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Brettspiel Tribun: Primus inter pares

Voltan

Heldenhaft
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Tribun: Primus inter pares

Klappentext:
Verneigt euch vor dem Tribun, ihr Bürger Roms. Ob reich oder arm, ob stark oder schwach, ob Patrizier oder Plebejer, hört die Worte eures Tribuns! Denn er ist einer von euch, er isst euer Brot, trinkt euer Wasser, führt euer Schwert, spricht eure Sprache und lebt euer Leben. Er ist derjenige, der euch führt und von euch geführt wird. Er ist einer von euch, doch er ist der Tribun – er ist der primus inter pares, der Erste unter Gleichen!


Manchmal muss man sich als Rezensent durch ein Spiel regelrecht quälen. Manchmal hat man aber auch Glück und man findet das Spiel selbst richtig gut. Sehr selten kommt es aber auch vor, dass man sein infantiles Dauergrinsen ohne einen operativen Eingriff einfach nicht aus dem Gesicht bekommt. Über dieses Gefühl, das ich während der gesamten Rezension von Tribun: Primus inter pares hatte, möchte ich euch hier berichten.

Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Fraktionen, wie die Gladiatoren, Plebejer, Senatoren, Legaten oder Prätorianer hinter sich zu bringen und dadurch zu mehr Macht, Gold und Einfluss zu gelangen. Auch kann man im Spiel zum Tribun aufsteigen. Doch ist das Erreichen dieses Titels nicht automatisch auch mit dem Spielsieg verbunden. Vielmehr gibt es im Spiel mehrere Siegmöglichkeiten, die durch die Siegbedingungskarten vor jedem Spiel gemeinschaftlich ausgewählt, oder per Zufall gezogen werden. Auf den Siegbedingungskarten stehen sechs unterschiedliche Siegbedingungen. Zum Beispiel könnte dort stehen: „Tribun, Gunst der Götter, 3 Legionen, 10 Lorbeeren, 5 Fraktionsmarker, 30 Sesterzen“. Gewonnen hat derjenige, der vier (bei manchen Karten auch fünf oder sechs) dieser Bedingungen erfüllt hat. Bei einigen Karten gibt es auch verpflichtende Siegbedingungen, die auf jeden Fall erfüllt sein müssen.

Doch beginnen wir mit der Spielschachtel, die optisch schon ein Leckerbissen darstellt. Ein schönes Cover prangt auf dem Karton und das Gewicht verspricht einen reichlich gefüllten Inhalt. So macht man sich mit relativer Spannung ans auspacken und wird nach dem aufpoppen des Deckels auch nicht enttäuscht.

Der Inhalt ist, gelinde gesagt, SEHR umfangreich.
In der Schachtel finden sich ein Spielplan, 100 Fraktionskarten, 26 Siegbedingungskarten und 10 „sonstige“ Karten, die als Übersicht für die Siegbedingungen und Punktewertungen fungieren. Weiterhin gibt es Dutzende von kleinen Markern, Sesterzen, Lorbeermarkern u.ä., die aus den zwei Stanztableaus vorsichtig herauszulösen sind.
Doch das ist nicht alles. Sogar zwei kleine Streitwagen befinden sich im Tableau. Sie können mit wenigen Handgriffen zusammengebaut werden und sehen danach richtig gut und hochwertig aus (Tipp: zwei Tropfen Klebstoff stabilisieren die Konstruktion). So ein Gimmick hatte ich bisher in noch keinem Spiel gesehen. Insbesondere, da in Tribun nur ein Wagen benötigt wird und der zweite damit nur als „Ersatzwagen“ dient.
Weiterhin findet man 31 Holzfiguren, eine Startspielermünze und fünf Familienbögen. Diese Familienbögen sind etwa DIN-A4 groß und in den verschiedenen Spielerfarben gehalten.

Die Qualität der genannten Elemente ist außergewöhnlich gut. Der Spielplan zeigt ein stilisiertes Rom mit mehreren Gebäuden, dem Kolosseum, Thermen, Pantheon, Siegessäule usw. Die Grafik ist wunderschön und stimmig. Man sieht Straßen voller „winziger“ Menschen, die gemütlich flanieren, an Ständen Waren kaufen, oder Ochsen hinter sich herziehen. Ein Aquädukt zieht sich über ihren Köpfen durch die Stadt und endet in den Thermen. Wirklich wunderschön gemacht und vor allem vermittelt es den Spielern gleich zu Beginn das zum Hintergrund passende Flair.
Die großen Gebäude, wie Thermen, oder Pantheon uvm., sind mit römischen Ziffern nummeriert und mit ihren Namen gekennzeichnet. Auf ihren Dächern befinden sich die Ablageflächen für die Spielkarten und die Stellplätze der Spielfiguren.
Auch die Familienbögen sind grafisch sehr schön gemacht. Jeder Spieler hat seinen Bogen während des Spiels vor sich liegen und platziert dort die gewonnenen Marker auf den dafür vorgesehenen Feldern. Außerdem befinden sich auf den Bögen auch regeltechnische Angaben, die der Spieler bei Bedarf schnell abrufen kann. So wird hier beschrieben, wie die Karten in den verschiedenen Gebäuden gezogen werden müssen und welche Vorteile man als Führer der unterschiedlichen Fraktionen besitzt.
Auch die restlichen Elemente zeugen von sehr guter Qualität und sind grafisch eine Klasse für sich. Besonders die Tribunmarker sind kleine Kunstwerke. Auf der Rückseite der kleinen Marker ist eine schöne Schriftrolle zu erkennen, während auf der Vorderseite das Gesicht eines Tribuns (der uns schon auf der Spielschachtel grimmig anblickte) zu sehen ist.
Die Sesterzen sehen, obwohl aus festem Karton, sehr echt aus. Sie sind beidseitig unterschiedlich bedruckt und vermitteln einem das Gefühl echtes Geld in Händen zu halten.

Nur die 100 Fraktionskarten stehen grafisch im Vergleich zu den anderen Elementen etwas zurück. Da hätte ich mir etwas stimmigere und farbenfrohere Karten gewünscht. Natürlich erfüllen sie ihren Zweck, sind durch unterschiedliche Farben, Zahlen und Motive auch leicht zu unterscheiden. Aber im direkten Vergleich mit den anderen grafisch hochwertigen Elementen des Spiels, sind sie doch relativ nüchtern und steril. Allerdings handelt es sich hier um Kritik auf sehr hohem Niveau!

Doch wie spielt sich Tribun? Zuerst kommt das Studium der umfangreichen Regelhefte. Es gibt eine zwölfseitige Regelbeschreibung, die reich bebildert ist und die Regeln recht umfassend und verständlich (mit vielen Beispielen) erklärt. Und eine kurze Regelübersicht, in der alle Spielphasen kurz und übersichtlich dargestellt werden. Außerdem findet man hier einige Ergänzungen und Varianten. Sehr schön ist, dass in den Regeln auch auf die wahren Begebenheiten des alten Roms eingegangen wird. So lernt der Spieler auch etwas über die echte Geschichte und den Hintergrund rund um die Plebejer, Gladiatoren und Tribune.

Wie oben schon geschrieben, muss man im Laufe des Spiels möglichst viele der sieben Fraktionen Roms für sich gewinnen, um durch sie an die benötigten Legionen, Lorbeerkränze, Fraktionsmarker, Gunst der Götter-Marker usw. zu kommen. Dabei muss man unterscheiden zwischen der Fraktionsführung, die einem Spieler in jeder Runde Vorteile und unterschiedlichste Bonis einbringt (wie z.B. zusätzliche Legionen, Karten o.ä.) und dem eigentlichen Fraktionsmarker, den man als mögliche Siegbedingung benötigt. Den Fraktionsmarker erhält man sofort wenn man eine Fraktionsführerschaft errungen hat. Diesen Marker verliert man aber auch nicht mehr. Selbst wenn im Laufe des Spiels die Führung der Fraktion an einen anderen Spieler übergeht. Nur von den Vorteilen der Fraktion profitiert man eben dann nicht mehr. Die Führung einer Fraktion hält man solange inne, wie die ausgelegten Fraktionskarten von keinem anderen Spieler überboten werden. Liegen also drei Gladiatorenkarten mit einem Wert von insgesamt 8 Punkten aus, müsste ein Gegenspieler entweder Gladiatorenkarten im Wert von 9 auslegen, oder mind. vier Karten dieser Fraktion (die dann auch einen geringeren Wert haben dürfen), um die Führung der Fraktion an sich zu reissen.
Man kann beliebig viele der vorhandenen Fraktionen anführen; WENN man die nötigen Karten dazu hat.
Letztlich gilt es mind. vier (oder mehr) der sechs Siegbedingungen als erster zu erreichen.
Das Spiel gliedert sich dabei in mehrere Phasen. Zuerst werden auf den Gebäuden die Karten ausgelegt. Dabei hat jedes Gebäude andere Ablageregeln. Auf einigen Gebäuden werden die Karten offen, auf anderen verdeckt ausgelegt. Auf einigen liegt nur eine Karte, auf anderen mehrere. Auf einigen Gebäuden kosten die Karten eine Sesterze, auf anderen drei und wieder andere muss man ersteigern.
Hier entfaltet sich das Schöne am Spiel, da jede Karte mit unterschiedlichen Regeln zu erhalten ist und dadurch immer eine gewisse Abwechslung und auch einige taktische Überlegungen garantiert sind.

Je nach Spielvariante und Spielrundengröße besitzt jeder Spieler vier bis sechs Spielfiguren, die er auf dem Spielplan verteilen darf, um an die notwendigen Karten zu kommen. Doch da die Gegenspieler dies ebenso tun, kommt es immer wieder zu Momenten, wo die Taktik noch mal überdacht werden muss.

Der schöne Streitwagen kommt in der letzten Phase zum Einsatz. Hier wird der Streitwagen zwischen den Spielern versteigert. Wer am meisten zahlt, darf diesen auf eine seiner Fraktionen stellen und sie damit in der nächsten Runde vor einer feindlichen Übernahme schützen.


Das Spiel hat mich regelrecht begeistert. Es ist nicht nur wunderschön aufgemacht, sondern überzeugt auch durch eine tolle und abwechslungsreiche Spielmechanik. Die Mischung zwischen einem Kartenspiel, bei dem man versucht mit einem guten Blatt Fraktionen zu übernehmen und auch möglichst lange zu halten, und einem Brettspiel ist überragend gut gelungen. Die Möglichkeiten im Spiel sind vielfältig und abwechslungsreich. Interaktion wird hier sehr groß geschrieben. Man hat viele Möglichkeiten seine Mitspieler zu ärgern und deren Strategie zu torpedieren.
Auch muss man immer ein gewisses Ziel verfolgen. Z.B. benötige ich um Tribun zu werden, die Führung über zwei bestimmte Fraktionen und immer eine Schriftrolle. Also heißt es zuerst, die Schriftrolle zu ergattern und dann die Führung der beiden Fraktionen anzustreben. Doch leider verfolgen die Gegenspieler auch ähnliche Ziele, oder möchten einfach den Gegner daran hindern, Tribun zu werden. So muss man also ein gutes Blatt in den Händen halten, um seine Gegner ausstechen zu können.
Natürlich spielt das Glück eine Rolle, da die Karten in jeder Runde neu und per Zufall ausgelegt werden. Da auf dem Spielbrett jedoch sehr viele Karten offen und einige auch verdeckt auswählbar sind, steht den Spielern eine recht große Auswahl zur Verfügung. Die Frage ist dann nur, ob andere Spieler ihren Spielstein schneller auf die begehrte Karte setzen, oder man bei einer Ersteigerung den Sieg erringen kann.

Wir haben Tribun zu mehreren gespielt und dabei einen richtig gelungenen Abend gehabt mit viel Spaß und auch Spannung. Aber auch zu zweit habe ich das Spiel nun schon einige Male erlebt und festgestellt, dass es auch dann noch immer funktioniert. Die unterschiedlichen Siegbedingungskarten variieren das Spiel zusätzlich und zwingen damit immer auch andere Taktiken auf. Bei Tribun muss man durchaus seinen Grips anstrengen. Man sollte vorausschauend planen und auch stets die Siegbedingungen und den Weg um diese zu erreichen im Auge behalten.
Die Spielzeit variiert je nach Siegbedingungskarte. Auf diesen ist allerdings immer eine Sanduhr in grüner, gelber oder roter Farbe abgebildet, die den Spielern damit signalisiert, ob es sich um eine kurze, mittlere oder lange Partie handelt. Man sollte, gerade am Anfang, durchaus mit 90 Minuten Spielzeit rechnen (bei grüner Sanduhr). Später sind Partien in gut einer Stunde durchaus machbar.

Ich kann das Spiel uneingeschränkt jedem empfehlen. Warum es nicht Spiel des Jahres geworden ist, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Man merkt Tribun die Liebe fürs Detail an. Zum einen in den sehr guten Spielmechanismen, die der Autor ersonnen hat. Zum anderen aber auch in der ausgezeichneten Verarbeitung des Spiels.
Für mich gehört Tribun ganz klar zu den drei besten Spielen, die ich in den letzten Jahren spielen durfte. Deshalb gebe ich Tribun auch 95% und damit verdientermaßen den goldenen Würfel der rpg-foren.

Achtung: Dieses Spiel macht süchtig!!!

Vielen Dank an den Heidelberger Spieleverlag, der die Rezension dieses Werkes ermöglichte.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Tribun: Primus inter pares

Hier noch einige schöne Bilder von Tribun:
 

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