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Sci-Fi / Fantasy Turils Reise

sonic_hedgehog

Geweiht
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Turil ist Thanatologe, Angehöriger eines Volkes von Totengräbern, die beauftragt werden, den Tod der Mächtigen zu arrangieren. Insofern sind sie nicht nur Ausrichter der Totenfeier, sie sind auch diejenigen, die die Todgeweihten in einem spektakulären und würdigen Akt aus dem Leben befördern. Gemeinsam mit ihren Schiffsphären ziehen sie als allseits respektierte und in Konflikten neutrale Partei durch den sogenannten Kahlsack, das Gebiet des Alls in dem die Geschichte angesiedelt ist. Der Kahlsack ist eine besondere Weltenballung, da er nicht auf natürliche Weise entstanden ist, sondern unbekannte Wesen sämtliche dort lebenden Völker angesiedelt haben und ihr Entkommen aus diesem Gebiet durch verschiedenste Barrieren verhindert haben – leider haben die Völker keinerlei Erinnerung an Art und Ziel der Besiedler.

Turils aktueller Auftrag sieht die Tötung Pramains des Götzlichen, König auf einer Welt von Baumwesen, vor. Kurz vor Ende der Zeremonie wird er jedoch empfindlich gestört, da die Kitar, ein rätselhaftes Volk, das scheinbar unmotiviert mordend durch den Kahlsack streift, den Planeten angreift. Im letzten Moment entkommt Turil in die Sicherheit seines Schiffs GELFAR – eine Sicherheit die allerdings brüchig ist, denn Turil, der sich gegen die Konventionen seines Volkes stemmt, befindet sich in einem steten Machtkampf mit der KI des Schiffs. Ungeachtet dieser Widerstände beschließt Turil zu versuchen, dem Geheimnis, das die Kitar umgibt, auf die Spur zu kommen. Als er erfährt, dass auf einem Planeten ein Kitar gefangen gehalten werden soll, bricht er auf und bietet einem Kollegen an, ihm auf dieser Welt bei einem Auftrag zu helfen.

Doch nicht nur Turil sieht, wie ernsthaft die Bedrohung durch die Kitar ist. Auch Kix Karambui, Generalsekretär des Völkerbundes des ARMIDORNs, versucht weitere Informationen zu erlangen – zum einem um die Sicherheit der vereinten Völker zu garantieren, zum anderen aber auch aus eher egoistischen Motiven. ARMIDORN, das allerdings nicht einmal von seinen Mitgliedern wirklich ernst genommen wird, schickt zwei Xeniathen los, künstliche menschenähnliche Wesen, in denen mehrere Geister zusammenarbeiten.

Im Zusammentreffen Turils, der Kitar, der Xeniathen und der GELFAR kulminieren die Handlungsstränge, es offenbaren sich Geheimnisse, die in der Vergangenheit begraben waren und die die Zukunft der Protagonisten in überraschender Weise beeinflussen.


Michael Marcus Thurner hat sich seine literarischen Sporen als Autor im Perry Rhodan Universum verdient und hat sich aber mit Turils Reise weit vom Perryversum entfernt. Er entwirft ein sehr buntes Universum: Intelligente, selbstständige Roboter, Zivilisationen von Bäumen und Pilzen und die Xeniathen sind nur ein kleiner Teil dieser Vielfalt. Insbesondere der Machtkampf zwischen dem Thanatologen und dessen Schiff sowie dessen Gründe wissen zu überraschen.

Dabei betont Turils Reise, wenn auch Science Fiction, den Science Teil nur wenig, es ist vielmehr sehr fantasylastig. Thurner bemüht sich nur in den seltensten Fällen Erklärungen für technische Abläufe zu liefern und wenn, sind diese äußerst schwer zu akzeptieren. Dies zeigt sich an allen Ecken: Sei es beim Kautium, „ein fast reines, mit dünnsten Goldsträngen vermengtes Eka-Actinoid der Ordnungszahl 203“, das Gehirne in die Lage versetzt, sich und ihre Körper/Schiffe an den Ort zu versetzen, an den sie gerade denken. Sei es bei den „Schiffen“ der Kitar, die quasi beliebig Form und Masse ändern können. Es gibt vieles, was in einer Fantasywelt wohl mit Magie erklärt würde, in Turlis Reise aber einfach akzeptiert werden muss. Allerdings bin ich unschlüssig, ob dies nicht angesichts der in vielen SciFi Romanen verwendeten eher ‚phantasievollen’ Erklärungen nicht sogar die bessere Wahl ist.


Ist die Grundidee des Romans auch erfreulich frisch und begeisternd, in der Ausführung zeigt er allerdings mehrere Schwächen:

Die Tatsache, dass es sogar den im Mittelpunkt stehenden Charakteren an Dreidimensionalität mangelt, teilt er mit vielen Romanen seines Genres, die ihren Schwerpunkt auf die Handlung setzen und es wäre daher zu verzeihen. Denn auch wenn Thurner viel Zeit darauf verwendet zu schildern, welche Einflüsse Turil Entwicklung beeinflusst haben, bleibt dem Leser selbst diese Person relativ fremd. Ein Grund dafür ist wie Thurner die Geschichte vorantreibt. Leider haben die Handlungen und Denkweisen der Protagonisten nur in den seltensten Fällen Einfluss darauf, welche Informationen sie erhalten und zu welchen Schlussfolgerungen sie das führt. Für die Handlung wichtige Informationen werden nämlich nicht erarbeitet, sondern werden im dramaturgisch passenden Moment einfach präsentiert. Aus dieser Perspektive scheint es auch logisch, dass nicht etwa Turils oder Kix Karambuis Nachforschungen letztlich einen Ansatz dafür liefern, wie dem Kitarproblem begegnet werden könnte, sondern dass diese Antwort von Beginn an und für den Leser nicht zu ahnen {in der Person Turils} verankert war. Und immer wieder überraschen Protagonisten mit Fähigkeiten, von denen der Leser bis zu ihrem Einsatz keine Ahnung haben konnte und die zu verstehen mitunter mehr als schwer fällt.

Auch verlaufen viele interessante Handlungsstränge einfach ins Nichts, gerade so als sein Turils Reise nicht als alleinstehender Roman gedacht sondern nur als Auftakt einer Serie. Das Problem des Petrischalen-Universums Kahlsack und dessen unbekannte Erschaffer spielt in dem Roman nur eine untergeordnete Rolle und auch der Machtkampf zwischen Turil und der GELFAR wird letztlich nicht zu einem befriedigenden Ende geführt. Interessante Völkerkonstrukte werden nur für einen bestimmten Handlungsteil kurz eingeführt um im Anschluss wieder spurlos zu verschwinden. Auf der anderen Seite jedoch scheint der Roman mit der Lösung des Kitarproblems durchaus als abgeschlossen zu betrachten sein.


In der Summe ergibt dies keinen wirklichen schlechten Roman, die „faszinierendste Reise aller Zeiten“ (Klappentext) hat Michael Marcus Thurner jedoch ohne Zweifel auch nicht abgeliefert. Ohnehin ist der Klappentest wieder einmal auch was die Zusammenfassung des Inhalts betrifft eher cum grano salis zu betrachten, ebenso wie die Seitenangabe, die eher dem ungewöhnlichen Schriftbild und dessen Größe geschuldet ist. Oben aufgeführte Unzulänglichkeiten stören den Lesefluss teils erheblich, eher fantasybetonte Leser, die sich auch an Lücken in der Geschichte weniger stören sofern die geschilderte Welt phantasievoll und neu ist, werden aber an Turils Reise dennoch Freude finden könne. Anhängern eher technikbetonter Science Fiction jedoch ist abzuraten.
 
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