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Sci-Fi / Fantasy Die andere Seite der Welt

Luzifer

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Ein Buch, das als „einer der geheimnisvollsten esoterischen Romane aller Zeiten!“ angepriesen wird, zeigt, dass Superlativen durchaus ihre Anziehungskraft besitzen. Auch wenn dies in den heutigen Zeiten schwer ist, denn die heutige Werbung besteht nahezu ausschließlich aus Superduperlativen. Der hier besprochene Roman entstammt allerdings nicht unserer Zeit, sondern aus dem Jahren 1911 – 1912 und wurde von Georg Korf geschrieben. Die hervorstechenden Stichworte, unter denen das Buch zu finden sind lauten Okkultismus, Metaphysik, Theosophie und Esoterik. Besagter Roman erschien zunächst 1914 im Wiechmann Verlag, erneut 1921 bei Zwei Welten, nochmals 1936 (mit einem Nachwort des Verfassers) und schließlich 2011 bei dem Aquamarin Verlag.

Das Hardcover des 336 Seiten starken Buches ist nochmals mit einem Schutzumschlag versehen. Beide zeigen das gleiche Layout und Illustration: einem Gewässer, einem (allsehenden?) Auge und abstrakter Gebilde, die an Lichtspiegelungen erinnern. Im Roman selbst sucht man Worte wie Hardcover, Layout, Illustration, etc. vergebens. Man taucht sprachlich in eine völlig fremdartig klingende Welt ein. Dies stellt die erste Hürde da. Wie erwähnt entstammt der Autor einer Zeit vor dem 1. Weltkrieg und die Sprache klingt kantig, gestellt, künstlich, peinlich hochtrabend, höchst ungewohnt. In Zeiten von 3-Minuten-Videos und einem Liveticker klingen Sätze wie „Seien Sie versichert, mein lieber Herr Clarus, ich muss eilen…“, „Danke, merken sie auf.“, und „…die Zuhörer schienen völlig unter dem Bann des Ernstes zu stehen, den diese Worte hervorgerufen hatten“ schlicht weg andersartig. Wiederum dürften Zeitreisende aus den 1920ern mit uns ihre Probleme beim Lesen von „Wörtern“ wie „Alder“, *lol* und ;-) haben.

„Die andere Seite der Welt“ beginnt in Berlin. Der Patentanwalt Clarus lässt sich auf ein Experiment ein, welches das Astralwesen, genannt Atlamos, initiiert hat. Bei diesem Beweis der esoterischen Möglichkeiten soll Fritz Gutenberg für 15 Stunden seinen Körper verlassen und mit Atlamos auf eine Reise durch eine Vielzahl von Welten gehen. Nachdem Fritz alias „Friedo“ nach Amerika ausgewandert war, traf er bei einem Besuch in Deutschland seinen Jugendfreund Martin Hagen wieder, welcher ihn in die Szene des Okkulten einführte. Dort machte er Bekanntschaft mit einigen wichtigen bzw. sich dafür haltenden Persönlichkeiten. Umso überraschter war dieser Kreis, dass der Neuling Gutenberg für diese Erfahrung ausgewählt wurde. Natürlich geschah das aber nicht ohne Grund.
Friedo nimmt Kontakt mit Clarus auf und wird von Atlamos seiner „Stofflichkeit“ beraubt. Die Fesseln der menschlichen Wahrnehmung sprengend, ist Friedo befähigt Energien, Astralkörper, den Weltenäther und vieles mehr zu erfahren. Atlamos zeigt ihm als geduldiger Begleiter und Lehrer, wie auch Erklärer des oftmals Unverständlichen, das „Dasein“ zwischen Leben und Tod und weiterer Stadien der Existenz. Hierbei hat Gutenberg auch die Gelegenheit die Gedanken von Toten kennen zu lernen. Zwischenstationen auf dem Mars und auf dem Mond bleiben hierbei auch nicht aus.
Fritz Gutenberg kommt rechtzeitig von seiner Reise zurück, bevor die zurück Gebliebenen nach den 15 Stunden ihre Überlegungen in die Tat um setzen und sich des scheinbar Toten entledigen. Vollkommen von der Erfahrung überwältigt und mit Beweisen in der Tasche, dass er tatsächlich an mehreren Orten der diesseitigen Welt war, fasst Friedo den Plan, sein Wissen mit allen Menschen zu teilen. Beginnen soll diese Vortragsreihe in Berlin, mit dem Titlen „Fünzehn Stunden im Jenseits“. Aber neben der Aufklärung der Erdenbewohner hat er noch einen ganz anderen Vorsatz: nämlich die Welt auf das baldige Wirken eines mächtigen Welt-Erneuerers vorzubereiten.

„Die andere Seite der Welt“ ist anders. Neben der für unsere „Ohren“ holprigen Sprache, an die man sich allerdings gewöhnen kann, muss man sich immer wieder vor Augen halten, in welcher Zeit der Roman geschrieben wurde. Seancen, Tischerücken, Pendeln, Hypnose, Medien (über welche Tote zu sprechen vermögen), usw. waren ebenso geheimnisvoll, wie auch en vogue, vor allem in der "upper class". Im Nachwort (von 1936) führt der Autor eine Vielzahl von Wissenschaftlern an, welche seine Thesen und Ausführungen im Buch untermauern bzw. auch belegt haben sollen, wie z.B. Kräfte, welche die bekannten Naturgesetze übergehen oder die Existenz einer feinstofflichen Organisation (Seele) und einer übersinnlichen Welt (Astralwelt). Schließlich bezieht er sich auch auf die von Dr. Ferdinand Maack in Hamburg aufgestellten elf Thesen zur „okkulten Materie“.
Georg Korf selbst, sieht sich weniger als „Kolumbus des Jenseits“, sondern – wenn man ihn richtig versteht – als Sammler von „Erfahrungen und Tatsachen“, welche „über viele Menschenalter und Entwicklungsabschnitte der Welt verstreut sind“.

Dieser scheinbar enthüllende Roman scheint - so suggeriert es das Nachwort – ein großer Erfolg zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewesen zu sein. Korf bewegt sich augenscheinlich innerhalb der bewiesenen und bekannten physikalischen Grenzen. Die Übertretung dieser Grenzen ins Metaphysische und ins Esoterische verbindet er sehr geschickt mit dem Nachweisbaren. Nachvollziehbar, dass die Erzählungen im Roman für großes Aufsehen gesorgt haben.
In unserer Zeit erscheinen die Offenbarungen des Georg Korf zwar ebenfalls interessant und stimmig. Als Sensation oder Neuerungen werden sie allerdings nicht wahr genommen. Dafür sind die Themen schon zu oft in Publikationen oder in Filmen behandelt worden, was dem geneigten Leser den Reiz leider etwas genommen hat. Interessant ist das Buch dennoch, wobei die Spannung geringfügig unter der Vielzahl an Erklärungen und Belehrungen des weisen Atlamos leidet.

Für esoterisch Intereressierte ist der Roman zu empfehlen.


Über den Autor:

"Georg Korf" fördert im Internet nicht besonders viele Treffer zu Tage. Fest steht offensichtlich, dass der Autor im 2. Weltkrieg verschwand und seit dem als verschollen gilt.



Neben diesem Roman hat er noch die beiden folgenden Bücher verfasst:
[FONT=&quot]
[/FONT]So werden wir fliegen! Die natürliche Lösung des Flugproblems. Der Mensch als Segler der Lüfte in naher Zukunft. Mit einem II. Teil: Wenn wir fliegen.
Orania-Verlag, Oranienburg 1909


Weltenwerden / Weltenwende Der kommende Christus Gedanken über Größe, Wesen, Ordnung, Kräfte, Gesetze und Entwicklung der Welt
Stade i. Hann., Zwei-Welten-Verlag,, 1923

Das kommende Flugzeug für Jedermann

Falken Verl. Hamburg 1928, 48 S


Diese Rezension entstand mit freundlicher Unterstützung des Aquamarin Verlages.
 
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