AW: Kap. 12d: Luca & Hashtet vor der Tür
Ich folgte Hashtet und setzte mich in einen der gemütlichen Sessel. Ich bin ruhiger geworden und sah nun Hashtet aus klaren Augen an. Die Ohrfeige schien mir geholfen zu haben, auch wenn Pelgram dazu keinerlei Recht besessen hatte. Doch ich wappnete mich für das, was ich nun gleich einem fast unbekannten Mann erzählen würde. Ich würde mich vor ihm seelisch ausziehen und ihm das Leben mitteilen, welches ich vor diesem hier führte.
Als Hashtet ebenfalls Platz genommen hatte, blickte ich eine ganze Zeit lang schweigend aus dem Fenster. Hashtet musste bereits das Gefühl haben, ich würde garnicht mehr anfangen, als ich plötzlich und ohne Vorwarnung begann:
"Aufgewachsen bin ich in Kroatien - meinem Heimatland - in einem Dorf namens Riviera. Es liegt nicht unweit von der Adria, und doch ziemlich im Landesinneren. Mit 14 verließ ich meine Heimat, aus bestimmten Gründen, die jetzt nichts zur Sache tun, und schlug mich irgendwie nach Frankreich durch - den Namen des Dorfes dort habe ich längst vergessen. Ich brauchte Geld, Essen, Kleider und so kam es, dass ich für einen reichen Franzosen - mit insgesamt 14 anderen Mädchen, die französische Mode präsentierte. Keine schlechte Arbeit, doch es war genauso verrucht wie die Prostituiertenszene. Wir haben kaum etwas an Gage erhalten, schlecht behandelt wurden wir auch und, all soetwas." ich blickte noch immer aus dem Fenster. "Nun, wir zogen weiter denn Monsieur Quarellé wollte mehr Profit. So kam es, dass wir nach Lissabon - Portugal zogen. Es war aufregend und doch nichts anderes als das Landleben in Frankreich." mir war klar, dass Hashtet mit den Namen nichts anfangen konnte, doch es erleichterte mir die Erzählung.
"In Portugal..." fuhr ich fort "gewährte uns Monsieur Quarellé einen Nachmittag und Abend Freiheit pro Woche. An solch einem Abend regnete es unablässig und ich suchte Schutz in einer kleinen Taverne. Vor eben dieser stand er..." ich lächelte schwach. "Pain." dann blickte ich zu Hashtet und lehnte mich zu ihm herüber um nach seiner Hand zu greifen. "Er war nicht viel älter als ich und wir verstanden uns.. von Anfang an. Es dauerte nicht lange, und da... gab es dann mehr zwischen uns als eine Freundschaft." ich holte Luft und blickte aus unsicheren Augen zu Hashtet. Bevor er etwas sagen konnte, fuhr ich fort. "Nach einer riskanten Aktion, wo er mich aus dem stummen Vertrag mit Monsieur Quarellé löste, wollten wir uns am Hafen der Stadt treffen um gemeinsam fort zu segeln. Doch es kam etwas dazwischen und ich schaffte es nicht rechtzeitig.. Pain segelte fort." ich schwieg kurz und setzte weiter an: "Es war schwer für mich das zu ertragen, und so vergingen Monate. Ich erfuhr lange nach unserem ungewollten Abschied, dass er tödlich erkrankt war." Ich ließ seine Hand wieder los. "Ich schwor mir, ihn zu suchen, ich zu finden und bei ihm zu sein, doch ich schaffte es nicht. Erst 2 Jahre später - durch Zufall - traf ich ihn wieder. Er litt durch seine Krankheit an Gedächtnisschwund und erinnerte sich nicht mehr.." mir traten die Tränen in die Augen. "Ich suchte 2 Jahre nach ihm und dann.. wo ich ihn endlich fand, war er gesund- doch er führte sein Leben, in dem ich nicht mehr existierte. " Ich ließ die Umstände der Wiederbegegnung aussen vor, und kam direkt zum Punkt. "Ich habe eine Liebe gefunden, die ich verlieren musste und erneut finden musste nur um festzustellen, dass ich vergessen wurde. Ich verließ das Haus in welchem er lebte und zog weiter." lange machte ich eine Pause und blickte erneut aus dem Fenster. Es viel mir schwer Hashtet das zu erzählen, wo ich selber nicht damit abgeschlossen hatte. "Als ich den Hafen erreichte, das Schiff bestiegen und erneut Frankreich verlassen hatte, geriet das Schiff in einen unbändigen Sturm.. Und nun sitze ich hier. Du siehst also, es ist nicht lange her, und ich ..." ich vollendete den Satz nicht sondern blickte Hashtet nur an. Ich hoffte, er würde jetzt vielleicht verstehen, verstehen warum ich zögerte, weshalb ich zur Zeit völlig neben der Spur war.
Ich hatte Angst.