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Sci-Fi / Fantasy Das letzte Einhorn und Zwei Herzen

sonic_hedgehog

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Ebenfalls zum Jubiläum der Hobbit Presse neu aufgelegt ist einer der wohl bekanntesten Fantasyromane – Peter S. Beagles „Das letzte Einhorn“, im Original 1961 erschienen. Klett Cotta verlegt den Roman in dieser Auflage gemeinsam mit der 2006 erschienen Kurzgeschichte „Zwei Herzen“, in der Peter S. Beagle einen Teil der Geschichte zu einem würdigen (?) Ende führt.

Die Geschichte des letzten Einhorns ist den meisten von uns wohl bekannt, vermutlich aus dem Zeichentrickfilm. Nun soll dieser nicht das Thema dieser Rezension sein, man muss aber erwähnen dass für das Buch zu einem Problem werden kann. Auch wenn die Verfilmung in Zusammenarbeit mit dem Autor geschah und schön ist, speist sie doch Bilder und Gedanken in den Kopf des Lesers, die dessen eigene Phantasie beschränken. Oder um es anders zu sagen, es fällt mitunter schwer, während der Lektüre nicht das Lied von America im Kopf zu haben. Dabei geht das Buch wie in den meisten Fällen weit über den Film hinaus – nicht was die Geschichte angeht, sondern was die Charaktere betrifft.

Doch zurück zur Geschichte:
In einem Wald lebend bemerkt ein Einhorn, dass die Menschen die Existenz der Einhörner vergessen haben da diese offensichtlich alle, bis auf es selbst, verschwunden sind. Besorgt bricht es auf, um den Verbleib seiner Artgenossen zu erforschen, wird gefangen, befreit und erfährt schließlich, dass anscheinend König Haggards Roter Stier alle Einhörner gefangen hat. Gemeinsam mit Schmendrick, dem unbegabtesten Zauberer aller Zeiten und Molly Grue erreicht es Haggards Land und begegnet dem Roten Stier – und hält diesem nicht stand. In höchster Not verwandelt Schmendrick das Einhorn in einen Menschen – ohne in der Lage zu sein, diesen Zauber auch wieder umzukehren. Da der Rote Stier jedoch Menschen ignoriert lässt er sich täuschen. So erreichen die drei Protagonisten das Schloss und werden willkommen geheißen. Jedoch kommt es, wie es kommen muss, wenn ein unsterbliches Wesen in die Haut eines Menschen gezwungen wird – das Einhorn verliert sich, verliebt sich in Prinz Lír (und er sich in die schöne Frau) und vergisst den Grund seiner Suche. Nur in der Zusammenarbeit aller Beteiligten kann es jetzt noch gelingen, das Rätsel zu lösen und dem Schicksal zu seiner Erfüllung zu verhelfen.

Die Geschichte ist eine Parabel über den Sieg des Schönen und Guten über Gewalt und Zerstörung, darüber dass Habgier und Reichtum nicht glücklich machen und dass auf Bösem nichts Gutes wächst. Dabei ist der Roman aber nicht eindimensional und malt seine Welt rein schwarz-weiß, sondern besticht durch liebevoll gezeichnete, skurrile Charaktere, viele Anspielungen und einen guten Schuss Selbstironie. Die Charaktere repräsentieren alle typischen Stereotypen einer Fantasywelt, den heldenhaften Prinzen, den Zauberer, den bösen König, gehen jedoch weit über diese hinaus. Denn selbst die Besten haben ihre Fehler und selbst dem mächtigsten Magier sind Grenzen gesetzt. Dank ihrer unsterblichen Natur sind die Beweggründe eines Einhorns mit denen Sterblicher nicht zu vergleichen und weder kann ein unsterbliches Wesen in Gestalt eines Sterblichen wirkliches Glück finden, noch umgekehrt – und schon gar nicht können sie sich wirklich verstehen. Und auch wenn in Beagles Welt das Gute letztendlich siegen muss, weil dies zum Wesen des Guten gehört, verbleibt die Frage, zu welchem Preis dieser Sieg errungen wird. Peter S. Beagles Sprache ist einfach aber poetisch und assoziativ in ihren stimmungsvollen Beschreibungen – auch deswegen entfaltet das Buch seine eigene Magie und ist auch nach 48 Jahren noch eine Bereicherung für jeden Bücherschrank – eine Bereicherung die jeder Fan des Genres einmal in Buchform genossen haben sollte.

Vervollständigt wird der Band durch Beagles Hugo-Award gekrönte Erzählung „Zwei Herzen“, die aus der Ich-Perspektive erzählte Geschichte der kleinen Sooz, dessen Dorf von einem Greif bedroht wird und die sich aufmacht, die Hilfe des Königs Lír zu erbitten. Auf der Reise trifft sie nicht nur auf Schmendrick und Molly, sie bewirkt auch, dass Lír, dessen Herz immer noch an Amalthea, dem Einhorn hängt, sein Schicksal findet.

Der Charme dieser Geschichte liegt nicht nur darin, dass sie das offene Schicksal Lírs zu einem Ende führt und erneut die Welt der Einhörner zum Leben erweckt, sondern auch in der Erzählperspektive aus den Augen einer Neunjährigen, die unwissentlich Großes anstößt und zugleich die Regeln ihrer Welt kennenlernt. Dies und der erneut liebevoll amüsante Tonfall Beagles machen die Geschichte zu einem, wenn auch mit 53 Seiten kurzen Genuss.

Wie bei den meisten Büchern aus dem Haus Klett-Cotta ist auch hier die Gestaltung des Buches weitestgehend gelungen. Gebunden mit Schutzumschlag auf griffigem Papier mit gutem Weißgrad und geringer Spiegelung, in guter Übersetzung von Jürgen Schweier (und im Fall von Zwei Herzen von Cornelia Holfelder-von der Tann) lässt es sich auch dank des guten Satzes sehr angenehm lesen. Die zu Kapitelbeginn verwendeten Kapitale runden das gelungene Bild noch zusätzlich ab. Da ist man auch geneigt, das Titelbild als lässlichen Fehler zu betrachten: Zwar ist es schön gearbeitet und durchaus stimmungsvoll, widerspricht jedoch ausdrücklich schon der ersten Seite des Buches: „Es hatte keine Ähnlichkeit mit einem gehörnten Pferd, wie Einhörner gewöhnlich dargestellt werden“. Eine Vorgabe, die jedoch in allen mir bekannten Auflagen ignoriert wurde…

Peter S. Beagle wurde 1939 in New York geboren und lebt heute in Oakland, Kalifornien. Das letzte Einhorn ist zweifellos sein bekanntestes Werk und er zeichnet sich auch für das Drehbuch für den wahrscheinlich noch bekannteren Zeichentrickfilm verantwortlich. Sein Gesamtwerk umfasst verschiedene fiktionale und faktuale Bücher, Drehbücher, aber auch Musikstücke.

Einen Eindruck des Buches und Beagles Erzählweise kann man wie immer auf den Seiten der Hobbitpresse erhalten, wo sich auch weitere Informationen zum Autor und seinen weiteren Werken finden.

Diese Rezension entstand in Zusammenarbeit von das-fantasy.de und den rpg-foren.com – ich danke dem Klett-Cotta-Verlag!
 
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