• RPG-Foren.com

    DIE Plattform für Fantasy & Sci-Fi Rollenspiele

    Ihr findet bei uns jede Menge Infos, Hintergründe zu diesen Themen! Dazu Forenrollenspiele, Tavernenspiele, eigene Regelwerke, Smalltalk und vieles mehr zu bekannten und weniger bekannten RPG-Systemen.

Sci-Fi / Fantasy Menschen wie Götter

sonic_hedgehog

Geweiht
Beiträge
4.467
Punkte
133
Die Welt der Zukunft ist eine deutlich andere als die heutige – seit langer Zeit friedlich und unter einer Regierung vereinigt, hat sie das eigene Sonnensystem besiedelt und ist zu den Sternen aufgebrochen. Nun aber scheint für die Menschheit die Zeit gekommen, ihre eher isolationistische Politik aufzugeben – auf der Ora, einem künstlichen Planeten, hat sie ein Treffen mit den bekannten außerirdischen Völkern anberaumt. Und dieses Treffen hält einiges an Überraschungen für die menschliche Delegation bereit – insbesondere die Erkenntnis, dass einige diese Völker in ihren Überlieferungen von einem Krieg zweier sternfahrender Rassen erzählen, der Galakten, einer den Menschen sehr ähnlichen Rasse und einer, deren Gestalt nicht überliefert ist, die aber unter dem Namen „Zerstörer“ bekannt ist. Getrieben von Neugier und dem Wunsch zu helfen bricht die Menschheit zu den Hyaden auf – doch ist sie bereit für das, was dort auf sie wartet?

Menschen wir Götter vereint drei Romane, die der russische Autor Sergej Snegow 1966, 1968 und 1977 veröffentlichte und die, wenn auch nicht unbedingt in der Sowjetunion, so doch in der damaligen DDR ein größeres Publikum erreichten. Snegow wurde 1910 in Odessa am Schwarzen Meer geboren und starb 1994 in Kaliningrad. Er arbeitete als Ingenieur und war unter anderem an der Entwicklung sowjetischer Atomwaffen beteiligt. [1]

Snegows Roman ist eine Space Opera – die Beschreibung einer Reise einer erst kleinen, später größeren Expedition der Menschheit ins All. Snegows Erzähler ist Eli, einer der Teilnehmer und späterer Anführer der Expeditionen, der in diesen Büchern seine Memoiren veröffentlicht. Hiermit bedient sich Snegow eines Tricks, den auch spätere SciFi-Autoren gerne verwendet haben: Der Erzähler selbst ist kein Techniker, noch nicht einmal Wissenschaftler – folglich kann der Leser auch nicht erwarten, schlüssige Erklärungen z.B. für die Technik zu erhalten, die das Raumschiff antreibt. Der Erzähler verweist hierbei auch auf das offizielle Missionsdokument seines Mitreisenden.

Das Bild der Memoiren ist auch eines, das man sich während des Lesens immer wieder vor Augen halten sollte – wie auch reale Memoirenschreiber schildert auch Eli nicht die ganze Geschichte, nur die Ausschnitte, die ihm wichtig erscheinen. Und nicht gerade selten greift er den Ereignissen vor und nimmt somit das Ergebnis vorweg.
Für den Leser bedeutet das auch, dass die Geschichte teilweise sehr schnell vorangetrieben wird, für mein Gefühl manchmal etwas zu schnell. Das gibt dem Ganzen in meinen Augen eher den Anstrich eines phantastischen Romans, was aber ja nicht unbedingt schädlich sein muss. Dennoch ist es irritierend, wenn quasi nebenher wissenschaftliche Probleme an Bord der Expedition gelöst werden, an denen sich die Menschheit zuvor lange Zeit die Zähne ausgebissen haben muss.

Natürlich ist Snegow ein Kind seiner Zeit – was den Roman in mehrerlei Hinsicht interessant macht: Als sowjetischer Autor ist klar, dass seine vereinte Erde kommunistisch regiert wird, natürlich vom besten vorstellbaren Kommunismus: Komitees, basisdemokratische Strukturen, Jahrespläne und eine große Technikgläubigkeit mit Beschützerinnen und der Zentralen Universalmaschine, die alle Entscheidungen auf Nutzen für die Menschheit hin abwägt. An vielen Stellen blitzt das positive einer Welt durch, die aufgrund ihrer negativen Seiten der Vergangenheit angehört. So schön sich das vom Gewöhnten abhebt, manchmal ist es doch etwas zu dick aufgetragen, in Momenten, in denen sich selbst Next Generation waffenstarrend anfühlt:
S.593 schrieb:
Nur auf gegenseitigem Respekt und Freundschaft, auf Güte und Liebe lässt sich ein soziales Gefüge bauen, das so ewig hält wie das Weltall selbst.
Ein schöner Satz, philosophisch und doch etwas naiv.

Daneben aber auch die schier unglaubliche Phantasie des Autors, der eine Welt baut, die weit entfernt selbst vom heute Möglichen ist und dennoch auch aus heutiger Sicht immer noch vorstellbar ist. Wo viele ältere SciFi-Romane von der Zeit überholt wurden, kann man dies über Menschen wie Götter vermutlich auch in Jahren noch nicht sagen.

Viel des Voranstehenden sind reine Geschmacksfragen, unabhängig vom Geschmack gibt es aber zwei Dinge, die man dem Roman ankreiden muss. Zum einen merkt man, dass Teil 1 und 2 zusammenhängend verfasst wurden – Teil 1 für sich allein wäre unvollständig ohne den zweiten Teil. Der dritte Teil hingegen, der ja deutlich später verfasst wurde, fällt aus dem Rahmen. Verwirrender geschrieben versucht er die älteren Teile zu toppen und ist dennoch der schwächste Teil. Zum anderen wachsen dem Leser die Figuren zu wenig ans Herz, zu blass bleiben sie in weiten Teilen, zu sehr schablonenhaft.

Am Ende bleibt ein Roman mit einer nicht nur aus historischer Sicht faszinierenden Welt und einer spannenden Reise durchs All, der aber mit insgesamt fast 1000 Seiten zu dick ist, zu ausschweifend und auch stilistische Schwächen hat. Dennoch ein Buch, das Genrefans einmal in Händen gehalten haben sollten.

Ich danke dem Heyne-Verlag für die Möglichkeit, das Buch zu rezensieren – Interessierten lege ich die Seite des Verlags und die dortige Leseprobe ans Herz [2].


Links:
[1] Wikipedia-Artikel über Sergej Snegow
[2] Das Buch bei Heyne
 
Zurück
Oben Unten