Ich möchte zu zwei Themen etwas schreiben, die man mMn etwas differenzierter sehen muss:
1) Kommerzialität von DSA
Ich denke, niemand kann etwas dagegen haben, wenn mit DSA Geld verdient wird. Im Gegenteil ist die Rentabilität entscheidend dafür, dass DSA überhaupt fortbesteht. Ich habe für meine Redaktionsarbeit immer auch das Vorzeichen gehabt, DSA so zu entwickeln, dass es bei einer Allgemeinheit gut ankommt und begeisterte Käufer findet, exotische Nischenprodukte haben in diesem Kontext ihre Berechtigung, sind aber nicht der Maßstab.
Das Problem ist, dass die Verkaufszahlen von DSA-Produkten offenbar so gering sind und die Anzahl der Alles-Käufer so hoch, dass die Qualitätsansprüche der Fans, die Wünsche und Forderungen, das Lob und die Kritik, die man aus der öffentlichen Rezeption (Rezensionen, Forenbeiträge) herausfiltern kann, in keiner Weise mit dem Absatz der Produkte korreliert werden können. Schlecht rezipierte Produkte haben meistens keinen nennenswert schlechteren Absatz als gut rezipierte.
Der Verlag verspürt also keinen objektiven, quantifizierbaren Druck, der ihn zwingt, sich langfristige Gedanken über die Qualität seiner Produkte zu machen. Das heißt nicht automatisch, dass dies nicht geschieht, aber es heißt, dass andere Dinge wichtiger sind: Aufwandsminimierung, Ausstoßmaximierung. Für den Verlag ist das ja eine einfache Rechnung: Die DSA-Lizenz hat so und so viel gekostet, steht so und so lange zur Verfügung, also soll in dieser Zeit der maximal mögliche Umsatz damit gemacht werden. Wenn dieser Umsatz sowieso gering ist und der Verlag stark auf frisches Geld angewiesen ist, werden Qualitätssicherung (Lektorat, inhaltliche Konsistenzprüfung, Abstimmung) und Nachhaltigkeit (langfristige Planungen, übergreifende Konzeptarbeit, konstante Kommunikation mit AutorInnen und Fans, ‘Pflege’ des AutorInnen-Stamms) noch unwichtiger, weil beides bei einem extrem komplexen Produkt wie DSA sehr sehr aufwendig ist.
Das ist einerseits verständlich, andererseits aber furchtbar tragisch — denn es gibt ja eine erweiterte Redaktion, die eigentlich genau für diese beiden Elemente verantwortlich sein könnte (abgesehen vom Lektorat). Aber der Verlag überträgt die alleinige Verantwortung dafür an die festangestellten Kernredakteure — zusätzlich zu deren eigentlicher Tätigkeit als Autoren für drängende Spielhilfen. Das kann nicht funktionieren.
Was mich persönlich daran besonders stört ist, dass der Verlag nicht daran glaubt, durch eine Qualitätsinitiative seinerseits den Umsatz auf breiter Basis (also nicht nur durch mehr Produkte in kürzerer Zeit) zu erhöhen. Ich habe immer daran geglaubt, dass das möglich und nötig ist, und ein großer Teil meiner Arbeits-Motivation speiste sich aus diesem Glauben. Auf Mark und Katharina trifft das auch zu. Uns hat die erratische, nicht vorhersehbare Qualität von DSA-Produkten immer gestört. Aber der Verlag meint, es schlicht nicht nötig zu haben, diesen Zustand zu verbessern: DSA verkauft sich irgendwie immer gleich, also nimmt man, was man kriegen kann. Das hat unternehmerisch vielleicht seine Berechtigung, aber besonders klug kommt es mir nicht vor. Und für die Spielwelt DSA ist es meiner Meinung nach wirklich schlecht.
2) Das Ende des Metaplot?
Unser ‘Abgang’ bedeutet definitiv nicht das Ende des Metaplots in DSA. Solange es eine fortschreitende Geschichtsschreibung gibt, wird es auch Metaplot geben (beides hängt nicht kausal zusammen, sondern eher durch Tradition). Die Vielzahl und Unübersichtlichkeit der verschiedenen aventurischen Metaplots ist im Gegenteil eines der großen Probleme von DSA. Es herrscht ein enormer Wildwuchs, den die Redaktion noch nie im Griff hatte und der fast mit jeder Publikation undurchschaubarer wird. Es gibt faktisch kaum redaktionelle Betreuung von Metaplots, diese besteht fast ausschließlich in hauruck-artiger Schadensbegrenzung und kurzfristiger Reaktion auf drängende Ereignisse. Von langjähriger Vorausplanung und Koordination von Publikationen keine Spur. Das ist leider der Ist-Zustand der letzten 10 Jahre (von der Zeit davor weiß ich zu wenig, vermute aber, dass es da nicht anders war) und es gibt durchaus auch Redakteure, die damit völlig zufrieden sind und längerfristige Planungen explizit ablehnen. Hauptsächlich scheitert es aber an zeitlichen Ressourcen und — mal wieder — einer klaren Verständigung darüber, was man eigentlich will.
Mark, Katharina und ich hatten es uns zum Ziel gesetzt, den Wildwuchs zu analysieren, zu lichten und natürlich auch zu beschneiden. Wir wollten das im Wesentlichen ungeplant vor sich hin dümpelnde aventurische Geschehen planerisch gestalten.
Das Ziel wäre es zunächst mal gewesen, die Redaktion und den Verlag dazu zu befähigen, Metaplots als publikatorisches Werkzeug einzusetzen (gerüchteweise verkaufen sich Metaplot-relevante Produkte besser als andere, in jedem Fall ist aventurischer Metaplot aber objektiv ein mächtiges Mittel zur Kundenbindung und Identifikationsstiftung). Der nächste Schritt wäre gewesen, die Kundschaft besser einzubinden, zu informieren, Planungen und Intentionen offenzulegen, zu vermitteln, zu erklären.
Ich will überhaupt nicht sagen, dass wir drei die einzigen Redakteure waren, die so etwas für wünschenswert und dringend gehalten haben. Aber wir waren die einzigen, die konkret darauf hin gearbeitet haben. Leider kam der Bruch des Verlags mit Mark und unser folgender Ausstieg noch bevor wir der Redaktion und dem Verlag unsere Ziele und Visionen in systematischer Form darlegen konnten. Aber die Signale, die wir im Vorfeld erhalten haben, deuten nicht darauf hin, dass der Verlag überhaupt Interesse daran gehabt hätte, sich mit uns auseinanderzusetzen (obwohl wir von einzelnen Mitgliedern der Kernredaktion positive Rückmeldungen erhalten hatten).
Das Thema Metaplot ist jedenfalls sehr vielschichtig und komplex, da gäbe es noch viel Raum für Erklärungen und Diskussionen. Die verschiebe ich mal auf einen späteren Zeitpunkt."