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Sci-Fi / Fantasy New World - Das Dunkle Paradies

Luzifer

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New World – Das dunkle Paradies ist die Fortsetzung der Jugendbuchreihe von Patrick Ness um den neu besiedelten Planeten New World, ihre Einwohner, welche die Gedanken eines jeden anderen (männlichen) Bewohners und deren Ureinwohnern – den Spackle - hören können und um den Krieg. Im Original nennt sich die Reihe „Chaos Walking“ und ist als Trilogie geplant.

Todd und Viola haben versagt. Sie flüchteten voller Hoffnung in die einzige freie Stadt Haven. Er, der Junge aus Prentisstown – dem Dorf voller Männer, die eine Armee bildeten um den Rest von New World zu unterjochen. Sie, das Mädchen von der Erde, abgestürzt mit dem Raumschiff ihrer Eltern, um ebenfalls – aber friedlich - den Planeten neu zu besiedeln. Beide, gemeinsam auf der Flucht vor der Armee, in deren Verlauf sie sich immer wieder gegenseitig retten mussten.
Die vermeintliche Rettung in Haven war aber keine. Dort wartete schon Bürgermeister Prentiss, der sich kurzerhand zum Präsidenten ausrufen lief. Seine Armee gab ihm die Macht und die Bewohner von Haven bzw. New Prentisstown gaben die Stadt ohne Kampf auf, aus Angst vor einem neuen Krieg.

Todd und Viola werden getrennt. Sie wird in ein Haus der Heilung gebracht, mitten unter andere Frauen – starke Frauen, in dem sie gepflegt wird, aber auch verhört.
Todd wird einesperrt und lernt Bürgermeister – nenn mich Präsident – Prentiss von einer ganz anderen Seite kennen. Denn wie es scheint muss Todd schon wieder lernen, dass die Wahrheit über den Planeten und seine Geschichte, die er sich auf der Flucht nach und nach zusammen reimen konnte, doch nicht so lückenlos ist, wie er es sich dachte. Waren die Frauen doch nicht nur die Opfer? Waren sie vielleicht sogar selbst daran beteiligt, dass es einen Krieg zwischen ihnen und den Männern gab, die beinahe mit ihrer Auslöschung endete?

Viola lernt die Antwort kennen. Aber nicht die Antwort auf alle ihre Fragen, sondern eine Untergrundorganisation, namens „Die Antwort“, die eine ganz eigene Version der Geschichte kennt und ihre eigene Wahrheit vertritt. Und all die Erfahrung ist überschattet von der Frage, ob es Todd gut geht – der sich wiederum fragen muss, ob Viola noch am Leben ist.

Beide Parteien – Bürgermeister und Terroristen – haben ihre eigene Sicht der Dinge, die aus dem Moment heraus betrachtet durchaus nachvollziehbar zu sein scheint, während die andere Seite immer ferner abrückt. Todd und Viola werden müssen sich entscheiden, welcher Wahrheit sie sich anschließen. Die Frage bleibt dabei, ob sie sich dann überhaupt noch für einander entscheiden können. Und wieso besitzt der Bürgermeister - äh... Präsident - eigentlich keinen Lärm?


Kompromisslos spannend führt Patrick Ness die Ereignisse um den Jungen Todd Hewitt auf seinem chaosreichen Weg zum Erwachsenwerden weiter. Er setzt dabei nahtlos an die Geschehnisse aus dem ersten Teil “ New World – Die Flucht“ an. Durchgehend erwartet den Leser die Frage, was mit den beiden Hauptprotagonisten, Viola und Todd, passieren und wie sich die Geschichte entwickeln wird.

Neu ist beim dem „Dunklen Paradies“, dass nicht nur die Gedankenwelt von Todd auf gewohnte Weise, mit seinem
Lärmund dem Zwiegespräch mit sich selbst (bzw. dem Leser als heimlichen Lauscher seiner Gedanken), dargestellt wird. Die Kapitel sind mal in seiner Sicht geschrieben und mal aus der Sicht von Viola.
Dieser ständige Wechsel der Perspektive stellt hervorragend den mehrfachen Blickwinkel auf die Wahrheit dar. Als Leser kommt man so der unumstößlichen, der wirklichen Wahrheit immer ein Stück näher, während man mit verfolgen darf, wie Todd und Viola vielleicht geblendet werden vom Manipulator Bürgermeister – Verzeihung – Präsident Prentiss, oder der durchtriebenen Anführerin der „Antwort“. Und dann steckt man irgendwann genauso zwischen den Stühlen wie Viola und Todd und weiß nicht mehr, was die Wahrheit ist und was Lüge. Verführerisch ist beides und lässt den Leser die Seiten auf der Suche nach der ultimativen Antwort in Windeseile verschlingen.

Nach wie vor nutzt der Autor zur Versinnbildlichung der Gedanken der männlichen Bewohner, des Lärms, eine Formatierung der Schrift. Hinzugekommen ist, dass die Kapitel aus Sicht von Viola in einer anderen Schrift geschrieben sind. Simpel und doch bestechend wird so nochmal deutlich der zweite Blickwinkel hervorgehoben. Ein intelligenter und effektreicher Kniff.

Die Sprache des Buches ist nach wie vor jugendlich gehalten. Aber man merkt dennoch, dass sie im Vergleich zum ersten Teil erwachsener geworden ist, genauso wie Todd selbst. Mit verzwickten, komplizierten und verschachtelten Sätzen wird Patrick Ness in „Das dunkle Paradies“ nicht dienen. Sie sind kurz. Prägnant. Einfach gehalten. Keine besonderes ausgeprägte sprachliche Tiefe, aber dafür genau abgestimmt auf die jugendliche Leserschaft und insbesondere passend zu den beiden jugendlichen Erzählenden.

Hochgradig packend ist mit anzusehen, wie langsam, schleichend, aber doch fortschreitend die Manipulation Todd, wie aber auch Viola, Dinge tun lässt, die sie eigentlich nicht tun wollen. Psychologisch sehr interessant sind diese kleinen Schritte gesetzt, die beide jeweils einen Weg in entgegen gesetzte Richtungen einschlagen lassen. Und beide sind sich darüber im Klaren. Und dennoch sind sie aus der Situation heraus geboren, in diesem Moment die vermeintlich richtigen Entscheidungen.

Wie vermeintlich richtige Entscheidungen zu Missverständnissen führen können. Und wie Missverständnisse zu unüberwindlichem Hass hinüber gleiten und im Krieg enden können, zeigt dieser Roman auf spannendende , intelligente, pointierte und interessante Art und Weise, verpackt mit Science-Fiction-Elementen. Das Einzige, was man Patrick Ness vorwerfen kann, ist das Ende des Buches: es erwartet den Leser wieder ein Cliffhanger, wie auch schon bei Teil 1. Die erhoffte Auflösung lässt auf sich warten. Was man ihm wirklich dabei vorwirft, ist die Tatsache, dass der dritte und finale Teil erst 2010 unter dem englischen Originaltitel „Monsters of Men“ erscheinen wird und man sich bis dahin mit seinen Fragen gedulden muss.

Der Roman erscheint als Hardcover mit Schutzumschlag, der farblich passen an dem ersten Teil angelehnt ist, so dass es im Buchregal hervorragend daneben aussieht. Die stierenden Augen sind ebenso wieder vorne auf dem Cover und als Silhouetten diesmal ein rennendes Pärchen. Die 573 Seiten sind übersichtlich gestaltet mit einer angenehmen Schriftgröße.


Über den Autor

Patrick Ness wurde 1971 als Sohn eines Ausbilders der US-Army in Virginia in den Vereinigten Staaten geboren, wuchs dann aber in Hawaii und später im Staat Washington auf. Er studierte Englische Literatur an der Universität von Südkalifornien und wurde dann Werbetexter bzw. Texter für Formschreiben für eine Kabelfirma. Die Erstellung von Gebrauchsanweisungen gehörte ebenfalls zu seinem Repertoire. Heute unterrichtet er gelegentlich Kreatives Schreiben an der Oxford Universität und fertigt Rezensionen für die britische Tageszeitung „The Guardian“.
New World – Die Flucht“ war sein erster Jugendroman. Zuvor veröffentlichte er neben einer Prosageschichte 1997 im Schwulenmagazin „Genre“ die Romane „The Crash of Hennington“ (Flamingo, 2003) und “ Topics About Which I Know Nothing ( HarperPerennial, 2005). Für New World – Die Flucht erhielt Patrick Ness 2008 den „Guardian Award“, sowie den „Booktrust Teenage Prize“ und in 2009 eine Nominierung für den „Manchester Book Award“.
Mit „Monsters of Men“ wird die „Chaos Walking Trilogy“ ihren Abschluss finden – so lautet zumindest die Aussage des Autoren selbst.
[Homepage von Patrick Ness]


Übersetzung

Der Roman wurde aus dem Englischen von Petra Koob-Pawis übersetzt. Frau Koob-Pawis war bereits mehrfach als Übersetzerin von Jugendbüchern tätig, insbesondere in einer Reihe über den jungen James Bond. Unstimmigkeiten oder Fehler in der deutschen Übersetzungen sind nicht auffällig.

Viel Spaß beim Lesen!
 
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