Integra
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It begins with absence and desire.
It begins with blood and fear.
It begins with a discovery of witches.
Diese Zeilen sind dem englischen Original vorangestellt und enthalten auch den Original-Titel: "A discovery of witches". Wiedermal wurde die Übersetzung mit einem völlig sinnfreien und nicht zum Inhalt passenden Titel gestraft, anstatt es beim aussagekräftigerem Original zu belassen. "Die Seelen der Nacht" – viel nächtliche Aktivität findet sich nicht: Meistens schläft die Protagonistin zu dieser Zeit... It begins with blood and fear.
It begins with a discovery of witches.
Dr. Diana Bishop ist Historikerin und hat sich auf alte alchemistische Schriften spezialisiert, denen sie in Oxford nachspürt. Dass sie einer uralten Hexenfamilie entstammt und theoretisch zaubern könnte, versucht sie zu verdrängen, seit ihre Eltern kurz nach ihrem siebten Geburtstag ermordet wurden.
Als sie Ashmole 782 in die Hände bekommt – ein Manuskript aus dem siebzehnten Jahrhundert – melden sich ihre lange unbenutzten Kräfte wieder: Das Buch ist offensichtlich magisch! Aber als Wissenschaftlerin die sie ist, untersucht sie lediglich die Aspekte, die sie für ihren nächsten Vortrag verwerten kann (Bannsprüche gehören nicht dazu) und gibt es brav wieder an die Bodleian Bibliothek zurück.
Ein paar Seiten später trifft sie schon den Vampir ihres Lebens: Charismatisch, gutaussehend, geheimnisvoll, natürlich uralt, unverschämt reich und als Upgrade ab der Mitte des Romans mit dem unvermeidlichen französischen Akzent – das volle Programm!!
Matthew Clairmont (der Vampir), Professor für Biochemie, muss sie fortan vor aufdringlichem nichtmenschlichen Gesindel schützen, dass hinter dem Manuskript her ist – beziehungsweise im weiteren Verlauf der Handlung hinter der Hexe und dem Vampir, die verbotenerweise viel zu engen Umgang miteinender pflegen.
Im Großen und Ganzen ist das eigentlich schon alles, was es zur Handlung zu sagen gibt. Ein paar Verschwörungen (Ja genau: Die Templer gibt es immer noch. Und: Es sind Vampire.), eine Handvoll schrullig-liebenswerte Charaktere und eine ziemlich neurotische Protagonistin machen das Buch nicht zu einem wirklichen Erlebnis. Irgendwie hat man dauernd das Gefühl alles schon einmal woanders gelesen zu haben.
Was Harkness' Roman aus der Menge der Vampirromane heraushebt, ist seine wundervolle Sprache. Die detailverliebten Schilderungen der jeweiligen Handlungsschauplätze (Oxford, Clairmonts Familiensitz Sept-Tours...) und die historischen Bezüge, die die Autorin herstellt machen es zu einem echten Schmöker, den man am besten – wenn man es den beiden Protagonisten gleichtun möchte – mit einem gutem Wein genießt.
Das Layout:
Es mag ja Geschmackssache sein, aber für mich ist das kitschige Cover mit den pinkfarbenen Blüten ein Griff in die große, weiße Porzellanschüssel. Was hat das bitteschön mit irgendeinem Detail des Buches zu tun? Sie taugen nicht einmal zu einem allegorischen Verweis auf den Inhalt.
Da ich den Inhalt sehr genossen habe, stößt mir das äussere Erscheinungsbild des Buches um so mehr auf. Wenn ich es nicht als Rezensionsexemplar erhalten hätte, wäre ich an einer derartigen Geschmacklosigkeit vorbeigegangen, ohne einen zweiten Blick darauf zu verschwenden!
Fazit:
Der Roman hat beträchliche Längen, über die auch nicht der wirklich lesenswerte, elegante Stil der Autorin hinwegtäuschen kann. Jedoch halten die vielen kostbaren Entdeckungen, die das profunde Spezialwissen der Historikerin auf jeder Seite bereit hält, den interessierten Leser bei der Stange, auch wenn es deutlich an Schwung fehlt. Denn dieses Buch ist zunächst nicht das, als was es uns von Blanvalet verkauft werden soll: Ein weiterer kitschiger Vampirroman - es ist viel mehr ein Buch über Bücher und über die wunderbare Stille in Bibliotheken.
Die Autorin:
Deborah Harkness wurde 1965 geboren und wuchs in einem Vorort von Philadelphia auf. Sie ist Geschichtsprofessorin an der University of Southern California in Los Angeles. Sie lebte und arbeitete vorher in Oxford und London.
Deborah Harkness fasziniert vor allem der Weltenwandel vom Mittelalter über die Renaissance bis hin zu unserer heutigen modernen Lebensweise. Sie gilt als Spezialistin für die Periode von 1400 bis 1700 und gibt Vorlesungen über die Kultur- und Geistesgeschichte der frühen Neuzeit.
Unter dem Pseudonym Dr. Debs betreibt Deborah Harkness den mehrfach prämierten Weinblog „Good Wine Under $20“.
Mein Dank geht an den Blanvalet Verlag, der die Rezension dieses Werks ermöglichte.
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