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Kartenspiel Warhammer Invasion - Das Kartenspiel

sonic_hedgehog

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Nach Tabletop, Rollenspiel und diversen Romanen nun der jüngste Spross des Warhammer-Universums – Warhammer Invasion – das Living Card Game.

Living Card Game (LCG)?
LCG folgen spielerisch den altbekannten Prinzipien der Sammelkartenspiele (CCG/TCG), den meisten bekannt als Magic - The Gathering, Dark Force, Legend of the five Rings, Yu-Gi-Oh, … - unterscheiden sich aber in einem entscheidenden Punkt:
Zum Prinzip der TCG gehört, dass Karten verschiedenen Häufigkeitsstufen zugeteilt sind und ihr Auftreten in den Kartensets (Starter/Booster) Booster weitgehend zufällig ist. Somit erfordert es entweder Glück, den Kauf mitunter recht großer Kartenmengen oder geschicktes Tauschen/Kaufen einzelner Karten um an gewünschte, spieltechnisch mächtige (und meist seltene) Karten heranzukommen.
Das Prinzip des LCG im Gegensatz dazu besteht darin, dass Karten nur in festgelegten Zusammenstellungen verkauft werden, das Zufallselement also entfällt. Selbst unter Beibehaltung des Prinzips regelmäßiger Erweiterung des Kartenpools sollte daher der Kostendruck, der auf die Spieler ausgeübt wird, deutlich geringer sein. Trotzdem sollte man für eventuelle Rechnungen die UVP des Grundspiels von 29,95€ und die UVP von 7,95€ für die erste Erweiterung von 40 Karten bedenken.

All das trifft natürlich nur auf Spieler zu, die nicht nur (was eingeschränkt durchaus möglich ist) mit den im hier vorgestellten Grundspiel enthaltenen Grundzusammenstellungen gegeneinander antreten wollen, sondern die aus den Karten des Grundspiels und der Erweiterungskartensets individuelle, optimierte Kartendeck zusammenstellen und eventuell an Turnieren teilnehmen wollen. Und damit sind wir schon in medias res:

Das Grundspiel zu Warhammer Invasion legt das Fundament für Kartenduelle im Warhammer-Universum. Der quadratische Karton (der für ein Kartenspiel mit 30cm durchaus groß geraten ist) enthält neben dem Regelbuch, den Hauptstadtkarten der 4 enthaltenen Völker (Imperium, Zwerge, Orks und Chaos) und diversen Markern (Ressourcen-, Schadens- und Brandmarkern) vor allem die 220 Basiskarten – 4 Völkerzusammenstellungen von je 40 Karten, 24 neutrale Karten, je 5 Karten der beiden noch nicht enthaltenen Völker sowie Spezialkarten zur Verwendung im Draftformat, die, das sei an dieser Stelle gleich angemerkt, in diesem Karton ohne weitere Hilfsmittel leider nicht vernünftig aufbewahrt werden können.

Auch an dieser Stelle sei erwähnt, dass mit Eric M. Lang und Nate French nicht nur zwei Autoren das Spiel entwickelt haben, die bereits einige Erfahrung auch auf diesem Gebiet haben, sondern sich mit Kevin Childress auch ein erfahrener Warhammer-Illustrator für das Grafikdesign verantwortlich zeichnet – die Illustrationen passen also zu denen anderer Warhammerprodukte und werden folglich die gleichen Anhänger und Gegner haben. Für alle, die Warhammer noch nicht kennen sollten: Das Warhammer-Universum ist kein freundlicher Ort…

Aber zurück zum Spiel:
Die Grundprinzipien der meisten CCG/LCG ähneln sich und auch Warhammer Invasion macht da keine Ausnahme:
Abwechselnd durchlaufen die (üblicherweise zwei) Spieler Spielrunden, in denen das Spielfeld und die Karten für die Verwendung vorbereitet werden, neue Karten auf die Kartenhand gezogen werden und anschließend in das Spielfeld ausgespielt werden, und schließlich mit diesen und den Handkarten der Gegenspieler angegriffen wird. Den Abschluss bildet das Entsorgen dabei verbrauchter Karten.

Im Fall von Warhammer Invasion stellt sich das wie folgt dar:
Zwei Spieler (mehr Spieler sind laut Regelbuch nicht vorgesehen, aber in Anlehnung an andere CCG/LSG sicher möglich und in einigen Kartentexten auch angedeutet) stellen sich aus den vorliegenden Karten Decks zusammen, die aus mindestens 50 und maximal 100 Karten bestehen und in denen gleiche Karten maximal dreimal enthalten sein dürfen. Am Anfang sollte man zur leichteren Eingewöhnung dafür einfach ein Deck wählen, das aus den 40 Karten eines Volkes und 10 neutralen Karten besteht – später kann man dann beliebig Karten aus einer der Fraktionen Ordnung (Imperium, Zwerge, Hochelfen) oder Zerstörung (Chaos, Orks, Dunkelelfen) verwenden.
Diese Karten werden gemischt und als Zugstapel bereit gelegt – die obersten 7 Karten bilden die Anfangshand. Vor jedem Spieler wird dann der Hauptstadtplan seiner Fraktion bereitgelegt, der auch die drei Bereiche seines Spielfeldes definiert – die Zonen Schlachtfeld, Quest und Königreich.
Anschließend durchlaufen die Spieler abwechselnd Spielrunden, die aus vier Phasen bestehen:
In der Königreichphase erhält der aktive Spieler Ressourcen abhängig von der in seiner Königreichszone akkumulierten Macht,
in der Questphase zieht er Karten in Abhängigkeit von der in seiner Questzone akkumulierten Macht.
In der anschließenden Hauptstadtphase kann er dann Karten von seiner Hand in die verschiedenen Zonen spielen: Einheitenkarten, die dazu genutzt werden können die jeweiligen Zonen zu verteidigen, in der Questzone spezielle Aufgaben zu erfüllen oder auf dem Schlachtfeld die gegnerische Hauptstadt anzugreifen, Hilfskarten, die Einheiten oder Zonen verstärken können, Questkarten, die die o.g. speziellen Aufgaben definieren oder Taktikkarten, die spontane Effekte definieren (und als einzige auch als Reaktion auf gegnerische Aktionen gespielt werden können). Bezahlt werden all diese Karten mit den in der Königreichphase erlangten Ressourcen, wobei sich die Kosten aus einem konstanten und einem variablen Teil addieren – letzter sinkt mit steigender Zahl bereits aktiver Karten desselben Volkes.
In der Schlachtfeldphase kommt es schließlich zum Konflikt zwischen den beiden Spielern, der aktive Spieler kann mit beliebigen seiner Kreaturen eine Zone der gegnerischen Hauptstadt angreifen, die dieser mit seinen dort befindlichen Kreaturen verteidigen kann.
Ziel des Spiels ist es, als erster zwei der gegnerischen Zonen zu überrennen und so stark zu beschädigen, dass diese anfangen abzubrennen.

Im Vergleich zu anderen Spielen des Genres erfordert Warhammer Invasion einiges an taktischem Denken – jeder Spieler muss sich genau überlegen, wofür er seine begrenzten Kartenressourcen und deren Machtsymbole einsetzen will. Nicht nur, dass sie je nachdem in welche Zone er sie ausspielt, unterschiedliche Ziele vorantreiben können (Königreichzone => mehr Ressourcen um Karten zu spielen, Questzone => mehr Karten auf die Hand ziehen und damit zum Ausspielen zur Verfügung zu haben bzw. Quests erfüllen und besondere Boni erhalten, Schlachtfeldzone => den Gegner angreifen und das Spiel gewinnen), er kann sich auch dafür entscheiden, sie verdeckt als sogenannte Entwicklung abzulegen und somit die entsprechende Zone gegen Schaden zu verstärken. All diese Ziele sollten parallel in einem ausgewogenen Verhältnis erfüllt werden, wobei die Frage, was ausgewogen ist, auch davon abhängt, welches Volk den Hauptteil des Decks ausmacht – während z.B. die Zwerge sich recht langsam entwickeln und von einem Ausbau der Trefferpunkte der Zonen im späteren Spiel profitieren, profitiert das Chaos von der Möglichkeit, gegnerische Einheiten zu verderben (und damit zeitweise auszuschalten) und dann aggressiv von ihrer Verteidigung entblößte Zonen anzugreifen. Auch die anderen Völker haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, die bedacht werden sollten. Insgesamt erfordern die unterschiedlichen Völker also ein deutlich unterschiedliches Spielverhalten, scheinen aber ausgewogen zu sein.

Der Einstieg in das Spiel gelingt mit der Spielanleitung relativ leicht, insbesondere Spieler mit Erfahrungen in verwandten Spielen haben die wichtigen Regeln schnell verinnerlicht. Allerdings sollte man die kurze Spielanleitung relativ konzentriert lesen, da man beim Überfliegen leicht Nebensätze überliest, die erst im Spiel aufkommende Fragen beantworten und erst wiedergefunden werden wollen. Auch sollte man davon ausgehen, dass was in der Anleitung nicht erwähnt wird auch nicht passiert – so brauchten wir eine Internetsuche um uns sicher zu sein, dass vom Gegner überrannte und brennende Stadtteile trotzdem funktional sind – also auch in eine brennenden Questzone noch eigene Einheiten gespielt werden können und die Zahl der zu ziehenden Karten erhöhen oder dass als Entwicklungen ausgespielte Karten nur durch spezielle Karteneffekte umgedreht werden können, nicht aber durch reguläre Spielmechanismen.

Von solchen Fragen aber abgesehen ist die Spielanleitung gut verständlich und liefert auch einen interessanten Mechanismus zur Durchführung eines Drafts – wobei jeweils alle Karten der Ordnung und der Zerstörung mit 10 neutralen und 10 Draftkarten gemischt werden und wechselweise Karten dem Deck hinzugefügt oder aus dem Draft entfernt werden und dieser Vorgang durch die Draftkarten modifiziert wird.

Das Design der Karten ist – insbesondere für Anhänger des Flairs des Warhammer-Universums – gelungen und auch die Flavourtexte und Kartennamen transportieren die richtige Atmosphäre, an dieser Stelle geben sich die Verlage keine Schwäche.

Insgesamt ist das Grundspiel ein solider Start für das Living Card Game Warhammer Invasion.
Die Aufteilung des Spielfelds in drei Zonen bewirkt eine stärkere taktische Komponente als es beispielsweise bei Magic der Fall ist, unterschiedliche Eigenheiten der verschiedenen Fraktionen gehören zum Standardrepertoire des Genres, sind aber gut umgesetzt.
Mit etwas Erfahrung wird es Ziel der Spieler werden, durch die Zusammenstellung individueller Decks die gewünschten Vorteile des Lieblingsvolkes zu verstärken und dessen Nachteile zu kompensieren – was dann schnell an den Punkt führen wird, dass die in einem Grundspiel enthaltenen Karten nicht ausreichen, sei es weil man sich Möglichkeiten wünscht, die erst die Karten einer Erweiterung liefern oder weil man eine Karte, die im Grundspiel nur einzeln enthalten ist mehrfach einsetzen möchte. Die an diesem Punkt zu fällende Entscheidung entweder weitere Karten zu kaufen oder sich selbst zu beschränken (und damit außerhalb des eigenen Spielerkreises u.U. nicht mehr konkurrenzfähig zu sein) ist dem Spielprinzip inhärent.
Dessen muss man sich als Spieler bewusst sein – Warhammer Invasion ist kein alleinstehendes normales Gesellschaftsspiel (und will es wohl auch nicht sein), denn dafür ist die Anzahl der mitgelieferten Karten einfach zu klein. Wer aber bereit ist sich auf ein sich ständig entwickelndes Kartenspiel einzulassen und warhammer-affin ist, der findet mit Invasion eine interessante Alternative zu anderen CCG/LCG.
Auf Dauer wird es wie im Genre üblich von der Qualität der Erweiterungen abhängen, welche Entwicklung das Spiel nimmt und ob neue Mechanismen in der Lange sind, Spieler mit neuen Möglichkeiten zu locken. Die Spielergemeinschaft dieses noch jungen Spiels scheint jedenfalls aktiv zu sein, so dass man durchaus Anschluss an andere Spieler finden sollte und auch erste Turniere in der sogenannten Warhammer Invasion Liga wurden bereits veranstaltet.

Mich persönlich hat das Warhammer-Fieber nicht gepackt, was schlicht daran liegt, dass ich mich nicht für die Grundstimmung des Warhammer-Universums begeistern kann und mir meine CCG/LCG-Hörner in der Vergangenheit an Magic abgestoßen habe. Wer diese beiden Punkte anders sieht, dem kann ich einen Blick auf Warhammer Invasion bedenkenlos empfehlen (und die Anschaffung eines Ordners um die Karten nicht im dem ungeeigneten Karton verwahren zu müssen).

Mein Dank gilt dem Heidelberger Spieleverlag, der diese Rezension ermöglichte.


Links:
Offizielle Seite des Warhammer Invasion LCG
Kartenliste der deutschen Version
 
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