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sonic_hedgehog

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DARLAH 2 ist eine Raumstation, die in den 70er Jahren parallel zu den letzten Mondmissionen auf dem Mond errichtet wurde, aber (aufgrund von Mittelstreichungen) nie publik gemacht oder verwendet wurde. 2012 ist das Jahr, in dem sich das ändert. Ungeachtet in inneren Kreisen geäußerter Bedenken beschließt ein Gremium aus NASA- und Regierungsvertretern die Rückkehr zum Mond, eine Rückkehr, die der PR wegen nicht nur mit ausgebildeten Astronauten erfolgen, sondern auch von drei in einer Lotterie ermittelten Jugendlichen begleitet werden soll.
Der PR-Coup gelingt – im Zuge des weltweiten Weltraumfiebers fließen die Gelder für die Finanzierunug und es bewerben sich Millionen von Jugendlichen (mehr oder weniger freiwillig) für die Mission. Schließlich werden Mia aus Norwegen, Antoine aus Frankreich und Midori aus Japan als die Glücklichen ermittelt. Alle drei hegen unterschiedliche Hoffnungen als sie schließlich zur Ausbildung in die USA reisen, aber sie ahnen nicht, dass die NASA noch nicht einmal der Crew verraten hat, welche Gründe neben Geldmangel noch zum Abbruch des Mondprogramms beigetragen haben und welche Gefahr sie in Wahrheit auf dem Mond erwartet…

Johan Hardestad, geboren 1979 in Stavanger, studierte Literaturwissenschaften und lebt heute in Oslo. Neben mehreren Kurzgeschichten und Romanen veröffentlicht er auch Theaterstücke und arbeitet unter anderem als Grafikdesigner. Sein literarisches Werk wurde mit mehreren norwegischen Literaturpreisen ausgezeichnet, das hier besprochene Darlah beispielsweise mit dem von der Stiftung Den norske Bokprisen vergebenen Brage-Preis ausgezeichnet. Ins Deutsche übertragen wurde das Buch durch Gabriele Haefs, die ebenfalls mehrfach für ihre Übersetzertätigkeit ausgezeichnet wurde.

Ihm ist, das sei gleich festgehalten, mit Darlah ein spannendes Buch für ältere & etwas hartgesottene Jugendliche gelungen. In einer, wie der Autor selbst im Anhang zugibt, Hommage an diverse Scifi-Horror-Filme & -Bücher verwebt er ungeklärte Phänomene wie das Wow-Signal, europäische und japanische Geistergeschichten sowie klassische Verschwörungstheorien zu einem packendem Ganzen. Die Anleihen beispielsweise an die Alien-Reihe, Solaris und The Abyss sind offensichtlich, stören aber nicht, da die Geschichte an keiner Stelle wie ein Plagiat wirkt, sondern einen eigenen Geist hat.

Ungewöhnlich ist auch, dass Harstad sich im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen nicht mit einer knappen Darstellung seiner Protagonisten begnügt, sondern der Einführung seiner jugendlichen Helden und deren Leben fast die Hälfte des Buches widmet. Dabei hat man zwar kurzzeitig das Gefühl, er würde sein Ziel etwas aus den Augen verlieren, insbesondere da er den größten Teil damit verbringt, die Charaktere einzeln in ihrer heimatlichen Umgebung vorzustellen, das Kennenlernen der drei Jungendlichen im Zuge des NASA-Trainings äußerst knapp abhandelt. Am Ende dieses jedoch schön geschriebenen und amüsant zu lesenden ersten Teils erhält der Leser jedoch größtenteils schlüssige Charaktere mit Stärken und Schwächen, mit denen man zittern kann, muss sich aber andererseits mit einem etwas klischeehaften Beziehungsgeflecht unter den Protagonisten abfinden, was aber der Geschichte nicht schadet.

Der Gefahr während dieses ersten Teils die Spannung der Geschichte zu verlieren begegnet Harstad durch die Gestalt Herrn Himmelfarbs, eines schwer dementen ehemaligen Wachtmeisters von Area 51. In dessen kaum noch vorhandenen Geist bahnen sich angesichts der Bilder der geplanten Mondmission schreckliche Erinnerungen einen Weg an die Oberfläche, ohne dass er wirkungsvolle Warnungen aussprechen könnte. Die Andeutungen jedoch lassen auch die anderen Vorzeichen noch bedrohlicher erscheinen.

Mit dem Start der Mission erreicht die Geschichte einen Wendepunkt und das Erzähltempo zieht deutlich an – das Buch wandelt sich in einen echten Page-Turner, das nach Abbruch der Kommunikation mit der Erde und einem Stromausfall den Puls nach oben treibt. Das subtile Gefühl der Bedrohung wird greifbar und spätestens wenn die ersten Todesfälle geschehen, will man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Doch wie heißt es: „Im Weltraum kann dich niemand schreien hören!“

Harstad webt eine spannende aber nicht immer voll befriedigende Geschichte:
Unklar bleibt z.B., warum er zwar mit den Talking Heads eine reale Band als Faszinosum für Mia einführt, bei zeitgenössischen Bands aber nicht reale Bands mit sprechenden Namen wie „The Hold Ons“ wählt; die Umbennenung der norwegischen Band Modan Garu in Modern Garu ist aber wohl eher der Übersetzerin zuzurechnen. Dies aber nur am Rande, bis auf ein, zwei Stellen scheint mir die Übersetzung routiniert und gelungen.
Kleinere, vermutlich ebenfalls in der Tradition genannter Hollywoodfilme stehende Logikfehler (Warum beispielweise ist der Wartungszugang zum Generatorraum der Raumstation nur von außen zu erreichen?) verzeiht man dem Autor, insbesondere da er am Ende doch nicht in die klassische Falle der Hollywoodfilme tritt.
Etwas schwerer fällt das bei der teils klischeehaften Verwendung spannungserzeugender Elemente. So zum Beispiel dass die Geschichte um den dementen Herrn Himmelfarb nur scheinbar Hoffnung für die Protagonisten birgt, aber bis zum Ende vollkommen getrennt von der eigentlichen Handlung ist. Oder dass der Brief von Mias behinderten Bruders, der angesichts der Mystizität der Geschichte durchaus hätte warnen können, letztlich vergessen zurück bleibt. So ist keines der Vorzeichen deutlich genug um einen Umschwung in der Geschichte zu ermöglichen und beschränken sich auf Scheinhoffnungen.
Damit steht das Buch ebenfalls in der Tradition einschlägiger Genrefilme, wie es das auch in seiner filmischen Erzählweise tut. Harstad will das Mysterium und Grauen nicht ergründen, er will es erleben lassen. Ein Wagnis, dies in Buchform zu versuchen, aber eines das gelingt.

Am Ende bleibt ein spannendes Buch für Jugendliche, das auch ich als Erwachsener mit Genuss gelesen habe; ein Buch das bei weitem nicht perfekt ist, sich aber wohltuend von den sonst in letzter Zeit das Genre beherrschende Vampirschnulzen und Zauberschülern abhebt. Wer sich gerne gruselt sollte zugreifen!

Leseprobe gefälllig? Hier! Ich danke dem Deutschen Taschenbuch Verlag für die Überlassung des Rezensionsexemplars.
 
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