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Sci-Fi / Fantasy Die Hetzjagd

sonic_hedgehog

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Urban Fantasy ist eine in den letzten Jahren äußerst beliebte Spielart, in der Magie, Götter, Vampire, Werwölfe etc. in unserer Gegenwart agieren. In diese Scharte schlägt auch Kevin Hearne mit seiner Chronik des eisernen Druiden, deren erster Teil "Die Hetzjagd" nun als Hardcover im Klett-Cotta-Verlag publiziert wurde.

Hearnes Protagonist ist Atticus O'Sullivan, oder besser Siodhachan Ó Suileabháin, ein über 2000 Jahre alter keltischer Druide, der mit seinem Hund in Tempe, Arizona lebt. Der Grund für diesen eher ungewöhnlichen Wohnort ist relativ gut verständlich: Atticus pflegt eine jahrhundertealte Feindschaft mit Aenghus Óg, einem der Túatha Dé Danann, eines irischen Elfenvolkes. Und Tempe ist ein für die Sidhe nur äußerst schwer zu erreichender Ort, da die für deren Reisen notwendigen Pflanzen in Arizona schlicht nicht wachsen.

Leider ist seine Tarnung nicht so gut, wie er sich das dachte. Kurz nachdem er einen Überfall von fünf der Elfen abwehren konnte, erscheint seine alte Verbündete, die Morrigan, um ihn zu warnen: Aenghus Òg hat offensichtlich beschlossen, den alten Zwist zu beenden - mit dem Tod Atticus. Und ein direkter Angriff ist trotz aller Vorbereitung eine durchaus ernst zu nehmende Gefahr.

Doch nicht genug: Auch für einige andere mystische Wesenheiten scheint die Zeit gekommen zu sein, reinen Tisch zu machen. Da ist das Spiel,das ein ortsansässiger Hexenzirkel mit Atticus zu spielen scheint, mehr als nur störend. Doch den irischen Göttern sei es gedankt - auch Atticus steht nicht allein da. Neben einigen der irischen Gottheiten/Feenwesen halten seine Anwälte, ein Werwolf (plus Rudel) und ein Vampir, ebenso zu ihm wie Oberon - sein Hund. Und er hat seine Magie, viel Magie. Atticus muss dennoch alle Register ziehen, um die Bedrohunge(en) zu überstehen, zumal Anghus Plan bei weitem nicht so vorhersehbar ist wie gedacht. Mit 2000 Jahren Erfahrung sind die Voraussetzungen aber auch nicht ganz schlecht

Kevin Hearne packt in seinen Roman alles, was an Mystik zu bekommen war: Druiden und Hexen, Werwölfe und Vampire, Feen. Sogar andere alte Götter wie Thor sind in dieser Welt noch aktiv - nur Jesus hält sich mit Auftritten zurück, da das Auftreten als Gekreuzigter immer etwas aufreibend ist. Für den Roman wichtig sind von den Göttern aber nur die des irisch-keltischen Pantheons. Man mag das reichhaltige Füllung nennen - oder vollkommen over the top.

Sein Schreibstil ist flüssig und fesselnd, der Roman ein echter Pageturner. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass Atticus und insbesondere sein Sidekick, der Hund Oberon, sehr lebendige, sympathische und lustige Charaktere sind. Als Leser bleibt man gerne bei ihnen. Und die reichhaltige Mythologie, die verwurstet wird, sorgt dafür, dass immer noch ein neuer, spannender Effekt möglich ist.

Dennoch: Das Wort "verwurstet" steht hier mit Absicht: Hearne übertreibt es in meinen Augen. Nicht nur in der Verwendung der unglaublich vielfältigen Mythologie, auch die Fähigkeiten seine Protagonisten scheinen beinah grenzenlos. Hearne schafft Bedrohungen über weite Teile des Romans nur um zu demonstrieren, dass Atticus noch ein Ass im Ärmel hat. Und noch eines. Und natürlich noch eines. Letztlich ist Atticus ein Superheld, der dann auch noch die Unterstützung von Göttern erhält (real oder sprichwörtlich als deus ex macchina).

Dieser Aufbau der Geschichte ist meiner Meinung nach schlicht zu billig und er führt dazu, dass ich als Leser die Bedrohung nie wirklich ernst nehmen konnte. Dass ich den Roman dennoch schnell und gerne gelesen habe und dass am Ende doch Spannung aufkam - das lag an zweierlei: Zuvorderst an Oberon. Ein Hund als Sidekick, der jegliches Geschehen satirisch begleitet und der exzellent beschrieben ist, ist fast zu gut um wahr zu sein. Diese Gestalt bringt in die Geschichte das notwendige Augenzwinkern, das die Übertreibung erträglich macht. Außerdem gelang es Hearne wider Erwarten, die letzte Bedrohung durchaus überraschend zu gestalten.

Die Hetzjagd ist letztlich ein etwas zu oberflächlicher Fantasyroman, der aber durch seine Charakterzeichnung überzeugt und damit genau das ist, was er vermutlich auch sein möchte: Unterhaltung. Aber auch nicht mehr.

Ich danke Klett-Cotta für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars und verweise für eine Leseprobe gerne auf die Verlagshomepage.
 
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