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Sci-Fi / Fantasy Emergenz - Digitales Erwachen

sonic_hedgehog

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Als im August 2008 nach über einem Jahr mit dem Pegasus Spiele Verlag endlich ein neuer deutscher Lizenznehmer die Shadowrun-Bühne betrat, war klar, dass viel Arbeit vonnöten sein würde, um den Vorsprung der amerikanischen Veröffentlichungen in der Spielwelt aufzuholen.
Pegasus Spiele ist dabei auf einem guten Weg und so erschien im März 2009 auch der im englischsprachigen Raum im Juli 2007 veröffentlichte Kampagnenband „Emergenz – Digitales Erwachen“.

„Emergenz“ ist ein für die Spielwelt von Shadowrun essentieller Band, da er dafür gedacht ist, die Spieler in einer Kampagne an eine der größten Veränderungen im Zuge der Erneuerung durch die Veröffentlichung der 4. Edition heranzuführen – das Erscheinen neuer (Spieler-) Charaktere mit den sogenannten Technomancern. Schon im Grundregelwerk wurde klar, dass die Geburt der Technomancer unter Schmerzen geschah – Schmerzen für die Neugeborenen, aber auch für den Rest der Welt. Konfrontiert mit Neuem reagierte die Welt, wie sie auch schon bei der Goblinisierung oder im Zuge von Surge reagiert hat – mit Vorurteilen.

„Emergenz“ schildert nun die Ereignisse, die dazu führen, dass das Wissen um die Technomancer publik wurde, die Folgen dieser Neuigkeit, es präsentiert wichtige Organisationen und deren Reaktionen sowie eine Reihe von Abenteuervorschlägen, durch die der Spielleiter seine Gruppe durch die Ereignisse des Jahres 2070 führen kann. Der Band gliedert sich dabei in 6 große Teile – im ersten Teil wird das Aufkommen erster Gerüchte es gäbe da neue Otaku in der Matrix behandelt, im zweiten wird die Existenz der Technomancer offenbart, was im dritten Teil zu einer wahren Hexenjagd führt. Im vierten Teil schließlich erscheinen neue, unerwartete Spieler auf dem Spielfeld, was die Lage schließlich in ein labiles Gleichgewicht bringt, das in den Nachwehen der Krise zusammengefasst wird. Im letzten Teil wird schließlich beschrieben, wie all dies sich in der deutschen Welt von Shadowrun präsentiert.

Das Datum 2070 zeigt auch das Problem, das „Emergenz“ unweigerlich mit sich bringt. Es erscheint etwas zu spät. Schon im Original waren 2 Jahre zwischen Erscheinen des neuen Grundregelwerks und dem Erscheinen von „Emergence“ vergangen, die deutsche Auflage erscheint nun leider 4 Jahre später. Dies hat zur Folge, dass viele Spieler schon erfolgreich im Jahr 2072, dem Jahr des Grundregelwerks sozusagen, angekommen sind und die Ereignisse, die „Emergenz“ vorstellt, schon Vergangenheit sind. Auch dürften sich die meisten Spieler bereits eine Meinung zu Technomancern und anderen Erscheinungen der Matrix gebildet haben – was eine große Herausforderung an das Rollenspiel stellt, will man in einer Kampagne deren Neuentdeckung nachspielen. Die Tatsache, dass auch das Quellenbuch „Unwired“/“Vernetzt“ schon auf dem Markt ist (im deutschen seit April 2009) und darin die meisten Geheimnisse, die in „Emergenz“ zu entdecken sind, aufgedeckt werden, mag da ein übriges tun.

Nichts desto weniger ist „Emergenz“ eine wichtige Veröffentlichung, wenn man weiß was man damit bekommt. Der Begriff des Kampagnenbands kann dabei für jemanden, der dabei an Kampagnen wie die die im Abenteuerband „Schockwellen“ denkt, irreführend sein. „Emergenz“ präsentiert in erster Linie Shadowtalk – viel und richtig guten Shadowtalk, dann eine kurze Übersicht was wirklich geschah und schließlich Abenteuerideen. Diese anhand der Informationen auszuarbeiten liegt in der Hand des Spielleiters. Gerade der Shadowtalk wird dabei aber sehr hilfreich sein – vermittelt er doch eindrucksvoll, welche verschiedenen Reaktionen auf die Neuheiten möglich sind und wie weltweit eine solche Paranoia um sich greifen konnte. Gerade letzteres war angesichts der Präsentation der Technomancer im Grundregelwerk vielen Spielern unklar geblieben – nach Lektüre oder Erleben der Ereignisse in diesem Band sollten alle Unklarheiten beseitigt sein. Der Band schafft eine dichte Atmosphäre und kann, selbst wenn man nicht vor hat die Ereignisse zu spielen, jedem Spieler eines Technomancercharakters und jedem Spielleiter, in dessen Abenteuern Technomancer vorkommen, nur wärmstens empfohlen werden.

Schön an der deutschen Version im Vergleich zur amerikanischen ist auch, dass Pegasus Spiele auch hier ihrem Motto treu geblieben ist, Bücher nicht nur zu übersetzen, sondern aufzuwerten. Dies geschieht in diesem Fall zum einen durch die Bindung, zum anderen durch die Präsentation eigener Inhalte. So hat man bei der deutschen „Emergenz“ eben ein fest gebundenes Buch in der Hand, das nach den fast 120 Seiten des Originals noch auf knapp 20 Seiten Informationen dazu liefert, wie sich die Ereignisse um die Technomancer in der ADL bemerkbar machen. Die konsequente Weiterentwicklung der deutschen Shadowrun-Welt wird also auch hier vorangetrieben.

In der Summe bleibt anzumerken, dann "Emergenz" in meinen Augen ein gutes, wenn auch nicht unproblematisches Buch ist. Abgesehen von der Terminierung, die man dem Pegasus-Verlag kaum vorwerfen kann, liefert es für einen Kampagnenband in meinen Augen zu wenig ausgearbeitetes Abenteuermaterial. Im Buch dominiert der Shadowtalk, guter Shadowtalk zwar, aber dennoch Shadowtalk. Und auch wenn dieser einerseits viele Hinweise liefert, in welcher Atmosphäre sich Technomancer entwickeln, erinnert das Buch andererseits dadurch eher an einen Roman. Einen Roman, der fast 25€ kostet. Doch man sollte es nicht schlecht reden: Dieses atmosphärische Material hilft durchaus - sowohl Spielern ihren Technomancer glaubwürdig darzustellen, als auch Spielleitern ihre Vorstellungen vom Umbruch klarer zu definieren. Wenn diese Interesse daran haben, ihre Spieler durch die Zeit zwischen den Editionen zu führen, also durch das Wirrwarr, das nach dem Crash herrschte, als die Karten auch unter den Konzernen neu gemischt wurden, so finden sie durchaus interessante Anhaltspunkte in "Emergenz". Anhaltspunkte für die Ereignisse in einer Zeit, die geradezu nach Shadowrunnern schreit und in der die Weichen gelegt wurden für das, was in der Emergenz 2070 kulminierte.
Ein gutes Buch – für den der weiß, was er zu erwarten hat und was nicht und der das zu nutzen weiß - und trotzdem angesichts des Preises etwas unbefriedigend.
 
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