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Sci-Fi / Fantasy Schattenpfade

sonic_hedgehog

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Nach Jahren auf diplomatischer Mission in den mittelalterlichen Königreichen des Nordens, sind die inzwischen 15-jährige Wynter Moorhawke und ihr Vater Lorcan endlich in das Königreich des Königs Jonathan zurückgekehrt. Beide hoffen hier die Ruhe zu finden, die gerade Lorcan dringend benötigt, da er auf der langen Reise ernsthaft erkrankt ist. Außerdem freut sich Wynter sehr, Alberon und Razi wiederzusehen, die beiden Söhne des Königs, mit denen sie wie eine Schwester aufwuchs. Und natürlich ihre Katzen, deren Hüterin sie vor dem Weggang war. Doch wie verändert finden sie ihre Heimat vor: In dem Land, in dem vorher Menschen gleich welcher Herkunft und welchen Glaubens friedlich und glücklich untereinander und neben Geistern und sprechenden Katzen lebten, Wissenschaft und Kunst blühten, herrschen nun Angst und ständige Intrigen. Die Katzen wurden getötet, da der König fürchtete, sie könnten Geheimnisse verraten, die Geister wurden in die Nichtbeachtung gestoßen. Sogar Alberon, der Erbe des Königs wurde aus öffentlich nicht bekannten Gründen verstoßen und die Erinnerung an ihn wird systematisch getilgt. An seiner Statt soll Razi, der uneheliche Sohn des Königs mit einer Araberin, der eigentlich zum Arzt ausgebildet wurde, den Platz des Thronfolgers einnehmen – auch gegen seinen Willen.
Wynter steht vor einem Rätsel: Warum hat sich Jonathan derart verändert? Doch gerade die neuen Umstände am Hof machen es nicht einfach, das Geheimnis um die Ereignisse zu lüften. Ständig gilt es darauf zu achten, in der Öffentlichkeit die wahren Gedanken zu verbergen, sich und seine Lieben nicht zu gefährden und nicht den Zorn des Königs auf sich zu lenken. Wynter, Razi und dessen Freund Christopher werden immer tiefer in die Ereignisse hineingezogen, bis sie schließlich vor der Wahl stehen, sich entweder den Umständen zu ergeben oder ihr Schicksal selbst in die Hand zunehmen müssen. Doch diese Entscheidung hat Konsequenzen…

Celine Kiernan, geboren und aufgewachsen in Dublin ist eine irische Autorin, die mit Schattenpfade als erstem Teil der Moorhawke Trilogie ihr erstes Buch veröffentlicht. Dieses Debüt wurde in ihrer Heimat gefeiert und in gleich 2 Kategorien (irisches Kinderbuch des Jahres & verheißungsvollster irischer Debütant) für den Irish Book Award nominiert.

Schattenpfade ist ein sogenannter "All Age Fantasy" Roman, aus Sicht des Marketings griffiger als der Begriff des Jugendbuchs, da nicht zuletzt Eragon und Harry Potter gezeigt haben, dass dieses Büchersegment eben auch für Erwachsene interessant ist.

Schattenpfade ist dabei wie für dieses Segment geschaffen: Eine 15-Jährige, nicht mehr Kind aber auch noch nicht erwachsen, wird in die Ränke des Adels verstrickt, entdeckt ein grausiges Geheimnis und reift innerhalb dieser Erlebnisse und ihrer Beziehungen.

Wichtig für einen Roman dieser Gattung ist es, für den Leser eine Möglichkeit zur Identifikation mit der Hauptfigur zu schaffen, ohne dieser dabei die Möglichkeit zu entziehen, in die Ereignisse verwickelt zu werden. Auch Kiernan versucht diesen Spagat und übertreibt es dabei etwas: Die 15 Jahre alte Halbwaise Wynter ist die Tochter eines Tischlermeisters, eines "niederen Tischlers" also, der aber gleichzeitig Mitglied der Adelsgesellschaft ist, da er in seiner Jugend das Leben des Königs rettete und seither der "Hohe Protektor" des Reiches ist. Einerseits ist sie damit eine Jugendliche aus dem Volk, ein Lehrling des Tischlerhandwerks und als solcher sehr erfolgreich - andererseits ist sie aber enge Vertraute des Prinzen Razi, da sie mit ihm und dessen Bruder als fast Geschwister aufgewachsen ist. Eine Protagonistin, die in sich nicht ganz logisch scheint, eine Schwäche, die sie aber mit vielen Hauptpersonen in Fantasyromanen teilt. Man denke nur daran, in wie vielen Romanen der Protagonist ein Jugendlicher ist, der in eine Fantasywelt gezogen wird um dort einen Fehler zu korrigieren, den zufällig sein Vater begangen hat.

Wynter jedenfalls wird in die Geheimnisse hineingezogen, die den seltsamen Wandel im Verhalten des Königs bewirkt haben, wenn auch nur langsam. Das wiederum liegt daran, dass Celine Kiernan viel Zeit darauf verwendet dem Leser Wynter vorzustellen. Ausführlich werden in personaler Erzählperspektive ihre Handlungen, ihre Gefühle beschrieben und nur langsam kommt darüber die eigentliche Geschichte in Gang. Auch hier verfolgt Kiernan einen eigentlich lobenswerten Ansatz – den Leser in blumiger Sprache an die Protagonistin zu binden und in die Welt einzuführen. Diese Sprache jedoch ist dabei mitunter so blumig, dass der Lesefluss stockt und das Auge über Satzkonstrukte wie den folgenden stolpert:
"Ihre Verblüffung bracht ihn zum Glucksen, und er krümmte sich vor Ausgelassenheit leicht zusammen."
Einfach etwas zu viel des Guten, wie auch sonst einiges etwas zu viel ist, sei es dass Pagen quasi immer ängstlich sind, die Leibwache des Königs immer bedrohlich ist oder Wynter nie etwas schlicht unangenehm kann sondern immer gleich ihre Wangen glühen müssen. So nehmen die Beschreibungen in teils betörend schöner, teils aber auch betulicher, umständlicher Spreche Seite um Seite ein und die Handlung stockt darüber.

Etwas enttäuschend auch der Umgang der Autorin mit der Beziehung des Prinzen Razi und seines Vertrauten Christopher, die über lange Seiten viele Möglichkeiten offen lässt, um dafür in der zweiten Hälfte des Romans umso heftiger die offensivste Möglichkeit zu streichen – so heftig, dass man sich die Frage stellt, ob hier Ressentiments der Leser gefürchtet wurden. Keine wichtige Szene, aber eine vergebene Chance.

Schließlich jedoch zündet die Handlung, das Tempo verschärft sich und langsam beginnt die Erzählung den Leser zu greifen – um kurz darauf in mehreren Cliffhangern zu enden.

Dies ist es auch, was es so schwer macht, ein wirkliches Urteil über den Roman zu fällen:
Für sich allein betrachtet ist Schattenpfade ein ambitionierter Jugendroman, der versucht alles richtig zu machen und dabei zu viel tut. Es dauert zu lange, bis die Handlung zu fesseln weiß und insgesamt wird zu viel zu ausführlich erzählt. Und insbesondere die Sprache schickt einen in ein wahres Wechselbad der Gefühle.
Andererseits kann man Schattenpfade nicht isoliert betrachten – man muss es auch als Auftakt zu einer Trilogie verstehen. Sollte die Autorin dabei die offenen Handlungsfäden im Folgeband rasch aufnehmen und in dem Tempo fortführen, in denen sie sie auf den letzten Seiten von Schattenpfade zu ihrem vorläufigen Ende führte, wird das Urteil deutlich milder ausfallen. Dies jedoch steht momentan noch in den Sternen – weswegen ich an dieser Stelle das obige, gemischte Urteil fällen kann.
Als Entscheidungshilfe, ob man mein Urteil teilen will, kann ich jedem nur die auf den Seiten des Verlags zum Download bereitstehende Leseprobe (*.pdf) empfehlen, in ihr finden sich auch ein Scan des gelungenen Covers, kurze Angaben zur Autorin und ein Interview mit ihr.

Mein Dank gilt dem Heyne-Verlag, der diese Rezension ermöglichte.
 
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