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Sci-Fi / Fantasy Die letzte Arche

Tufir

Drachling
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Nach seinem Roman „Die letzte Flut“ (Link zur Rezension) legt Stephen Baxter nun die mit „Die letzte Arche“ seine konsequente Fortsetzung des Katastrophenszenarios vom Untergang der Erde und der menschlichen Zivilisation vor. Wie aus der Rezension des ersten Teils durch meinen Kollegen zu erfahren ist, versinken dort die Landmassen unserer Planeten unter einer Unmenge an Wasser, welches aus dem Erdmantel nach oben dringt. Im vorliegenden Teil treibt Stephen Baxter dieses Schauspiel nun auf die Spitze und redet in am Ende dieser Geschichte von einem zwölf Kilometer höheren Meeresspiegel als heute. Man höre und staune, wir sprechen hier von über 7200 Kubikkilometern Wasser – wer das in Litern wissen möchte, muss nochmals neun Nullen dran hängen (7.200.000.000.000 Liter). Der Mount Everest ist also weg. War diese Theorie der Wassermassen aus dem Innern der Erde bereits in Teil schwer verdaulich, wird sie hier nun zu einer Farce, die lediglich als Hintergrund für Geschehnisse der anderen Art herhalten muss.

Doch kommen wir zur eigentlichen Geschichte. Der Meeresspiegel steigt weiter unaufhörlich und mit zunehmender Geschwindigkeit an und manche Wissenschaftler sprechen bereits vom Erdzeitalter des „Hydrozän“ während unverbesserlich optimistische Politiker immer noch auf eine „Verbesserung“ des Zustandes hoffen. Die menschliche Zivilisation bricht proportional zum steigenden Wasser immer mehr zusammen und so raffen sich einige Superreiche auf, und starten drei Projekte, mit denen sie vielleicht nicht sich selbst, doch aber die Menschheit retten können. Ein Projekt soll das Leben auf dem Meer ermöglichen (Arche 3 genannt), ein weiteres die Zivilisation unter das Meer tragen (Arche 2) und eines schließlich soll eine Gruppe junger Menschen zu einem Exoplaneten außerhalb des Sonnensystems fliegen (Arche 1).

Weit über die Hälfte seines Romans beschäftigt sich Baxter sowohl mit den wissenschaftlichen Problemen dieses Vorhabens die Arche 1 in den Weltraum und zu einem fernen Planeten zu bringen als auch mit den dabei entstehenden menschlichen Konflikten. Dies gelingt ihm recht gut und anschaulich und in einem recht angenehmen und abwechslungsreichen Rhythmus. Nachdem dann endlich ein Warp-Antrieb erfunden und entwickelt ist und die Reise zum nächsten erfolgversprechenden Planeten "nur" noch sieben statt mehrere hundert Jahre dauern soll und das Raumschiff schließlich mit 80 ausgewählten Personen an Bord und mangels anderer Möglichkeiten mittels Atombomben gestartet wird, splittet sich die Handlung auf bis zu 4 Ebenen auf. Leider führt diese Splittung trotz aller Spannung und guter Erzählweise dazu, dass manche Dinge zu kurz kommen. Wie schon mein Rezensionskollege zu Teil eins anmerkte, bleiben die Protagonisten auch in diesem Roman sehr blass und bieten kaum Spielraum zur Identifikation. Baxter bleibt sich also selbst treu und lässt seine Handlungsträger quasi als Hintergrund für den eigentlichen Hauptdarsteller agieren: Die unendliche Tragödie der menschlichen Zivilisation mit ihren immer wiederkehrenden Siegen und Niederlagen.
Stephen Baxters Roman „Die letzte Arche“ bietet wenig Action, aber dort wo sie vorhanden ist, deutlich gute Ausarbeitung. Helden oder Antihelden gibt es keine, jedenfalls keine großen, doch dafür immer wieder den kleinen Mann oder die kleine Frau, welche ihr eigenes, persönliches Schicksal hinter das der Menschheit als Rasse stellen und damit entscheidend zu Sieg und Niederlage beitragen. Dazu kommen die Egoisten, die immer nur auf ihr eigenes Wohl bedacht sind und denen es egal zu sein scheint, wenn andere leiden, Hauptsachen ihnen selbst geht es gut. Diese Darstellung menschlicher Zivilisationscharakteristik ist dem Autor überaus gelungen.

In diesem Sinne ein gelungener Roman, auch wenn das Splittung in mehrere Handlungsstränge am Ende mehr Fragen offen lässt, als es Antworten gibt. Eine weitere Fortsetzung könnte durchaus den Titel „Die letzte Zivilisation“ tragen und mit eben diesen Handlungssträngen beginnen, um sie zu einem konsolidierten Ende zu tragen.


Stephen Baxter
(* 13. November 1957 in Liverpool) ist ein englischer Science-Fiction-Autor, der seit 1995 diese Tätigkeit hauptberuflich ausübt. Baxter studierte Mathematik in Cambridge und wurde als Ingenieur an der Southampton-University promoviert. Einige Jahre lang lehrte er Mathematik, Physik und Informatik. Sein Stil als Hard-SF-Schreiber gilt als einzigartig. Er hat viele Preise gewonnen: Den Philip K. Dick Award, den John W. Campbell Memorial Award, den British Science Fiction Association Award, den deutschen Kurd-Laßwitz-Preis und den Seiun Award (Japan). Den Sidewise Award für Geschichten, die sich um alternative Zeitlinien drehen, erhielt er zum einen für seinen Roman Voyage (dt. Mission Ares) und zum anderen für seine Erzählung Brigantia's Angels. Stephen Baxter stellt in jedem seiner Romane eine Frage und leitet dann Antworten aus dem aktuellen Kenntnisstand der physikalischen Gesetze und Theorien her.

Viel Geduld beim Schmökern wünscht
Euer Tufir


Unser Dank geht an den Heyne Verlag, der uns diese Rezension ermöglichte!
 
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