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Sci-Fi / Fantasy Die Artus-Chroniken 01. Der Winterkönig

Integra

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“Nur wenige Freuden sind mit dem Kampf zu vergleichen, der auf einen gut gewählten Hinterhalt folgt...”

Das sind die Worte von Derfel, einem alten Mönch, der in seiner Zelle die Geschichte Arthurs aufschreibt. Diese Geschichte ist vor allen Dingen erst einmal die seine – denn er ist einer von Arthurs Kämpfern gewesen und beschreibt seine Sicht auf das verworrene Geschehen jener dunklen Zeit zwischen dem Abzug der Römer und der Machtübernahme der Angelsachsen in Britannien.

Als Uther, König von Dumnonia und Großkönig von Britannien stirbt, wird Mordred, sein Enkel und mißgebildetes Kleinkind zu seinem Nachfolger. Zu dessen Protektoren wird unter anderem Uthers illegitimer Sohn Arthur berufen.
Fest entschlossen, den sich bekriegenden Königreichen Britanniens Frieden zu bringen und Mordreds Thron zu sichern, gilt es, eine Menge Schlachten zu schlagen, Bündnisse zu schliessen und Intrigen zu überstehen.

Die Hauptperson scheint dabei nicht Arthur zu sein, sondern Derfel, der zunächst noch eine Waise ist, die an Merlins Hof aufwächst, bevor er einer von Arthurs vertrauenswürdigsten Getreuen wird. Seine Abenteuer prägen über weite Strecken die Handlung – genauso, wie Nimue – Merlins Gehilfin und Geliebte, den Druiden vertritt.
Das gereicht dem Roman nicht zum Nachteil, sondern ist seine eigentliche Stärke: Den mythischen Helden bleiben wenige, prägende Szenen vorbehalten und müssen nicht auf ein mehr menschliches Maß gestutzt werden.

Es gibt eine Fülle von Quellen, die über das späte 5. Jahrhundert berichten, aber alle stammen aus späteren Jahrhunderten – es ist das Zeitalter der Sagen und Legenden, zu dem es kaum gesicherte Fakten gibt – nicht umsonst spricht man von den “Dark Ages”.

Vor diesem historischen Hintergrund stellt Bernhard Cornwell sein, aus überlieferten Persönlichkeiten und Sagengestalten, bunt gemixtes Ensemble auf. Er bedient sich dabei sowohl bei den “klassischen” Quellen der Artus-Sage: Geoffrey of Monmouth, Chrétien de Troyes und Sir Thomas Malory – als auch älterer walisischer Legenden, die zusammengefasst als Mabinogion bekannt sind. Das ist recht reizvoll und gibt dem Ganzen einen Anschein von Authentizität, zumal Cornwell phantastische Elemente in seiner Erzählung meidet und sich hauptsächlich auf die Beschreibung des Kriegeralltags konzentriert. So fehlen denn auch die romantischen Anklänge aus den berühmten Vorgängern völlig – wer hier strahlende Helden, Drachen, das Aventiurentier und magische Rituale erwartet, wird enttäuscht. Stattdessen wird munter gemordet, geschändet und gebrandschatzt. Weder den Kelten, noch den frühen Christen jener Tage gesteht der Autor Magie zu, die mehr ist als Taschenspielerei – von moralischer Überlegenheit einer Gruppierung oder bestimmter Personen ganz zu schweigen.

Das ist mal eine erstaunliche Abwechslung unter der Masse der historischen/historisierenden Romane, die das Keltentum glorifizieren und zum Teil haarsträubende esotherische Theorien aufgreifen.
Was wirklich auffällt, sind die detailgetreuen Schilderungen der Lebensumstände der Menschen jener Zeit und wie sehr sie die Gedanken und das Verhalten der handelnden Personen prägen. Cornwell gelingt es hervorragend vor allem auch in den Nebenrollen sehr einprägsame und einzigartige Charaktere zu erschaffen und deren Handeln nachvollziehbar und logisch erscheinen zu lassen. Eine kleine Schwäche hat er bei der Darstellung der großen mythischen Gestalten Artur, Merlin und Lancelot, die teilweise sehr archetypisch ausfallen und fast comichaft wirken. Möglicherweise ist das jedoch so gewollt und der subjektiven Erzählweise durch Arturs Gefolgsmann Derfel geschuldet.

Über den Autor:


Cornwell studierte Geschichte an der London University, arbeitete als Lehrer und ging dann zur BBC. Dort arbeitete er zehn Jahre in der Fernsehabteilung. 1980 wanderte er mit seiner amerikanischen Frau in die USA aus, wo er mangels Greencard beginnt als Schriftsteller zu arbeiten.
Cornwell gelang der schriftstellerische Durchbruch mit den Abenteuern von Richard Sharpe, einem britischen Soldaten in den napoleonischen Kriegen. Diese Serie umfasst mittlerweile über zwanzig Bücher und wird ständig erweitert. Darüber hinaus schrieb er weitere Romanserien sowie einzelne Romane mit größtenteils historischen Inhalten, zwei davon gemeinsam mit seiner Frau.
2006 wurde er von der britischen Königin Elizabeth II. mit dem OBE ausgezeichnet.

Mein Dank geht an den Rowohlt Taschenbuch Verlag, der die Rezension dieses Werks ermöglichte.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Die Artus-Chroniken 01. Der Winterkönig

Habe selbst auch schon eine ganze Anzahl an unterschiedlichen Bearbeitungen der Artus-Saga gelesen und diese hier von Cornwell rangiert definitiv auf einer der ersten Plätze meiner eigenen Bestenliste. Finde du hast sehr gut die Stärken seines Schreibstils erkannt, die die beschriebenen damaligen Lebensumstände glaubwüdig erscheinen lassen. Es war nicht nur das "Dunkle Zeitalter", sondern auch das dreckigste und gerade in Großbritannien dass schlammigste gewesen!!!
 
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