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Sci-Fi / Fantasy Die Maurin

Voltan

Heldenhaft
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Lea Kortes Roman „Die Maurin“ spielt zu der Zeit, als die letzte Phase der Reconquista begann; der Rückeroberung Spaniens von den Mauren.
Fast 800 Jahre herrschten die muslimischen Eroberer über die iberische Halbinsel und wurden so im Laufe der Generationen selbst zu Einheimischen, die das heutige Spanien als ihre einzige und wahre Heimat ansahen.

Die Maurin, von der im Roman die Rede ist, heißt Zahra as-Sulami und ist die Tochter eines maurischen Adligen im ausgehenden 15. Jahrhundert. Sie lebt mit ihrer großen Familie in Granada und genießt am Hofe der Herrscherfamilie das Vertrauen Aischas, der ersten Frau des Emirs. Zahras Mutter ist eine ehemalige christliche Sklavin, die zum muslimischen Glauben übergetreten ist und mit großer Güte und Warmherzigkeit die Familie zusammenhält. Dabei muss sie nicht selten zwischen dem aufbrausenden Vater und den Kindern vermitteln. Denn auch wenn Zahras Vater das Herz am rechten Fleck hat, so wird er letztlich durch die Zwänge der Gesellschaft und Religion geleitet und kann Zuwiderhandlungen nur schwer verstehen und kaum dulden.

Der Roman schildert auf recht eindrucksvolle Weise das Leben der damaligen Zeit. Immer wieder werden dabei auch authentische politische und gesellschaftliche Ereignisse beschrieben, mit denen die Protagonisten konfrontiert werden. Die Maurin Zahra, erlebt dabei einige schreckliche Momente und ist auch oftmals auf der Flucht. Nicht nur vor den stets näher kommenden Spaniern, sondern auch vor ihren eigenen Landsleuten. Denn Zahra wird in die verworrenen politischen Ränkespiele Aischas, der Frau des Emirs, gezogen. Aischa versucht kompromisslos ihren eigenen Sohn, Boabdil, an die Macht zu bringen. Hierbei macht sie sich auch unter den eigenen Landsleuten, sogar in der eigenen Familie, einige Feinde. Aber dabei macht Zahra auch Bekanntschaft mit einem jungen Kastilier, in dem sie sich zu verlieben droht.
Die Maurin erzählt einen Abschnitt von mehreren Jahren im Leben Zahras und der Wirren des Krieges, der sie dabei ausgesetzt wird. Dabei bleibt der Rahmen immer sehr authentisch und gut recherchiert. Der Leser erfährt einiges über die Zeit der Reconquista und die vielen Entscheidungen die damals von beiden Seiten getroffen wurden. Auch werden die Schlachten und Belagerungen teilweise recht genau und detailliert beschrieben. Doch deshalb ist es kein Schlachtgemälde, das einem präsentiert wird. Die Schlachten und Kriege dienen eher als Rahmen in der Geschichte um Zahra. Sie ist es, die den Roman dominiert und aus ihrer Sicht wird auch überwiegend berichtet.
Der Liebesgeschichte fehlt es etwas an dem letzten Quäntchen, das einen mitreißen würde. Irgendwie kann man sich nicht mit dem Mann ihres Herzens anfreunden. Wahrscheinlich auch deshalb, weil ihm so wenig Raum gelassen wird. So bleibt er nur eine Randerscheinung in der beschriebenen Vita der Maurin Zahra.

Fesselnd sind aber vor allem die Beschreibungen der Lebensumstände und Zwänge, mit denen die damaligen Menschen (insbesondere muslimischen Glaubens) umgehen mussten. Aber auch die Anfeindungen und Vorurteile, die zwischen den Christen und Muslimen herrschten; ein bis heute noch sehr aktuelles Thema. Gleichzeitig wird aber auch über Menschen auf beiden Seiten des Lagers berichtet, die des Krieges Müde sind. Die begriffen haben, dass die beiden Völker durchaus miteinander in Frieden leben könnten und sich hierbei in vielen Dingen ergänzen würden. Doch leider war die Gier nach Macht und Reichtum (die maurischen Reiche waren durch hochmoderne Bewässerungsanlagen und gut funktionierende Steuer- und Handelssysteme sehr wohlhabend) stärker. Und natürlich auch das Nationalbewusstsein der Kastilier, die die Mauren aus dem Land drängen wollten. Doch für die Mauren selbst war die iberische Halbinsel lange nicht mehr ein erobertes Land. Generationen waren hier schon geboren worden und das Land schon lange eine echte Heimat geworden. Wie schwer musste es für sie gewesen sein, dies alles aufgeben zu müssen?

Die Autorin versteht es, wahre Ereignisse und Personen mit einer erfundenen Geschichte zu verflechten und daraus ein stimmiges Ganzes zu kreieren. Man liest mit steigernder Spannung die Lebensgeschichte Zahras und taucht tief in die Zeit der Reconquista ein, WEIL sie authentisch wirkt.
Lea Korte bedient sich hierbei einer klaren und leicht verständlichen Sprache. Komplizierte Satzstellungen wird man in ihrem Buch vergeblich suchen. Genauso wie es auch kaum Längen gibt, durch die man sich seitenlang kämpfen müsste.

Wer eine reine Liebesgeschichte erwartet, könnte mit Lea Kortes Werk enttäuscht werden. Und wer einen reinen historischen Roman erwartet, könnte gleichfalls enttäuscht werden. Nein, in „Die Maurin“ geht es um DIE MAURIN!
Es wird das Leben einer jungen muslimischen Frau aufgezeigt, die sich in der damaligen Zeit zwischen zwei Fronten bewegen musste. Es ist ein bisschen Liebesgeschichte, ein bisschen historischer Roman und ein bisschen echte Geschichte. Aber auf jeden Fall fesselnd!


Wir danken dem Droemer/Knaur-Verlag, der uns diese Rezension ermöglicht hat.
 
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