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Sci-Fi / Fantasy Das Schiff

Tufir

Drachling
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Das Schiff

Ein gewaltiges Raumschiff gleitet durch das All, ohne Lebenszeichen und mit unbekanntem Ziel. Doch dann erwacht in einem der Lagerräume ein Mensch. Nackt und frierend findet er sich in einem Schiff voll tödlicher Gefahren wieder. Im Kampf mit schattenhaften Monstern und verräterischen Illusionen sucht er verzweifelt nach Antworten: Wer bin ich? Wohin fliegt dieses Schiff? Und: Werde ich überleben?
Mehr als dieses Klappentextzitats braucht es tatsächlich nicht, um den Inhalt dieses Buches zu beschreiben. Wer dabei jedoch an einen oder mehrere ähnlich beschriebene Science-Fiction Filme denkt, wird sehr schnell feststellen, dass dieses Buch weitaus mehr zu bieten hat.

Greg Bear wagt sich mit diesem Buch in die bekanntermaßen als schwierig geltende Ecke der Ich-Erzählungen und führt sie obendrein noch im Präsens aus. Anfänglich bereitet dieser Roman folgerichtig einiges an Verständnisschwierigkeiten, erlebt der Leser die Geschichte doch von Anfang an aus den Sinnen des Protagonisten heraus, welcher selbst keine Ahnung von seiner Existenz hat – mit Ausnahme der Tatsache, dass er existiert. Hungrig, durstig und frierend bewegt sich dieser Mensch durch eine ihm unbekannte Umgebung, nimmt Wesen, Elemente, Situationen mit seinen Sinnen wahr und kann sie aber doch keinem Wissen zuordnen, so dass ihm die Fähigkeit zur Abstraktion fehlt und er somit nur schwer ein Verständnis über all diese Dinge erlangen kann. Da der Leser dies aufgrund der Erzählform in gleichem Maße (mit)erlebt, bleibt auch ihm anfänglich das Verständnis versagt. Doch der Autor sorgt schnell für Abhilfe. So sehr diese Art der Erzählung auch anfangs die Unverständlichkeit fördert, genauso sehr hilft sie dabei, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren und sein (bzw. das eigene) Schicksal zu ergründen. Der Spannungsbogen steigt immens schnell an und die Neugier zu erfahren, was es mit all dem, was man erlebt, auf sich hat und wie groß die Chance fürs Überleben tatsächlich ist, nimmt exponential zu. Stück für Stück enthüllt Greg Bear dann auch das Geheimnis, lässt Leidensgefährten auftauchen und bleibt doch sehr lange bei der Beschreibung von Gefahren, „Monstern“ und Zielen sehr nebulös jedoch ohne der Spannung abträglich zu sein. Das absolut reizvolle an diesem Werkmist die immer wiederkehren Beschreibung neuer Dinge und Wesen aus der Sicht eines Unwissenden und der dadurch automatisch initiierte Versuch des Leser, das Beschriebene zu erfassen und zu verstehen. Ein absolut funktionierendes „Keep him on his toes“ Prinzip für den Leser!

Das Ende der Erzählung ist dann ein typischer Bear. Durchaus plausibel erfahren alle Geheimnisse ihre Auflösung und doch bleiben genug offene Punkte für des Lesers eigenen Gedanken und Extrapolationen übrig – oder zumindest für den Wunsch einer Fortsetzung, welche aber offensichtlich nicht geplant scheint!

Fazit: „Das Schiff“ ist ein mehr als nur lesenswerter Roman, allein Greg Bears Stil hat etwas Reizvolles und die Geschichte ist weder flach noch überspannt. Sie nimmt flüssig ihren Lauf und der Autor entführt den Leser mehr und intensiver als andere gleichartige Geschichten in eine neue, geheimnisvolle und gefährliche Welt.

Viel Spaß mit diesem sehr guten SF-Thriller wünscht euch
Euer Tufir


Greg Bear wurde am 20. August 1951 in San Diego, Kalifornien geboren und ist ein US-amerikanischer Science-Fiction-Autor. Er ist der Schwiegersohn von Poul Anderson.

Sein Werk handelt von galaktischen Konflikten (in den Schmiede Gottes-Büchern), künstlichen Universen (in der Äon-Serie) und beschleunigter Evolution (in den Romanen „Blutmusik“, „Das Darwin-Virus“ und „Die Darwin-Kinder“).

Während die umfangreiche und detaillierte Darstellung von Wissenschaft in seiner Arbeit ihn als Autor der „harten“ Science Fiction ausweist, wird die Plausibilität einiger seiner wissenschaftlichen Ideen doch gelegentlich in Frage gestellt. Zum Beispiel wurde darauf hingewiesen, dass es schwer vorstellbar erscheint, dass die Bakterien in Blutmusik genügend Information verarbeiten könnten, um Bewusstsein zu entwickeln. Aber es wurde auch die Theorie vertreten, dass die Bakterien zwar einzeln kaum Informationen verarbeiten, jedoch als Kolonien Bewusstsein entwickeln könnten.
In „Schmiede Gottes“ sowie „Der Amboss der Sterne“ bietet Bear eine mögliche Lösung des Fermi-Paradoxons: Junge planetarische Zivilisationen können nur überleben, wenn sie sich still verhalten und so nicht die Aufmerksamkeit zerstörerischer Sonden auf sich lenken. Der erste Teil, die „Schmiede Gottes“ thematisiert die Zerstörung der Erde durch eine Killer-Zivilisation und die Errettung weniger Auserwählter durch freundlich gesinnte Außerirdische. In „Der Amboss der Sterne“ wird ein Raumschiff mit jugendlichen Überlebenden ausgeschickt, um das galaktische Gesetz zu erfüllen und die Killer-Zivilisation zu vernichten.

Neuere Arbeiten wie die beiden Erzählungen „Das Darwin-Virus“ und „Die Darwin-Kinder“ handeln vom Einfluss einer fremdartigen Krankheit, die evolutionäre Übergänge verursacht, und halten sich dabei eng an aktuelle Erkenntnisse der molekularen Biologie von Viren und der Evolution. Während einige ziemlich spekulative Ideen in erster Linie unterhalten (schließlich ist es Fiktion), werden sie auf solch drastische und disziplinierte Art auf dem neuesten Stand dieser Disziplinen eingeführt, dass „Das Darwin-Virus“ im Wissenschaftsmagazin Nature gelobt wurde und die deutschten Erstveröffentlichungen in dem Fachbuchverlag Spektrum Akademischer Verlag erschienen.

Ein Aspekt, der sich wie ein roter Faden durch viele Romane Bears zieht, sind die Gesellschaften, in denen seine Geschichten spielen. Wie selbstverständlich bettet er seine Handlung von Anfang an in akribisch gezeichnete fremde Gesellschaftsstrukturen, die sich dem Leser aber erst im Laufe des Romans erschließen und wodurch diese oft erst plausibel wird.

Während die meiste Arbeit Bears Science-Fiction ist, sind zwei seiner frühen Arbeiten, The Infinity Concerto und The Serpent Mage, eher der Fantasy-Literatur zuzuordnen.


Wir danken dem Heyne-Verlag für dieses Rezensionsexemplar!
 
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