Sci-Fi / Fantasy Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

[sonic_hedgehog]

Ein Buch, das mir letztens in der Buchhandlung meiner Wahl in die Hände fiel und das ich mir nach den ersten zwei Seiten gleich kaufen musste. Und das zurecht:

Allen Karlsson, Bewohner eines Altenheims, hat heute eigentlich seinen großen Tag - er wird 100 Jahre alt. Allerdings hat Allen nicht die geringste Lust, sich den Stress dieser Feier anzutun, weswegen er kurzentschlossen aus dem Fenster steigt und verschwindet - noch nicht ahnend, welchse Chaos er damit auslöst.

Man möchte meinen, er hätte seine Entscheidung etwas früher treffen und seine Umgebung netterweise auch davon in Kenntnis setzen können. Aber Allan Karlsson war noch nie ein großer Grübler gewesen.
Entsprechend war der Einfall auch noch ganz frisch, als der alte Mann sein Fenster im Erdgeschoss des Altersheims von Malmköping, Sörmland, öffnete und in die Rabatte kletterte.

So beginnt der Roman von Jonas Jonasson und stellt damit auch gleich klar, welchen Stil der Leser zu erwarten hat.

Allen Karlsson jedenfalls beschließt, dem Altersheim den Rücken zu kehren und loszuziehen - vorerst ohne Ziel. Am Busbahnhof angekommen, beschließt er den erstbesten Bus zu nehmen. Im Wartesaal trifft er einen nicht gerade sympathischen jungen Mann, der ihn "bittet", einen Augenblick auf dessen Koffer achtzugeben. Dann jedoch fährt der Bus ein.

Allan warf erst einen Blick auf den Bus und dann auf den Koffer, dann wieder auf den Bus und dann noch einmal auf den Koffer.
"Er hat ja Rollen", sagte er zu sich. "Und so einen Griff zum Ziehen hat er auch."

Und so kommt es, dass Allen ganz spontan den Koffer mitgehen lässt - ohne zu ahnen, dass dieser nicht etwa Kleider enthält. Und so steht binnen Kürze nicht nur auf den Fahndungslisten der Polizei, sondern auch auf der wesentlich unfreundlicherer Gesellen.

Jonas Jonasson legt mit diesem Roman einen furiosen Erstling hin. Es ist eine Lügengeschichte sonders gleichen, die nebenbei die Geschichte des gesamten 20. Jahrhunderts durch den Kakao zieht. Allens Flucht in der Gegenwart und die Geschichte seines Lebens, die in Einschüben erzählt wird, stehen sich in nichts nach - Allen erlebte nicht nur Geschichte, er gestaltet sie auch. Wie im Slapstick stolpert von Absurdität zu Absurdität - rettet Franko das Leben, speist erst mit Truman, dann mit Stalin, überlebt Bali und das Gulag, haarstäubend und irrsinnig komisch. Dabi ist der Roman in keinem Moment plump, sondern stets auf eine feinsinnige Art amüsant.

Dieses Buch ist meine Empfehlung für den Herbst - auch wenn es beileibe kein Fantasy/SciFi ist.

Eine Leseprobe findet ihr hier: Random House