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Sci-Fi / Fantasy Die Dame vom See

Integra

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"Die Dame vom See" ist der fünfte und letzte Roman der Geralt Saga (Krew elfów - Das Erbe der Elfen – 1994, Czas pogardy - Die Zeit der Verachtung – 1995, Chrzest ognia - Feuertaufe – 1996, Wieża Jaskółki - Der Schwalbenturm – 1997 und Pani jeziora - Die Dame vom See – 1999).

Dieser Abschlußroman macht es dem Leser nicht einfach, ist geradezu widerpenstig. Er braucht Zeit – was weniger den 640 Seiten geschuldet ist – sondern vor allem an der komplizierten Erzählstruktur liegt, die Herr Sapkowski gewählt hat. Was man schon von den Vorgängerromanen gewohnt war, ist hier auf die Spitze getrieben: Er verschachtelt Rahmenhandlung in Rahmenhandlung in Rahmenhandlung bis der Leser beinahe verzweifelt. Überdies hält er mühelos ein ganzes Bündel Handlungsstränge, ein Schock Protagonisten (neue, alte, wiederkehrende) und wechselt munter die Erzählperspektiven, Orte, Zeiten, Universen.

Er beginnt mit: Ciri. Das Kind der Vorsehung, Träger des Älteren Blutes, Prinzessin und gefährliche junge Frau entkam ihren Häschern im letzten Band durch ein selbstgeschaffenes Portal im Schwalbenturm. Nun erzählt sie dem jungen Ritter Galahad am Ufer eines Sees ihre Geschichte.

"Diese Geschichte... sieht mir immer mehr nach einer aus, die keinen Anfang hat. Ich bin mir auch nicht sicher, ob sie wirklich schon zu Ende ist. Denn du musst wissen, dass sich Vergangenheit und Zukunft schrecklich verflochten haben."

Weiter geht es mit den beiden Zauberinnen Nimue (taucht als kleines Mädchen in "Feuertaufe" in einem kurzen Abschnitt auf) und Condwiramurs, die in ihrem Turm der Geschichte von Geralt und Ciri nachgehen, in Bildnissen, Sagen und Legenden nach der letzten Wahrheit suchen. Condwiramurs nutzt dabei ihre Fähigkeit zum Wahrträumen, um die offen gebliebenen Fragen in den Geschichten zu ergründen.

"Wie endete die Geschichte von Geralt und Ciri? Das wusste doch jeder.
Sie blickte auf ein in dunklen Tönen gehaltenes Aquarell, das einen unförmigen Kahn darstellte, der über die Fläche eines dunstverhangenen Sees glitt, einen Kahn, den mit einer langen Stake eine Frau vorantrieb, die nur als schwarzer Umriss zu sehen war."

Im nächsten Kapitel schließlich, kommt endlich der Hexer selbst zu Wort, als er während des Yulefestes dem Ritter Reynart berichtet, was er und seine Gefährten (Angoulême, Milva, Cahir und Regis) den Winter über in Toussaint erlebt haben. Diese Episoden lesen sich wieder unbeschwert, leicht und erinnern an längst vergangene Hexer-Geschichten aus "Der letzte Wunsch". Wie ganz zu Beginn darf Geralt wieder das tun, was er am besten kann: Monster jagen und eine Zauberin lieben (mit spektakulärem Engagement in einer Bilbiothek...).

Nach dieser letzten Atempause geht es dann Schlag auf Schlag: Die Ereignisse überstürzen sich als der Krieg gegen Nilfgaard in der Entscheidungsschlacht von Brenna mündet, die Handlungsstränge kreuzen sich, liebgewordene Charaktere sterben sinnlose Tode.

Als Ciri nach fast endloser Irrfahrt Yennefer und Geralt wiederfindet, ihre Albtraumgegner Vilgefortz und Bonhart besiegt, glaubt man erst an ein Happy End, als Nilfgaards Kaiser Emhyr eintrifft an das Gegenteil. Aber Sapkowski bleibt sich treu: Die Wendungen der Geschichte bleiben unvorhersehbar...

Fazit:


Schwierig zu lesen, nicht leicht zu verarbeiten und noch schwerer zu beurteilen. Wer mit dem Hexer nichts am Hut hat, wird den letzten Band der Reihe nicht lesen. Wer bis dahin durchgehalten hat, ist ihm sowieso verfallen und wird dieses Buch verschlingen.
"Die Dame vom See" ist möglicherweise nicht der gelungenste der Hexer-Romane – spielt aber immer noch wenigstens zwei Ligen über dem Großteil der zeitgenössischen Fantasy-Literatur.

Der Autor:


Andrzej Sapkowski wurde 1948 in Lodz geboren, wo er bis heute lebt und wo er 2008 die Ehrenbürgerschaft erhielt. Er studierte Außenhandel an der Universität Lodz und arbeitete als Betriebswirt.
Inzwischen ist er Literaturkritiker und Schriftsteller. Sein Fantasy-Zyklus über den Hexer Geralt erreicht weltweit Millionen-Auflagen und wurde mit dem Literaturpreis der wichtigsten polnischen Wochenzeitung "Polityka" ausgezeichnet. Höchst erfolgreich ist auch seine Trilogie historischer Romane um den schlesischen Medicus Reinmar von Bielau: "Narrenturm", "Gottesstreiter" und "Lux perpetua".

Mein Dank geht an den dtv-Verlag, der die Rezension dieses Werks ermöglichte.
 
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