Sitzung 52 - Waergo von Naarbein
Wir lauschten dem Rumpeln und Knarzen der Apparatur, die sich in die Tiefe bewegte. Ab und an gab es ein kleines Krachen, als die hölzerne Plattform ins Wanken kam. Die riesenhaften Gestalten der Duergar rissen wechselseitig an dem Seil, so dass der Aufzug an den steinernen Schacht schlug. Ich selbst war noch gekleidet in die dreckigen und stinkenden Lumpen, die mir der kleine Wicht Ortnor übergestülpt hatte. Ich war mir sicher: Er, aber auch Halbohr hatten ihre Freude, wenn sie mich so erniedrigen konnten. Natürlich wusste ich, was sie damit bezweckten. Ich bin nicht dumm und verstand den Plan sehr wohl. Aber hätte nicht auch jemand anderes den Sklaven spielen können? Halbohr zum Beispiel? Einmal war ich mir sicher, dass ich dem runden Gesicht von Ortnor ein hässliches Grinsen entnehmen konnte. Ich blinzelte ihm böse zurück, gerade lang genug um ihm klar zu machen, dass er keine Spiele mit mir treiben konnte. Nur einen Vorteil sah ich in den stinkenden Lumpen. Mein eigener Geruch überdeckte jetzt den Schweißgestank der Tiefenzwerge.
Mit einem lauten Poltern und einem letzten Ruck kam der Aufzug zum Stehen. Wir hörten Geräusche von Hämmern und Schmiedearbeiten aus dieser Ebene. Durch die sich öffnenden Türen sahen wir hinter den dunklen Tunneln das Schimmern weiteren Hochöfen. Ortnor ging wieder voran, Bargh und Halbohr nahmen mich in ihre Mitte. Der Tunnel führte uns vorbei an mehreren kleinen Essen und Lagerstätten, wo sie ihr kostbares Ne‘ilurum in Stangen lagerten. Die meiste Zeit starrte ich meine Stiefel an, wie sie über den verrußten Boden stapften. Ortnor konnte ich nicht anblicken, sonst wäre ich vermutlich vor Wut geplatzt. Wir kamen schließlich zu einer weiteren Steintüre und hörten alle dahinter ein Gewirr von hunderten verschiedenen Stimmen sowie das Klimpern von vielen Münzen, die anscheinend den Besitzer wechselten. Ortnor hatte wohl etwas mit seiner Angst zu kämpfen. Er fing wieder damit an, uns als unfähig zu beleidigen. Ich sah deutlich das Aufblitzen von Wut in Halbohrs normalerweise eher gelangweilt dreinblickenden Augen. Wer weiß, welche Bilder er sich in seiner Vorstellung gerade auftaten - für Ortnor waren sie bestimmt nicht schön. Ich grinste heimlich in mich hinein, als Bargh aber auch schon mit seinen kräftigen Armen die steinerne Türe öffnete.
Als die Türe aufschwang wurden wir überwältigt vom Geruch und Geräusch einer wahren Masse von Duergar, Menschen und anderen Kreaturen. Grünliches, künstliches Licht, getragen von großen Steinsäulen, warf die Szenerie in einen fremden Anblick. Vor uns eröffnete sich eine riesige Halle, übersäht mit Zelten, Regalen und kleinen Emporen. Überall waren die seltsamsten Kreaturen, die die Tiefen der Eingeweide der Erde ausspucken konnten. Eine Geruchswolke von Kräutern, Tieren und Getränken waberte auf uns zu. Die Häute der Zelte und der Stände sahen aus wie schwarze Spinnfäden die zu dunklen, fast durchsichtigen Planen zusammengewebt wurden.
Ortnor schritt wieder voran, Bargh und Halbohr nahmen mich in die Mitte. So wir traten in die Halle ein. Es war fast so, als würden wir eine andere Welt betreten. Der größte Teil der Gestalten schien dem Volk der Duergar anzugehören. Ich fühlte ihre Blicke auf mir. Wie sie mich und auch die anderen mit ihrem überheblichen Hass anstarrten. Es gab hier auch einige wenige Menschen und auch einige Verwandte von Atahr. Elfen mit ihrer fast schwarzen Haut, violetten Augen und weißen Haaren. Als wir an einer Kreatur vorbeikamen, ist mir vor Furcht aber fast das Herz stehen geblieben. Diese Kreatur war anders als alles, was ich bisher gesehen hatte: Das humanoide Geschöpf hatte keinen Mund, sondern nur abscheuliche Tentakel, die dort emporzuckten, wo man normalerweise einen Mund vermutete. Rote, hasserfüllte Augen starrten mich an. Sie starrten nicht nur in meine Augen, sondern sie schienen direkt in meinen Verstand hineinzustarren. Und die Gestalt schien nicht nur zu starren, sondern es war mir, als wenn sie einfach nur zum Vergnügen mit meinem Verstand spielen würde. Zum Glück wurde dieses Wesen von einem anderen Besucher dieses Marktes abgelenkt und sein Blick ließ von mir ab. Zügig schritten wir weiter.
Wir bewegten uns zwischen den Ständen hindurch. Alles was das Herz begehrt und auch nicht begehrt wurde hier feilgeboten. Es gab verschiedenste Stände mit Kräutern, Nahrungsmitteln, Waffen und Rüstungen. Auch einfache Gegenstände wie Schüsseln und Töpfe, Teppiche oder nur kleine Pilze, die kunstvoll beschnitten wurden. An einem Stand gab es merkwürdige kleine Gerätschaften, von denen ich mir nicht vorstellen konnte, was man damit anfangen könnte. Als Bargh diese sah meinte ich in seinen Augen diese Lüsternheit zu sehen, die ich von ihm eigentlich nur kannte, wenn er betrunken war. Viele der Gegenstände, auch einfache Würfel oder andere Spielgeräte, waren aus dem Erz gefertigt, das sie hier unter dem Irrling abbauten. Und wir sahen auch Stände, an denen sie tatsächlich arme Wichte als Sklaven anboten. Einschließlich verschiedener Gerätschaften, um diese im Zaum zu halten. Über uns konnten wir erkennen, dass diese Halle eingerahmt war von einer Empore. Dort gab es keine Stände mehr, aber stattdessen sahen wir, dass dort weitere dieser gewaltigen achtbeinigen Biester entlang schritten. Auf Sätteln trugen die Spinnen Duergar, die mit wachsamen Augen den Markt beobachteten.
Ortnor erblickte auf dem Markt weitere Gestalten seiner Art. Diese, Svirfneblin nannte er sie, glaube ich, wirkten in diesem Getümmel etwas fehl am Platz, fehlte ihnen doch dieser immerwährende Hass auf alles andere. Die drei boten uns einen Unterschlupf in ihrem Zelt an, während Bargh und Halbohr sich weiter auf dem Markt umsahen. Also ließen sie mich allein zurück, in den Händen dieser kleinen Wichte. Na schön, wenn sie meinen. Allerdings wusste ich schon, dass ich für nichts garantieren könnte, wenn Ortnor wieder mit seinen Tiraden über meine Fähigkeiten anfängt. Zumindest von Bargh hätte ich besseres erwartet, aber auch er wurde vom Rausch des Handels gepackt.
Eine gefühlte Ewigkeit verging die ich damit verbringen musste, diesen kleinen dicklichen Kreaturen zuzuhören, wie sie in ihrer merkwürdigen Sprache schwatzten. Ich verstand zwar kein Wort, war mir aber sicher, dass sie sich insgeheim über mich lustig machten, wie ich dort in ihrem Zelt saß, in meinen stinkenden Lumpen. Natürlich würden sie es sich nicht trauen, offen über mich zu lachen. Aber jedes Mal, als sie zu mir blickten und sich wieder umdrehten, war ich mir fast sicher ein Lachen zu hören und ein Grinsen zu sehen. Plötzlich vernahm ich von außerhalb des Zeltes das laute Schlagen einer Türe. Ich hörte eine tiefe und dröhnende Stimme, wie sie schimpfte und offenbar Duergar-Wachen anbrüllte. Merkwürdigerweise aber in der gemeinen Zunge. Die Stimme lallte dabei und ich stellte mir vor, wie ein völlig betrunkener Duergar dort polterte und tobte. Halbohr, der zusammen mit Bargh zurückkehrte, erzählte später, dass ich gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war. Allerdings war es kein Duergar, sondern ein Vertreter des stämmigen Volkes der Oberwelt. Doch erzählte Halbohr, dass seine Haut aussah, als wenn er kurz vor dem Tode wäre. Über und über war sein Gesicht mit eiterndem Schorf bedeckt. Die roten Haare wuchsen nur noch an einigen Stellen und unter seiner linken Schädelhälfte sah es so aus, als ob dort Maden oder anderes Getier krochen. Aber trotz seines Aussehens oder seiner Herkunft hatten die anderen Duergar Angst vor ihm und gehorchten jedem Wort. Dies musste dann wohl Waergo von Naarbein sein, einer der Abenteurer, die vor 23 Jahren wie wir aufbrachen um die Geheimnisse der Irrlingsspitze zu erkunden. Waergo hatte sich dann aber zum Anführer der Minenstadt von Unterirrling gemausert. Wenn auch der Rest der Geschichten stimmte, vor allem der Brief, den wir bei der zerschmetterten Leiche in der Höhle gefunden haben, dann hat Waergo einen der Schlüssel, um das Portal zu öffnen? Oder zu justieren? Mir wurde wieder klar, wie wenig wir eigentlich wussten, was es mit diesem Portal auf sich hat. Aber sei es wie es ist, unser Weg kreuzt den von Waergo. Ich war mir sicher, dass er uns nicht einfach so passieren ließe.
Halbohr sagte, er habe gesehen wie Waergo torkelnd auf die Empore stieg und dann hinter einer Türe verschwand; vielleicht sein Gemach. Ortnor hatte daraufhin eine Idee: Offenbar besaß er die Fähigkeit, sich durch Zeit und Raum zu bewegen und von einer Stelle direkt zu einer anderen Stelle zu gelangen. Allerdings müsse er sein Ziel einmal gesehen haben. Halbohr wurde auserkoren, dies zu ermöglichen. Er solle sich an den riesenhaften Spinnenreitern und den anderen Wachen vorbei schleichen und entlang der Empore bis zu der Türe gelangen. Diese solle er einmal kurz öffnen. Ortnor würde an der Wendeltreppe, die zu der Empore führte, warten. Dort habe er eine gute Übersicht, auch auf die Empore. Sobald Halbohr die Türe öffnete, würde er seine Fähigkeiten einsetzen und sich selbst, Bargh und mich dorthin bringen. Ich sah es in Halbohr Gesicht arbeiteten. Grübelnd kratzte er sich an den vernarbten Überresten seines Ohres und ich konnte sein Zögern tatsächlich verstehen. Alleine vorbei an den Wachen und wer weiß was sonst noch. Dass Ortnor erwähnte, eher nebenbei, dass es Geschichten gab, in deren einige Wachen sogar unsichtbar waren, machte die Sache nicht einfacher. Allerdings wurde es Halbohr schnell klar, dass wir keine andere Möglichkeit hatten. Also stimmte er zu und machte sich bereit.
Er mischte sich unter die Besucher des Marktes und verschwand aus unseren Blicken. Ab und zu sahen wir ihn zwischen den Schatten der Säulen auftauchen, wie er auf die Empore kletterte. Ich versuchte seinen Bewegungen zu folgen. Wirklich schaffte er es, sich geschickt von Nische zu Nische und von Schatten zu Schatten zu drücken. Einmal sah ihn ganz kurz auftauchen, wie er mit einem eingefrorenen Blick in die Leere starrte. Ich folgte seinen Augen, konnte aber nicht wirklich etwas erkennen, was ihn erschreckt hatte. Vielleicht war da ein kleines Flimmern in der Luft, mehr aber nicht. Hatte er einen unsichtbaren Spinnenreiter gehört? Ein weiteres Mal tauchte er auf. Direkt neben der Türe, die zu dem Gemach von Waergo führte. Ortnor hielt sich bereit und auch Bargh und ich selbst hielten die Luft an. Wie in Zeitlupe sahen wir, wie sich die Türe langsam öffnete. Wir hörten, wie Ortnor neben uns arkane Formeln murmelte. Es war genau abgepasst: Wir konnten gerade noch von dem Markt einen kurzen Blick auf den Raum werfen, als wir von der Magie Ortnors durch die Dimensionen geschleudert wurden. Es fühlte sich merkwürdig an, als ob irgendetwas einen packen würde, durch einen dichten Nebel schleudern und unsanft auf den Boden werfen würde. Ich brauchte einen Moment um wieder klar denken zu können, doch dann sah ich mich tatsächlich in dem Raum stehen und Bargh und Ortnor neben mir.
Das Zimmer, in dem wir auftauchten, war von einer Art Vorhang getrennt der aus dunklen Schuppen irgendeines Tieres der Unterreiche gemacht wurde. Doch war es nicht Waergo, der uns in dem Raum erwartete, sondern einer seiner Untergebenen. Der Duergar saß an einem Tisch und studierte irgendwelche Papiere. Wir sahen schon, wie Halbohr sich in den Rücken der Gestalt schlich, als diese mit unserem Erscheinen aufsprang. Plötzlich ging alles sehr schnell. Der Duergar konnte zwar noch nach Waergo rufen, doch das Schwert von Bargh hieb auf die Gestalt ein. Sein Blut spritze auf, als der Hieb tief in seinen Leib drang. In einem letzten Akt des Todes schaffte er es, seinen Speer, der neben ihm lag, Bargh ebenfalls tief in die Brust zu rammen. Bargh schrie vor Schmerzen, doch entfachte der Schmerz auch seine Wut. Mit einem Gebrüll holte er aus und richtete seinen Widersacher mit seinem Schwert. Die Schatten der Klinge begannen sich zu entzünden und hüllten den schwarzen Stahl in einen Schein von Feuer. Der Hieb traf den Duergar am Hals und fuhr ohne zu stoppen durch ihn hindurch. Das Klatschen, als der abgetrennte Kopf auf den Boden aufschlug, hatte fast schon etwas Belustigendes. Bargh keuchte schwer von dem Stich des Speeres, doch Halbohr verlor keine Zeit und schob den Vorhang etwas zur Seite. Dahinter offenbarte sich ein weiterer Raum, mit einem Tisch, auf dem wir etwas ähnliches wie eine Karte sahen, mitsamt mehreren platzierten Figuren. Auch hier war alles aus Ne‘ilurum gefertigt. An einigen Stellen waren zudem mit weißer Farbe Augen und Tentakel auf den Tisch gemalt. Doch konnten wir uns von der zur Schau gestellten Dekadenz nicht ablenken lassen. Wir hörten das Poltern hinter einer weiteren Türe. Diese war zwar auch aus Stein, jedoch war sie mit schwarzer Farbe angemalt, so dass sie sich deutlich von dem restlichen Gemach unterschied. Die Türe flog auf und heraus kam die Gestalt Waergos. Jetzt sah auch ich das, was bisher nur Halbohr erzählte. Früher mag es wohl mal ein stattlicher Vertreter seiner Rasse gewesen sein. Jetzt konnte man es nur noch erahnen. Sein rotes Haar wuchs nur noch an einigen wenigen Stellen. Der Rest sah aus, als wenn er bei lebendigem Leibe verwesen würde. Schorf und Eiter bedeckte die kahlen Stellen und unter der Haut pulsierte es so, als ob wirklich irgendetwas unter der Haut leben würde. Das waren wohl die sogenannten „Hauttiere“, die von Waergos Gesicht speisten und vor denen uns Ortnors neue Freunde gewarnt hatten.
Mit grimmigem Gesicht erhob Waergo seine Axt und sein Schild. Das Ne’ilurum, aus dem beides geschmiedet war, glitzerte beängstigend in dem schwachen Kerzenlicht des Raumes. Auch seine Rüstung bestand aus den Platten dieses seltsamen Unterreicherz. Er stellte sich Bargh, doch haftete sein Blick auf Ortnor und seine Augen lechzten nach dem Blut des Svirfneblin. Bargh versuchte den Moment auszunutzen und erhob sein geweihtes Schwert. Die Schatten begannen sich wieder zu entzünden und feuriger Odem tropfte wie Magma hinab. Barghs Muskeln spannten sich, als er die Klinge auf Waergo hieb, doch dieser brachte seinen Schild hervor. Waergos Lachen ging in dem Geräusch von Stahl unter, als das Schwert an dem Erz abprallte. Aber Bargh stand ihm nicht alleine gegenüber. Halbohr schaffte es sich hinter Waergo zu bewegen und stach zielsicher seine Dolche zwischen die Lücken seiner Rüstung, während ich selbst meine feurigen Pfeile auf ihn schleuderte. Waergo wendete sein Gesicht zu Halbohr und spie ihm ins Gesicht. Ich dachte erst, er wolle ihn nur verhöhnen, doch dann sah ich, dass sich in seiner Spucke eine weiße dicke Made befand, die jetzt versuchte durch die Glieder des Kettenhemdes von Halbohr zu gelangen. Dieser streifte sie, zum Glück für ihn, schnell genug ab und zertrat sie auf dem Boden.
Es entbrannte ein erbitterter Kampf. Waergo erwies sich als mächtiger Krieger. Geschickt wehrte die Hiebe von Bargh und auch die glitzernden Kugeln, die Ortnor auf ihn schleuderte, ab. Letztere zerplatzen mit einem Knall auf seinem Schild und liefen wie schwarzer Schleim herunter. Wieder und wieder hieb Waergo mit seiner Axt nach Bargh und viel zu oft schnitt die schwarze Klinge aus Ne‘ilurum in das Fleisch des Kriegers hinein. Ein besonders kräftiger Streich traf ihn in den Arm. Bargh schwankte und für einen Moment sah es so aus, als könnte er nicht einmal sein Schwert halten. Doch der schwarze Griff des Schwertes schmiegte sich wie von selbst um seine Hand. Aber auch Waergo wurde unseren Hieben und meinem Feuer verletzt. Es war Halbohr der ihm den hinterhältigen Todesstoß versetzte. Sein Dolch fand seinen Weg zwischen den Panzerplatten seiner Rüstung direkt in sein Herz. Er röchelte und fiel mit dumpfem Aufschlag auf den Boden - in die Lache seines eigenen Blutes.
Zeit zum Verschnaufen blieb uns jedoch keine. Schon kurz nachdem das letzte Zucken von Waergos totem Körper aufhörte, hörten wir von außen schon die Rufe der Wachen. Wir erstarrten alle, sahen wir uns doch schon mit der gesamten Minenstadt konfrontiert. Aber obwohl Ortnor ein widerlicher kleiner Wicht war, handelte er blitzschnell. Er schaffte es seine Stimme so zu verstellen, dass sie wirklich der von einem der Duergar ähnelte. Irgendetwas rief er in ihrer Sprache. Was es war konnte keiner von uns verstehen, aber offenbar gaben sich die Wachen damit zufrieden und kamen nicht in den Raum hinein. Dennoch durften wir keine Zeit verlieren. Schnell schafften wir die beiden toten Körper zusammen und versuchten zumindest die gröbsten Spuren des Kampfes zu beseitigen. Halbohr und Bargh zogen die beiden in das Gemach von Waergo hinein. Dieses Gemach schien das Zimmer eines Wahnsinnigen zu sein: Wände, die Decke, der Schrank, der hier stand und Stuhl und Bett waren mit schwarzer Farbe bemalt. Nur ein Tierfell auf dem Boden war aus reinstem Weiß, so dass es einen fast blendete. Eine weitere Türe führte aus dem Raum heraus. Doch wäre es Selbstmord gewesen, jetzt einfach ins Ungewisse zu stürmen. Bargh blutete aus einer Vielzahl von Wunden und konnte sich kaum auf den Beinen halten.
Mehr durch Zufall bemerkten wir lockere Bretter auf der Rückseite des Schrankes. Dahinter eröffnete sich eine geheime Kammer. Diese war zwar recht klein, aber nicht leer: Einige Säckchen lagen auf dem Boden und da war eine kleine abgeschlossene Schatulle, die kunstvoll mit Marmor verziert war. Halbohr vergaß wohl für den Moment die Gefahr, in der wir schwebten und widmete sich den Gegenständen. Dem Schloss der Schatulle schaffte er es zwar nicht habhaft zu werden, jedoch fand er in den Säckchen neben einer gewaltigen Menge von Münzen und Edelsteinen und einen kleinen Stab, der in Gänze aus einem roten Saphir bestand. Augenblicklich begannen Ortnors Augen zu blitzen: Dies war wohl eine der drei Kristallkomponenten, die auch in dem Brief von Adanrik erwähnt waren. Zumindest waren die Strapazen also nicht umsonst. Wir verschanzten uns zusammen mit den Leichen in der kleinen Kammer, verwischten unsere Spuren und brachten die Bretter wieder an. Mein Herz blieb fast stehen als, wir nach einiger Zeit wieder Stimmen hörten. Wachen der Duergar, die sich mit der Erklärung von Ortnor wohl nicht mehr zufriedengaben und nachschauten, was geschehen war. Doch fanden sie nichts oder ließen sich nichts anmerken. Wir hielten alle den Atem an und lauschten den Schritten und leisen Stimmen, bis sie nicht mehr zu hören waren. Ich kann nicht von mir sagen, dass ich besonders erleichtert war. Wusste ich doch nicht, was sie vielleicht gefunden haben und welche Schlüsse sie daraus zögen. Unsere Nerven waren alle bis zum Zerreißen gespannt. Ortnor begann sogar mit sich selbst zu sprechen. Besser gesagt, mit sich selbst zu streiten. Ob er die Karte in dem Tisch des Vorraums verstehen würde und dass er leise sein sollte. Wenn sein Verstand verliert, sollten wir uns von ihm trennen. Bevor er uns mit seinem Wahnsinn mitreißt. Aber später, erst mussten wir hier herauskommen. Ob es besser oder noch schlimmer werden würde, würde sich schon bald zeigen.