gemacht hat:

“DASS ICH KOMISCHE OHREN HABE UND MICH VOR VERANTWORTUNG DRÜCKE VIELLEICHT!”, schrie ich. “Das habe ich von ihm geerbt, von dem Arsch!”

Es tauchen noch mehr fremde Texte in Joschels Handschrift auf, und der glaubt, langsam verrückt zu werden bis er eines Abends in seinem Deutschheft den Bücherdämon Fausto findet: Eigentlich Fausto Flamingo Esteban de Rioja – klein, schwarz, pelzig und mit einem Riesenhunger auf Rechtschreibfehler. Als Dank dafür hinterläßt er geniale, fehlerfreie Aufsätze.

Bei Joschel geht es plötzlich aufwärts: Die hübsche Canan interessiert sich für ihn, Deutsch ist ein Kinderspiel seit Fausto seine Hausaufgaben korrigiert und obendrein soll er seine Streberklasse bei einem nationalen Aufsatzwettbewerb vertreten. Das Thema: “Der Weltfrieden und die nukleare Abschreckung”.

Natürlich kommt alles anders: Sein Freund Markus misstraut ihm und wandelt sich zum ärgsten Feind, der ihm und Fausto nachstellt. Und auch andere furchtbare Widersacher tauchen auf: Der neue, schmierige Freund seiner Mutter, ein Hausmeister und zu allem Überfluss auch noch ein zweiter Dämon...

Anders als in Oliver Dierssens Erstling “Fledermausland” ist das phantastische Element stark zurückgenommen: Fausto, dieses knuffige Pelztierchen, ist mehr Mittel zum Zweck, um eine herrlich komische, mitreissende und vor allen Dingen spannende Geschichte zu erzählen. Die Protagonisten sind so plastisch beschrieben, dass man sie wahrscheinlich sofort erkennen würde, wenn sie einem auf der Strasse begegneten. Canan, Markus, der dicke Udo-Kieron... Typen, die man aus der eigenen Schulzeit zu kennen meint. Wenn Joschel im schönsten Schulhof-deutsch von seinen Abenteuern berichtet, hat der Leser unversehens den Geruch von Kreidestaub, nassen Tafellappen und Turnschuhmief in der Nase.

Freundschaft, Mut und erste Liebe sind die Themen dieses sehr gelungenen Jugendbuchs, dem ich nur ungern und sehr widerstrebend das Etikett “Urban Fantasy” verpasse. Dafür ist es nämlich zu gut.


Der Autor:

Oliver Dierssen wurde 1980 in Hannover geboren. Neben dem Medizinstudium widmete er sich dem Schreiben von phantastischer Literatur und nahm an Schreibworkshops der Sommerakademie Marburg und des LesArt Literaturfestivals Dortmund teil. Seit 2007 arbeitet er als Arzt in einer psychiatrischen Klinik. Er interessiert sich für das Kaufen und alphabetische Einsortieren von Büchern, gelegentliches stressfreies Reisen und uneingängige Rockmusik. Oliver Dierssen lebt mit seiner Frau in Hannover.

Mein Dank geht an den Heyne Verlag, der die Rezension dieses Werks ermöglichte.
 
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