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Abenteuer/Kampagne Spielbericht (Advanced) Dungeons & Dragons Von Feuer und Düsternis – Erzählungen aus Euborea

Sitzung 108 - Besuch aus Fürstenbad

Die Geschichten von Neire mussten leider noch etwas warten, denn wir hatten wirklich ein Problem. Wir waren immer noch in der großen Halle unter dem Thronsaal und wussten nicht was mit Urrungfaust passieren sollte. Die anderen hatten schon angefangen die Berge von Schätzen zu verstauen. Es stank grauenvoll nach verbranntem Fleisch. Das Fleisch des Königs und seiner Ritter. Aber auch nach meinem Fleisch. Der Trank der Heilung hatte zwar in Windeseile die Wunden wieder geschlossen, dennoch zuckte mein ganzer Körper zusammen bei der Erinnerung. Halbohr schien auch nicht ganz er selbst zu sein. Er hockte auf dem Boden und spielte mit einigen Münzen. Tauschte sie aus, stapelte sie und entfernte einige. Vielleicht war es aber auch kein Spiel. Vielleicht versuchte er einen viel zu komplizierten Plan auszuarbeiten, wie es nun mal seine Art ist. Und der gehäutete Leib des kolossalen Lindwurms schien alles aus seinen toten Augen zu beobachten.

Jetzt galt es unser Problem zu lösen. Der König war nur noch ein verbranntes Etwas, doch wir brauchten einen König. Wir konnten uns nicht durch die ganze Stadt Urrungfaust kämpfen. Doch genau das würde passieren, wenn wir ohne den König wieder auftauchen würden. Die Lösung unseres Problems sollte Daera Düsterung sein. Die wunderschöne Dame mit ihren schwarzen Tätowierungen, die auf ihrer milchig weißen Haut im starken Kontrast hervorstachen, hatte die Fähigkeiten dazu. Offenbar konnte sie nicht nur den Geist von anderen beherrschen, wie auch Neire, sondern sie verstand es auch ihre Gestalt zu ändern. Sie hätte am liebsten die Frau gespielt die wir kurz im Thronraum gesehen hatten, doch half uns dies nicht bei dem Problem mit dem König. Schließlich, nach zeitraubenden und langweiligen Diskussionen, stand der Plan. Daera würde die Gestalt des Königs Granryks annehmen. Fehlten noch die Grauwegur Ritter. Wenn einer der Ritter fehlen würde, würde dies sicherlich nicht besonders auffallen. Doch wenn alle fehlten, würden sich unangenehme Fragen anschließen. Also schafften wir einige Orks aus dem Tempel des Jensehers heran. Und dann wurde ich mit in das Versteckspiel einbezogen. Ich hatte eine Idee und niemand sollte die schweinsähnlichen Kreaturen für etwas anderes als stolze Grauwegur Ritter halten. Ich half nach und mit der Hilfe der Herrin ließ ich ihre Knochen, Haut und Haare zu denen der Duergar werden. Zusätzlich brach Neire mit seinen Augen des Jensehers ihren Geist. Sie sollten nicht nur so aussehen wie Nachtzwerge, sondern sie sollten alles vergessen was sie vielleicht vorher gewesen waren. Einige widerstanden wie durch ein Wunder. Sie wurden getötet und entsorgt. Wir konnten es uns nicht erlauben, dass eine geistige Stärke in diesen Kreaturen heranwuchs. Andere konnten die Schmerzen, die die Umwandlung ihnen bereitete, nicht aushalten. Sie verwandelten sich in verkrümmte Abscheulichkeiten. Irgendetwas zwischen Ork und Duergar, bevor ihr Herz den Qualen nicht mehr standhalten konnte. Irgendwann hatten wir genug, um sie in die Rüstungen zu stecken. Einer fehlte jedoch immer noch. Die letzte Grauwegur Rüstung war durch die Flammen komplett verbogen und nicht mehr zu gebrauchen. Aber das war nicht schlimm. Dann würde eben ein Grauwegur Ritter immer gerade auf Botengängen sein. Auch Daera war nicht untätig geblieben. Als wir mit den verwandelten Orks aus Nebelgard zurückkamen (Neire ist dortgeblieben), war von ihr nichts mehr zu sehen. Aber wir standen plötzlich wieder vor dem König Granryk von Werunstein, als wenn ihm kein Haar gekrümmt worden wäre. Jedes kleinste Detail hatte sie nachgeahmt. Nur weil sie gerade neben dem verkohlten Leichnam stand konnte ich überhaupt auf den Gedanken kommen, dass dies in Wahrheit Daera war. Sie wies die Orks im Körper der Duergar zurecht und sie zogen sich die Rüstungen an. Sie waren noch etwas ungeschickt dabei und brauchten Hilfe. Der falsche König hatte auch die Rüstung angezogen und Waffen und Schild geschultert. Zusammen gingen sie wieder zurück in den Thronsaal. Wir warteten erst einmal bis Daera sich umsehen konnte, ob irgendjemand schon Verdacht geschöpft hatte. Daera wolle auch herausfinden wer diese Frau gewesen war, die mit König Granryk von Werunstein bei unserem Besuch gesprochen hatte.

Nach etlichen Stunden kam Daera wieder zurück. Ihr Gang war überaus selbstsicher. Und sie hatte den Rat, den ihr ihr gegeben hatte, bereits berücksichtigt, dass der König des Öfteren in das Lachen eines Säufers gefallen sei. Bereits jetzt konnte sie es täuschend echt nachahmen. Daera berichtete, sie fände die Frau nicht mehr wieder. Niemand hatte sie wieder gesehen. Offenbar war es die neue Gemahlin des Königs, Thunriel von Grauroch. Die alte Frau, Idriania von Werunstein war wohl vor kurzem gestorben. Ich fand es merkwürdig, dass die neue Königin nicht auch den Namen des Mannes angenommen hatte. Sollte vielleicht der alte Wurm Thiangjort etwas damit zu tun gehabt haben? Aber wer weiß schon, welche Gepflogenheiten bei den Nachtzwergen geduldet werden und vielleicht war es ja die neue Frau des Königs. Daera hatte etwas über einen Sohn des Königs, Breodin von Werunstein herausfinden können. Obwohl er als Abkömmling der nachtzwergischen Rasse noch im Alter eines Kindes, vielleicht eines Heranwachsenden, war, schien er doch stärker zu sein als man meinen könnte. Vielleicht würde er uns irgendwann einmal Probleme bereiten, aber jetzt widersetzte er sich den Befehlen des neuen Königs nicht. Und der erste Befehl war, dass ein neues Bündnis mit Unterirrling geschlossen werden sollte. Dieses Bündnis sollte den Grundstein für den Reichtum von Urrungfaust legen. Und in Wahrheit sollte Urrungfaust an den Tempel des Jensehers und damit an Jiarlirae gebunden werden.

Für uns gab es nichts mehr zu tun und wir verließen die stinkende Stadt des Unterreichs über die breite Brücke, auf dem Weg auf dem wir gekommen waren. Es war das gewaltige Bauwerk über den See von Arbolbaar, das von den Nachtzwergen Brücke Irrlingglomm genannt wurde. Keiner behelligte uns auf den Weg, auch wenn uns einige immer wieder misstrauische Blicke zuwarfen, vor allem unserem „Meister Halbohr“. Wir waren fast schon über die breite und imposante Brücke gelangt, als Bargh etwas Merkwürdiges auffiel. Er zeigte in die Richtung, in der die Brücke sich dem Ufer der Höhle näherte. Keiner von uns verstand im ersten Moment worauf er hinaus wollte, bis er sagte: „Schaut, die Wägen!“. Dann fiel es mir auch auf. Der immerwährende Strom von Karren, Kutschen und Kolonnen war in unsere Richtung abgebrochen. Einige Wägen betraten gerade noch die Brücke um ihre Waren in Urrungfaust anzubieten, doch es kamen keine neuen aus dem Dunkel der Tunnel. Halbohr sprang schnell zu einem der letzten Wagen. Der ältere Nachtzwerg der ihn zusammen mit seinem Sohn führte, erkannte ihn fast direkt. Er wusste auch etwas, doch die Gier dieser Geschöpfe war unermesslich. Selbst für eine einfache Frage wollte er bezahlt werden. Ich hätte ja die Worte mit glühendem Stahl aus ihm heraus gebrannt, doch Halbohr war schwach und gab nach. Zwei blitzende Citrine hielt er ihm vor seine knollige Nase. Das lockerte seine Zunge. Er erzählte, dass sie tatsächlich in den Tunneln etwas gesehen hatten. Ein Glitzern von Metall, wie von Rüstungen. Das war auch gar nicht weit weg gewesen. Und er hatte Stimmen gehört. Sein Sohn bestätigte es. Er hatte sogar etwas mehr gesehen: Die Schatten von Gestalten, die aber viel zu groß waren um Duergar sein zu können.

Das Ganze war sehr besorgniserregend. War neben dem Tempel und Urrungfaust noch eine dritte Macht im Spiel die sich bisher bedeckt hielt? Das sollte und durfte nicht sein. Wir mussten die einzige Macht sein und unsere Vorherrschaft durfte von niemanden angefochten werden. Lyrismar nahm magischen Kontakt zu Neire auf. In seinem Geist hielt er eine kurze Zwiesprache mit Neire, der weit weg im Tempel des Jensehers verweilte. Er fragte den Propheten des Tempels des Jensehers um Rat. Neire berichtete, dass dort ein Spitzel ausfindig gemacht wurde. Dieser hatte unseren Weg und unsere Ziele verraten, nämlich, dass wir von Urrungfaust aufbrachen. Wer dieser Spitzel war und von wem er bezahlt wurde wusste er noch nicht. Die Folterungen brachten jedoch eine Spur, die nach Fürstenbad führte. Barghs Gesicht wurde grimmig als Lyrismar die Worte die er hörte wiederholte. Was wollten sie hier und was hatten sie mit uns zu tun? Wollten sie an Bargh Rache nehmen? Oder war es nur reiner Zufall? Ich rätselte über die Gründe, als Bargh ein weiteres Mal rief und auf das dampfende und stinkende Wasser des Sees deutete. Jetzt sah ich, was er meinte. Irgendetwas machte eine Spur von Wellen im Wasser, und diese Wellen kamen auf uns zu. Wir zogen unsere Waffen und sprachen unsere Gebete zum Lob von Jiarlirae. Dann brach wie aus dem Nichts die Kreatur hervor, die sich im Tiefflug unsichtbar über das Wasser bewegt hatte.

Ein gewaltiger Schatten der die Lichter der Dunkelfeuer von Urrungfaust schluckte legte sich über uns. Eine Kreatur mit riesigen Schwingen und schuppigen Körper. Hier und da blitzten die Schuppen wie Kupfer auf, doch an vielen Stellen sahen sie aus, als ob das Kupfer vom Grünspan zerfressen wurde. Die Augen der Kreatur brannten in grünem und rötlichem Licht. Der gewaltige Schädel warf sich nach hinten. Doch der Schwanz der Kreatur war kürzer als man es eigentlich erwartet hätte. Ab der Mitte schien es, als ob der Rest weggebrannt wurde. Schwarze vernarbte Schuppen waren das Einzige, was übriggeblieben war. Die Kreatur trug auf ihrem Rücken ein Geschirr mit mehreren Sätteln wovon einer besetzt war, von einer Frau mit langen silbernen Haaren und einer Haut die so hell war wie kaltes Mondlicht. Als ich den Schwanz sah, erinnerte ich mich in einem Buch von so einer Kreatur gelesen zu haben. Dies musste der alte kupferne Drache der Wildweberberge sein, Lysseryth’Branthil. Die Berge, in denen er in den Geschichten lebte, waren ganz in der Nähe von Fürstenbad. Auch wurde von einem Kampf zwischen Lysseryth‘Branthil und einem anderen Drachen mit roten Schuppen erzählt, bei dem der kupferne Wurm als Verlierer hervorging und dabei einen Teil seines Schwanzes einbüßen musste. Der Schädel stieß zu uns herab und aus den Tiefen des Rachens spie er eine grüne Flüssigkeit auf uns alle. Schon als der erste Tropfen meine Haut berührte, brannte es fürchterlich und dann kam der Rest der Flüssigkeit auf mich. Ich musste aufschreien als sich meine Haut begann aufzulösen. Den anderen ging es nicht besser. Und dabei hatten wir noch Glück denn wir konnten alle noch ein Stück zur Seite springen. Auf der Brücke nach Urrungfaust tauchten weitere Gestalten auf. Ganz vorne schritt ein Krieger in einem Feldharnisch aus einem matten Stahl, auf dem Runen und das große Bild eines Adlers prangerten. Unter dem Helm quollen lange blonde Haare hervor und er trug einen purpurnen Mantel über seine Rüstungen. Dieser wehte durch die Schwingen des Drachen zur Seite und ich konnte darauf das widerliche Symbol von Torm sehen. Hinter ihm folgte ein Trupp von Rittern und weiteren Soldaten, die schon ihre Bögen spannten. Der Ritter des Torm stellte sich uns entgegen und brüllte über die Brücke: „Meister Halbohr, ihr werdet bezahlen für eure Taten. Stellt euch ehrenhaft im Kampf und sterbt!“ Ich rappelte mich auf. Sie sollten die wahre Macht Jiarliraes zu spüren bekommen. Ich beschwor einen gleißenden Blitz und schleuderte ihn auf die Drachenkreatur. Doch er fuhr einfach an den Schuppen entlang, ohne dass die Kreatur etwas davon zu bemerken schien. Stattdessen jedoch fuhren die Energien auf die Frau im Sattel die gerade schon begonnen hatte Zauberformeln zu rezitieren. Sie schrie auf, als auch ihre Haut aufplatze und ihr Fleisch begann zu kochen.

Zur gleichen Zeit stürmte Bargh den Rittern entgegen. Das Wappen von Fürstenbad setzte ihn in Rage. Die Schatten von Glimringshert tropften aus der Klinge. Der Ritter erhob sein Schild und Barghs Schwert krachte scheppernd dagegen. Er wollte den Angriff mit seinem Hammer erwidern doch auch Bargh wehrte den Angriff mit seinem Schild ab. Ich hörte das Klingen von Stahl auf Stahl, das für eine Weile tobte. Dann war da ein fürchterlicher Schrei. Glimringshert zog einen Flammenschweif hinter sich und der vor Hitze glühende Stahl fuhr durch das Bein des fremden Ritters. Sauber schnitt Bargh durch Muskeln und Knochen, als ob sie nur aus Luft bestünden. Der stolze Ritter fiel zur Seite, als Bargh sein Bein an der Hüfte abhackte. Dennoch feuerte er unter Schmerzen seine Kameraden weiter an. Die Soldaten in den letzten Reihen entließen ihre gespannten Bögen und ein Pfeilhagel legte sich über uns, während die anderen Ritter an Bargh vorbei stürmten. Sie wollten Halbohr um jeden Preis. Lyrismar beschwor mit seinem Stecken weiter Blitze, aber auch dieses Mal fuhren sie einfach der Schuppen des kupfernen Wurmes entlang in den Körper der Frau hinein. Sie schrie kurz auf, dann fiel der tote Körper mit einem dumpfen Knacken auf die steinerne Brücke. Ihr schöner elfischer Schädel hatte sich geöffnet und etwas Rotes hatte sich dort verteilt. Ich freute mich, als ich sie stürzen sah und musste trotz meiner Schmerzen auflachen, als sie dort am Boden lag. Wie sich nachher herausstellte, hatten wir die alte elfische Hexe der Wildweberberge getötet, die elfische Königin Learwy’thi’Silgur. Die Ritter trafen jetzt auf uns, aber ich und Halbohr erwarteten sie schon. Mein dem Chaos geweihter Säbel blitze nach vorne, viel zu schnell, als dass der Ritter ebenfalls sein Schild erheben konnte. Auch der Dolch von Halbohr fand sein Ziel und stach in den Hals eines anderen Ritters. Bargh war ihnen in der Zwischenzeit gefolgt und griff sie von hinten an, doch als ob seine Wut auf Fürstenbad ihn übermannt hätte stolperte er. Glimringshert dürstete es nach Blut und es war der Klinge egal wessen Blut es werden sollte. So senkte sich der Stahl in Barghs eigenes Bein. Es sah so aus als ob der Kampf nicht gut enden würde für uns, doch dann kam der Prophet von Flamme und Düsternis zu uns.

Wie ein Engel aus Schatten erschien er in der Luft über der Brücke. Sein Gesicht war noch eingehüllt in seinen Mantel, doch konnte ich die blonden Locken erkennen. Aus seiner Hand schossen mehrere glitzernde Geschosse aus Schatten in den Kopf des Drachen die nicht mehr einfach abflossen, sondern an den Schuppen aufplatzten. Die Kreatur brüllte als sich dunkles Blut über die Brücke ergoss und ein riesiges Stück Kupfern-besetztes Fleisch aus ihrem Körper gerissen wurde. Ein Diener des Torm rief die anderen zum Sturm, während er selbst eine Säule der Flammen auf uns warf. Doch Glimringshert konnten die Flammen nicht schaden. Das Schwert saugte sie in sich auf und brach die Macht des schwachen Gottes. Der Anführer der Ritter, ein Krieger mit Namen Sigwolv von Ulminrun, wie wir später erfahren sollten, hauchte seine letzten Atemzüge, während das Blut in Strömen aus dem Beinstumpf floss. Mit einem röchelnden Schrei rief er: „Verzagt nicht, meine Brüder. Tötet sie!“ Dann verdrehten sich seine Augen und er starb in der Gewissheit versagt zu haben. Neire hatte die Wendung gebracht und das ist ihm bewusst geworden. Der Drache war schon in einer Taumelbewegung als weitere Geschosse von Neire in den Körper trafen. Eine gewaltige Wunde platzte dabei auf und die Kreatur rammte mit einem kolossalen Getöse in den Stein der Brücke. Lyrismar beschwor eine Feuersbrunst die sich mit einem Bersten über die restlichen Soldaten legte. Ich sah Teile von Körpern durch den Druck einfach wegfliegen, als ob jemand einen kleinen Zweig aus einem Ast reißen würde. Auch Bargh war wieder auf den Beinen, seine Wunde war zum Glück nicht so tief. Von hinten schnitt das Schwert den Rücken eines Ritters auf und von vorne teilte ich die Kehle eines anderen. Einer nach dem anderen fiel. Doch waren sie verblendet und sahen nicht wie hoffnungslos ihr Kampf geworden war. Der letzte Anhänger des Torms lag in einer Lache seines Blutes. Zitternd versuchte er noch zu sprechen, als ob das, was er sagen würde noch irgendeinen Wert hätte: „Seht was ihr angerichtet habt. Ihr seid mit Dämonen im Bunde…“.

Ich lachte ihn aus, denn ich wusste, dass er log. Nein, wir waren im Bunde mit der Schwertherrscherin Jiarlirae, der Herrin über Feuer und Schatten. Wir hatten Nebelgard, den Tempel des Jensehers, Unterirrling und Urrungfaust erobert, doch ich wollte mehr. Bald schon, sehr bald würde auch Fürstenbad mit meiner Herrin im Bunde sein, oder es würde brennend untergehen.​
 
Zwischenspiel 01 - Ringgeist Fraertha

Die Luft des Gemachs roch nach fluoreszierenden Tinkturen, nach den alchemischen Flüssigkeiten, die dort in den Schatten aufgebahrt waren. Für Ungewohnte mochte der Hauch abstoßend sein, zu beißend und zu fremdartig. Neire störten die Dämpfe kaum noch. Zudem musste er sich jetzt konzentrieren. Er musste seine Müdigkeit überwinden, musste sie abschütteln wie eine zweite Haut. Der junge Priester ließ für einen Augenblick seine zitternden Hände sinken und betrachtete die Dietriche, die er zwischen seinen Finger verhakt hatte. Er senkte seinen Kopf mit dem gold-blond gelockten Haar und dachte an die beiden letzten Wochen zurück. Seit der Abreise von Bargh, Zussa und Halbohr, hatte Neire seine freie Zeit in dem alten Lagerraum verbracht. Er hatte wenig geschlafen und die Pläne und Unternehmungen von Halbohr vorangebracht. Doch innerlich war Neire von Zweifeln geplagt gewesen. Er hatte die Tätigkeiten unterschätzt, die Halbohr mit seiner minutiösen Planung verfolgt hatte. Nicht nur die sture Beharrlichkeit Halbohrs hatte Neire nicht aufbringen können, sondern auch die Anweisungen und Unterredungen, die er mit den neuen Dienern Jiarliraes abhalten musste, waren ihm unangenehm. Viel lieber flüchtete er sich in den alten Lagerraum, den er langsam in ein kleines Labor umgerüstet hatte. Hier hatte er die Apparaturen aus Ortnors magischer, extradimensionaler Kammer aufgebaut, die sie vor Barghs Abreise dort herausgeholt hatten. Hier hatte er auch die drei sphärischen Gegenstände aufgebahrt, die Lyrismar Schwefelschimmer ihm vor einigen Tagen aus Urrungfaust gebracht hatte. Die Sphären waren aus Ne’ilurum, besaßen eine Käfig-ähnliche Struktur und Kristallglasverbindungen. Nur ein mattes Licht drang aus den Fenstern aus Bergkristall, die im dunklen Ne’ilurum Stahl eingelassen waren. Doch auch die Gedanken an die wundersame Bestimmung der Sphären, die Neire zu ergründen versucht hatte, waren für den Moment in weitere Ferne gerückt. Neires Aufmerksamkeit lag auf der kleinen bleiernen Tür, die er hinter einem Schrank entdeckt hatte. Sie war verschlossenen; Halbohr, Bargh und Zussa mussten sie wohl übersehen haben. Neire atmete tief ein und begann die Dietriche in das Schloss einzuführen. Er hatte die Tür bereits nach Fallen untersucht und eine giftige Nadel entdeckt. Der Schlossmechanismus war sehr alt und kompliziert. Er musste bereits von den elfischen Erbauern des Tempels konstruiert worden sein. Neire begann die Dietriche an den Kraftpunkten zur fixieren. Seine Hände waren jetzt ruhig. Als er sich sicher war, dass er genügend Halt hatte, leitete er die Bewegung ein. Das Metall der Dietriche begann sich zu spannen, das alte Schloss knirschte. Für einen Augenblick glaubte er, die Fixierung würde reißen. Doch er hatte auch Glück. Die Bewegung hakte nicht und endete schließlich mit einem Einrasten. Neire atmete aus. Sein Herz raste und er hörte seinen Puls in den Ohren. Er zog vorsichtig die Tür auf. Dahinter sah er ein kleines, etwa drei mal drei Schritt großes Gemach liegen. Die Wände waren mit Blei beschichtet. Eine dicke Schicht Staub verhinderte ein Schimmern. Dennoch drang genügend des vielfarbigen Lichtes hier hinein. Der Raum war leer, bis auf ein kleines eisernes Podest. Dort lag ein funkelnder Ring auf einem verwelkten Stück Samt. Neire schlich sich langsam näher und betrachtete seinen Fund. Der Ring war aus einem Kranz von schwarzem Opal, der über glänzendes Mithril geschoben war. Vorsichtig untersuchte Neire das Podest und den Ring nach Fallen und Flüchen. Nur als er sich sicher war, nahm er den Ring auf. Ein merkwürdiges Kribbeln floss durch seine Finger und stieg seinen Arm hinauf. Es war, als würde er ein fernes Flüstern hören. Er versuchte sich zurückzuerinnern. Er hatte schon einmal von einem solchen Ring gelesen. Es musste sich um einen der Svaerendor handeln – ein Arkefakt aus einer fernen Welt; Ringe, die okkulte, mächtige Geisterwesen an sich gebunden hatten. Neire hatte auch von einem alten Fluch gehört, doch er hatte keine direkte Gefahr verspürt. Er begann sich den Ring über den Ringfinger der linken Hand zu ziehen. Das Flüstern wurde stärker. Wie eine ferne Stimme sprach es zu ihm. Lieblich, eindringlich und flehend zugleich. Es war ein besonderer Zustand, in den sein Verstand glitt. Fast wie der, des geöffneten Geistes. Neire betrachtete das funkelnd schwarze und helle Schimmern. Er begann den Ring zu drehen. Zuerst wurde das Säuseln geringer. Dann war es plötzlich da. Ein kalter Windhauch erfüllte den Raum und silbriges Licht war zu sehen. Sein Atem kondensierte in der zuvor warmen Luft; Eiskristalle begannen sich an den Wänden zu bilden. Da war ein Gesang, wie von alten elfischen Runenliedern. Neire spürte, dass ihn etwas von hinten betrachtete. Langsam begann er sich umzudrehen. Vor den Lichtern des alchemischen Gemachs, den Steintischen und Regalen, stand die geisterhafte Gestalt. Sie war lieblich anzusehen; von bleicher Haut und silbrigem, langen, lockigem Haar. Ein Hauch von Frost war um sie herum, doch sie fröstelte nicht. Im Gegenteil. Silberne feine Ketten, an denen kleine blaue Juwelen funkelten, bedeckten Brust und Scham ihres sonst nackten Körpers. Magisch blau leuchtende Augen blickten ihn aus einem noblen Gesicht an. Hohe Wangenknochen, eine gerade Stirn und spitze Ohren charakterisierten die Schönheit ihrer übermenschlichen Symmetrie. Der junge Priester stand in diesem Moment da und betrachtete das Wesen aus einer anderen Zeit. Dann hörte er ihre Stimme.

Ringgeist: „Ihr habt mich gerufen Meister des Rings. Ich gebe mich euch hin und begrüße euch, Neire von Nebelheim, Diener von Jiarlirae.“
Neire: „Ihr… ihr dient dem Ring, Svaerendor, ist es nicht so? Wie ist euer Name Geist?“
Ringgeist: „Weise seid ihr, mein lieblicher Junge. Ihr kennet die Namen aus alter Zeit. Mein Name ist Fraertha, doch ein Geist bin ich nicht. Gebunden bin ich, fern in Raum und Zeit, doch aus Fleisch und Blut. Jetzt diene ich euch. Fragt mich, wie ich an diesen Ring gefesselt wurde und befreit mich, wenn ihr mich befreien wollt.“
Fraertha schenkt Neire ein kaltes Lächeln. Ihre langen silbernen Locken umspielen ihre nackten Hüften. Sie kommt einen Schritt näher. Ihre Augen leuchten blau.
Neire: „Wir alle dienen alle unserem Herrn. Ich diene der Schwertherrscherin, der Königin von Flamme und Düsternis, der Dame des abyssalen Chaos. Ihre Stimme sagt mir, dass ihr nicht die ganze Wahrheit sprecht, Fraertha. Sie spricht von einem Fluch der Bindung, von verborgenem Wissen. Das Verborgene treibt den Wissenden zur Erlösung des Fluchs oder in den Wahnsinn, in dem er einst vergehen wird, sollte er den Fluch nicht brechen können.“
Fraerthas Lächeln erstirbt, als Neire die Worte zischelt. Sie hebt den Zeigefinger ihrer linken Hand, als sie spricht. In der kleinen bleiernen Kammer haben sich Eiskristalle gebildet.
Fraertha: „So sagt mir Neire, was ist euer Begehr? Ich diene euch, bis ihr mich wieder in die Schatten entlasst.“
Neire: „Die alten Sagen und Mythen sprechen von drei Wünschen, die ihr mir erfüllen müsst. Doch gebunden seid ihr an den Ring. Welche Macht gewährt ihr dem Träger?“
Jetzt tritt der Jüngling näher an Fraertha heran und streicht sich die gold-blonden Locken zurück. Sein schattenhafter Umgang verbirgt seine äußeren Konturen. Das Glitzern von Sternen sowie dunkle Aussparungen von Tentakeln sind auf seiner Robe zu erkennen.

Eine Zeit hatte sich Neire mit Fraertha unterhalten und sie nach ihrer alten Zeit gefragt. Zuerst hatte sie sich gesträubt und ihm kurze Antworten gegeben. Dann hatte sie Neire nach der Rasse der Schneeelfen gefragt und Fraertha hatte ihm von ihrer vergangenen Welt erzählt. Sie hatte von Inseln ewigen Schnees im Nordmeer berichtet, von Kriegen und von der Herrschaft ihrer hohen Rasse über versklavte Menschen und Zwerge. Sie war einst eine Hexenmeisterin am kaiserlichen Hofe gewesen. Sie hatte im Blute menschlicher Jungfrauen gebadet und schlimmere Dinge getan. Sie hatte den alten Chaosgöttern gedient. Sie hatte Arioch als ihren Herrn genannt. Sie hatte die Macht der Portale in andere Welten beherrscht und war deren schwarzer Künste Herrin. Sie gewährte Neire seinen Wunsch, den er dreimal wiederholte. Seine Worte waren: „Gewähret mir Wortgewandtheit, Ausstrahlung und Einfluss.“​
 
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