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Sci-Fi / Fantasy Der Schwalbenturm

Integra

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"Der Schwalbenturm" ist der vierte Teil der Saga um den weißhaarigen Hexer Geralt von Riva, die Andrzej Sapkowski nach dem Erfolg der Kurzgeschichtenbände (Wiedźmin - „Der Hexer“, Ostatnie życzenie – "Der letzte Wunsch" und Miecz przeznaczenia – "Das Schwert der Vorsehung") verfaßt hat.

Geralt ist als Kind einer magisch-alchemistischen Prozedur unterzogen worden, um ein mit übermenschlichen Kräften versehener Monsterjäger – ein Hexer – zu werden.
In den Kurzgeschichtensammlungen "Der letzte Wunsch" und "Das Schwert der Vorsehung" flieht er immer wieder vor dem Schicksal, das ihm das Kind Cirilla - die Enkelin Königin Calanthes – durch das Gesetz der Überraschung ("das, was du daheim findest, aber nicht erwartest") als Lohn gegeben hat. Die Bände der Geralt-Saga greifen dieses Thema wieder auf: Nachdem Nilfgaard die Nördlichen Königreiche mit Krieg überzieht und sich nach einer blutigen Schlacht auch Cintra einverleibt hat, wird die inzwischen dreizehnjärige Ciri Kriegswaise und mit dem Tod Calanthes auch Thronerbin. Geralt nimmt sie in seine Obhut und bringt sie zum Stammsitz der Hexer nach Kaer Morhen. Nach altem Brauch wird Geralts "Überraschungskind" dort in den Kampftechniken der Hexer unterwiesen. Als sich Ciris ererbtes magisches Potential offenbart, wird sie in der Tempelschule der Melitele von Geralts alter Flamme Yennefer auch in den Grundlagen der Magie unterrichtet.

Bald darauf wird deutlich, das nicht nur das mächtige Nilfgaard nach der Thronerbin von Cintra sucht, sondern buchstäblich jeder: von skrupellosen Zauberern bis zu den Geheimdiensten der zum Teil grotesk kleinen Länder der Nördlichen Königreiche.
Im vierten Band der Saga ist Ciri immer noch auf der Flucht und hat sich einer jugendlichen Bande von Räubern und Halsabschneidern angeschlossen, die auch vor übelsten Verbrechen nicht zurückschreckt. Ciris Häscher sind ihr inzwischen hart auf den Fersen und mehr tot als lebendig landet sie in einer Einsiedelei in den Sümpfen. Währenddessen sucht Geralts kleine Schar Getreuer trotz vieler Rückschläge weiter nach ihr.

Die Geschichte vom auserwählten Kind, das die Welt retten/zerstören/den finsteren Herrscher entthronen (Zutreffendes bitte ankreuzen) wird, hat wohl jeder Fantasyfan ein dutzend Male in ähnlicher Form gelesen. Nichts desto Trotz verleiht Sapkowski diesem abgekauten Sujet eigenes Flair, das in meinen Augen vor allem aus seinem literarischen Geschick und seiner sprachlichen Gewandtheit erwächst. Schnelle Wechsel der Erzählperspektive – wie Schnitte in einem Actionfilm – erhöhen Spannung und Tempo, verlangen dem Leser jedoch eine Menge Konzentration ab.
Die pointierten Dialoge strotzen vor phantasievollen Obszönitäten, die zahlreichen Kämpfe sind präzise, schnell und außerordentlich blutig beschrieben. Die Entwicklung der kleinen Prinzessin mag den Leser der üblichen All-Age-Fantasy schockieren – aber sie ist in Sapkowskis düster schillernder Welt zwingend.

Es gibt hier kein klassisches Gegeneinander von Gut und Böse – nur sehr ausdifferenzierte Protagonisten mit nachvollziehbaren Motiven, die mehr oder minder skrupellos ihre Ziele verfolgen.
Insgesammt ist auch dieser vierte Band wieder gewohnt herausragende Fantasyliteratur vom "König der polnischen Fantasy". Ich meine, es würde Sapkowski beleidigen, vergliche man ihn mit Tolkien - erfrischender, schärfer, mitreißender habe ich selten ein Buch erlebt!

Der Autor:

Andrzej Sapkowski wurde 1948 in Lodz geboren, wo er bis heute lebt und wo er 2008 die Ehrenbürgerschaft erhielt. Er studierte Außenhandel an der Universität Lodz und arbeitete als Betriebswirt.
Inzwischen ist er Literaturkritiker und Schriftsteller. Sein Fantasy-Zyklus über den Hexer Geralt erreicht weltweit Millionen-Auflagen und wurde mit dem Literaturpreis der wichtigsten polnischen Wochenzeitung "Polityka" ausgezeichnet. Höchst erfolgreich ist auch seine Trilogie historischer Romane um den schlesischen Medicus Reinmar von Bielau: "Narrenturm", "Gottesstreiter" und "Lux perpetua".

Mein Dank geht an den dtv-Verlag, der die Rezension dieses Werks ermöglichte.
 
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