• RPG-Foren.com

    DIE Plattform für Fantasy & Sci-Fi Rollenspiele

    Ihr findet bei uns jede Menge Infos, Hintergründe zu diesen Themen! Dazu Forenrollenspiele, Tavernenspiele, eigene Regelwerke, Smalltalk und vieles mehr zu bekannten und weniger bekannten RPG-Systemen.

Sci-Fi / Fantasy Nachtland

Integra

Gelehrt
Beiträge
2.781
Punkte
68
Alter
47
Der Autor Jan de Leeuw wurde 1968 in Aalst in Belgien geboren. Er arbeitet als Psychologe und Schriftsteller. Nach seinem erfolgreichen Debüt mit dem Jugendbuch “Das Schweigen der Eulen” legt er mit “Nachtland”erneut einen Roman für Jugendliche vor.

Die Übersetzung aus dem Niederländischen wurde gefördert vom Flämischen Literaturfonds (Vlaams Fonds voor de Letteren) und erfolgte durch Rolf Erdorf, der für seine Übersetzungen aus dem Niederländischen schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde.

Für ein Taschenbuch überraschend ist die hohe Qualität von Druck und Papier. Man hat trotz der nur etwas mehr als 400 Seiten ein ganz ordentliches Gewicht in den Händen. Etwas irritierend wirkt jedoch die Umschlaggestaltung von Frauke Schneider. Denn obwohl sie eine ganz gute Wahl hinsichtlich des Motivs und der Farben getroffen hat, steht der Wolf auf dem Einband Kopf, der Mond hängt unter ihm. Mag sein, dass sie damit eine bestimmte Absicht verfolgt, aber letztlich führt es nur dazu, dass man fortwährend das Buch verkehrt herum greift, wenn man es wieder zur Hand nimmt.

Dem Buch voran gestellt sind zwei Zitate: Eines aus dem Buch Hiob und eines der amerikanischen Kinderbuchautorin Paula Fox. Sie stimmen mit düsterem Grundton auf die kommende, wenig fröhliche Erzählung ein.

Zwei Seiten weiter beginnt der Prolog - eine Seite, die Jan de Leeuw nutzt, um mit der visuellen Dimension der Sprache zu spielen und ein Bild aus Worten zu malen.

Danach geht es in einfacher, klarer Sprache weiter. Der Leser begleitet Niels, einen etwa zwölfjährigen Jungen, hinaus auf einen zugefrorenen See. Dort findet er auf einer Insel im Eis einen Hasen, der mit dem Vorderlauf in einem Wolfseisen gefangen ist. Niels Versuche den Hasen zu befreien scheitern, schliesslich weiss er sich nicht anders zu helfen, als dem Hasen das Bein mit seinem Taschenmesser abzuschneiden.

Schon diese erste Szene erzeugt ein beklemmendes Gefühl der Hoffnungslosigkeit, die man während des gesammten Buches nicht mehr los wird. Die unausweichliche Grausamkeit nimmt einem fast den Atem.

Wie eine kalte Dusche wirkt das nächste Kapitel, in dem Niels jüngere Schwester Emma vom Verschwinden ihres Bruders am Weihnachtsmorgen erzählt. Jan de Leeuw passt die Schrift ihrem nüchternen und scharf beobachteten Bericht an und verwendet für Emmas Kapitel im Unterschied zu Niels einen serifenlosen Zeichensatz.
Im Folgenden wechseln sich Emmas Bericht und Niels' Geschichte regelmäßig ab: ein paar Seiten Niels und weniger Seiten Emma. Bald schon wird klar, dass sich Niels' Erlebnisse nur in seinen Träumen abspielen. Denn Emmas Bruder liegt seit seiner Flucht über den See stark unterkühlt im Koma.

Dort jedoch erlebt er in seiner eigenen Welt wilde Abenteuer auf der Suche nach seinem Vater. Auf der anderen Seite des Sees angekommen, begegnet Niels Menschen und Wesen, die hauptsächlich aus Eigennutz und zumeist ausgesprochen skrupellos handeln. Einzig bei einer umherziehenden Theatergruppe findet er so etwas wie Freunde: Die mit beiden Beinen auf dem Boden stehende, toughe Maya (die immer irgendwo einen Dolch hat), bildet einen interessanten Kontrast zum verträumten Niels und rettet ihn immer wieder aus brenzeligen Situationen. Denn aus Niels' Suche wird bald eine Jagd, als die Mächte seines Traumlandes versuchen, ihn für ihre jeweiligen Zwecke einzuspannen.

Niels, Maya und die Theatergruppe geraten mehr als einmal zwischen die Fronten und müssen um ihr Leben bangen.

Während Niels im Krankenhaus liegt und mit seinen inneren Dämonen kämpft, setzen Emma und ihre Mutter alles daran, ihn wieder aufzuwecken. Dabei kommen verborgene Konflikte ans Licht und eine schreckliche Wahrheit wird enthüllt.

Für ein Jugendbuch für Leser ab zwölf Jahren ist der Roman starker Tobak. Sowohl die Geschehnisse in Niels bedrückender Traumwelt, als auch Emmas Erzählung sind zum Teil ausgesprochen grausam, die Thematik ist nicht einfach. Jan de Leeuw gelingt es jedoch eine dichte Atmosphäre aufzubauen und die Spannung kontinuirlich zu steigern, so dass es durchaus ein Vergnügen ist, das Buch zu lesen. Uneingeschränkt für Leser ab zwölf ist es jedoch nicht zu empfehlen. Da sollten die Eltern schon einen Blick zwischen die Buchdeckel werfen und lieber zweimal nachdenken, was sie ihrem Sprössling zumuten wollen.


Diese Rezension entstand in freundschaftlicher Zusammenarbeit der RPG-Foren.com und DSA-Fantasy.de - Vielen Dank auch an den Arena-Verlag.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zurück
Oben Unten