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Sci-Fi / Fantasy Das brennende Land

Luzifer

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Die im englischen bezeichnete Romanreihe „The Saxon Stories“ von Bernard Cornwell ist mit „Das brennende Land“ in die fünfte Runde gegangen. Uthred von Bebbanburg soll als Kind zweier Welten, als Sachse geboren und als Däne aufgezogen, das vollbringen, wozu er als Schwurmann König Alfreds verpflichtet ist: die Dänen zu vertreiben und das Land (England) endgültig für die Sachsen gewinnen. Auch wenn sein wahres Ziel die Rückeroberung seiner alten Heimat Bebbanburg ist, die von seinem Onkel okkupiert wurde. „Das brennende Land“ schließt inhaltlich wie auch chronisch nahtlos an die Vorgänger an:

·The Last Kingdom, 2004 dt. Das letzte Königreich, 2007
·The Pale Horseman, 2005 dt. Der weiße Reiter, 2007
·The Lords of the North, 2006 dt. Die Herren des Nordens, 2008
·Sword Song, 2007 dt. Schwertgesang, 2008

Es ist zwar durchaus denkbar mit „Das brennende Land“ in die Welt der Sachsen, Dänen und Wikinger einzutauchen. Man bringt sich selbst aber um eine ganze Reihe von Lesevergnügen, die man so überspringt.


Uthred ist angesehen unter seinen Leuten und unter dem Volk. Schließlich ist eine Schlacht, welche er führt, so gut wie gewonnen. Zuletzt hat er die Tochter Alfreds aus der Gefangenschaft durch Jarl Haesten und seine Verbündete befreit und nun steht Harald Bluthaar in Wessex um eine Krone zu erringen. An seiner Seite befindet sich die ebenso schöne, wie verdorbene Skade, von der man nachsagt, sie habe die Fähigkeit dunkle Magie zu wirken.
Um Harald bei der Schlacht von Fearnhamme zu besiegen, geht Uthred ein sehr großes Risiko ein. Nicht nur, dass er seine Armee teilt und somit alles auf eine Karte setzt. Zudem lässt er sich auf die undurchsichtige Skade ein, um Harald zu reizen. Ein Spiel, dass von ihm persönlich ein großes Opfer verlangt, denn er wird von Skade verflucht und kurz darauf stirbt Uthreds Frau im Kindbett.

Der Ausgang der Schlacht ist dabei zweiranging, denn weitere Ränkeschmieder unter dem Deckmantel der Kirche nutzen die Gunst der Stunde um Uthreds Verbindung zum siechenden König zu kappen. Und es gelingt. Uthred wird verbannt. Der Schwur, den er Alfred auf Lebzeit gegeben hatte, ist so nicht mehr haltbar. Und Uthred muss die Fäden, welche die Nornen ihm gesponnen haben, erst wieder entwirren, bevor er seinen Weg fortsetzen kann.


Der Kriegsherr Uthred erkämpft sich Sieg um Sieg, bis er vom König mit so viel Gold belohnt wird, um sich seine Bebbanburg zurück zu erobern. Diese Erwartung keimte in manchem Leser auf, der die Reihe bislang verfolgte. Und die weiteren Romane über Uthred bestehen lediglich aus einer Aneinanderreihung von weiteren – wenn auch intelligent geschriebenen - Schlachten und Kriegslisten. Diese Erwartung ist definitiv passé. Cornwell schafft es den Leser zu überraschen und weicht von seinem Kurs ab, der kurz davor war langweilig zu werden. Uthred zu verbannen und somit in die Arme der Gegner zu treiben mit unerwartetem Ende, war der richtige Kniff, um die Reihe spannend zu halten und vor drohender Eintönigkeit zu befreien.

Wikinger wurden Dänen nur genannt, wenn sie auf Raub und Beutezug mit dem Schiff angriffen und über das Land her fielen. Hierzu zogen sie besondere – meist tierische oder fabelhafte – Dekorationen über das Heck und den Bug ihrer Schiffe. Details wie diese und andere historische Fakten wurden von Bernard Cornwell mühelos in seinen gesamten Roman, in seine ganze Romanreihe, eingeflochten. Große Persönlichkeiten, wie z.B. Alfred, Aethelred, Haesten, etc. und Namen von Orten, wie auch Kämpfe und Schlachten sind historisch abgeklopft. Den Zwischenraum, der sich über die Jahrhunderte verflüchtigt hatte, nutzt der Autor um ihn mit neuem, spannenden Leben zu füllen. Mit Sicherheit aufreibender und konsequenter aufgebaut, als das wahre Leben es schreiben könnte, präsentiert uns Bernard Cornwell einen absolut lesenswerten Roman zur Zeit der Schmiedung des englischen Reiches.
Solch eine Zeit ist geprägt von Kampf, Krieg, Hunger, Tod und Leid. Aber es bot gleichzeitig die Möglichkeit zur Veränderung und zu einem Neuanfang. Cornwell stellt dies in seinen Romanen überaus deutlich dar. Wie sehr Kampf und Krieg in dieser Zeit allgegenwärtig waren, zeigt sich schon dadurch, dass Uthred, der Protagonist des Werkes, von „Beruf“ Krieger ist. Ein Schlachtherr. Ein Anführer. Roh, stark, gewaltig, aber dennoch beherrscht und reflektiert – zumindest die meiste Zeit.

Und immer auch einen Hauch Philosophie streut der Autor in die Aussagen, Erkenntnisse und Erfahrungen des Protagonisten, beschränkt natürlich durch seine Ausdrucksweise der damaligen Zeit. Der Gedanke um das Schicksal (z.B. die drei Nornen, welche die Lebensfäden knüpfen), die heidnischen Götter im religiösen Umsturz hin zum Christentum, und die Selbstbestimmtheit des Menschen, der sein Leben in die Hand nimmt, sind Kernpunkte, welche wieder und wieder in neuer Form angesprochen werden.

Generell liebt Cornwell Wiederholungen und hat sie zu einer Masche werden lassen, welche sich durch die gesamte Reihe ziehen, aber auch in den jeweiligen Romanen auftauchen. Mit stoischer Ruhe lässt es sich der Autor nicht nehmen z.B. die Bedeutung des Schildwalls für die „Karriere“ eines Kämpfers bzw. eines Mannes zu erklären. Aber der mit Abstand am häufigsten wiederholte Satz ist „Wyrd bið ful aræd“, was so viel bedeutet wie: „Das Schicksal ist unausweichlich“.

Das Schicksal von Uhtred soll es sein seine geliebte Bebbanburg eines Tages aus den Klauen seines habgierigen Onkels zu befreien. Dieses Ziel scheint aber noch in weiter Ferne, obwohl man bei „Das brennende Land“ das erste Mal das Gefühl hat, dass es endlich darum geht dieses zu erreichen. Zumindest stand Uthred schon mal vor den Toren seiner Heimat. Wenn auch noch ohne Armee. Wann es tatsächlich soweit sein wird, bleibt abzuwarten. Cornwell scheint noch einiges zu erzählen zu haben. Und darüber darf man froh sein, solange es die Qualität und die Klasse von „Das brennende Land“ hat, in dem der Autor auch mal neue Wege ging und es schafft den Leser zu überraschen.
Der sechste Teil ist bereits in Vorbereitung, näheres ist aber noch nicht bekannt.

Über den Autor:

Cornwell studierte Geschichte an der London University, arbeitete als Lehrer und ging dann zur BBC. Dort arbeitete er zehn Jahre in der Fernsehabteilung. In Belfast lernte er seine jetzige Ehefrau Judy kennen, eine US-Amerikanerin. 1980 wanderte das Paar in die USA, nach Cape Cod, aus. Dort verweigerte man Cornwell die Greencard, die ihm die Ausübung eines Berufs gestattet hätte. So begann er, bereits wieder unter dem Namen Bernard Cornwell, Romane zu schreiben, da er dafür keine Arbeitserlaubnis benötigte.

Eine Rezension über den vierten Teil Schwertgesang findet ihr hier.

Vielen Dank an den Rowohlt-Verlag, welcher diese Rezension ermöglichte.
 
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