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Brettspiel Villen des Wahnsinns

Luzifer

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Was passiert, wenn die Welt von H.P. Lovecraft unter Aufsicht des englischen Spieleverlages Fantasy Flight Games (unter Beteiligung des deutschen Verlages HSV) auf den Spieleentwickler Corey Koniezka trifft, der sich auch für das epische Spiel Runewars verantwortlich zeichnet? Heraus kommt das atmosphärische Koop-Spiel „Villen des Wahnsinns“.

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Spielmaterial

Erst mal zu dem augenscheinlichen: Die Verpackung ist eine quadratische Box, in gängiger Größe. Die Zeichnung darauf ist vom Illustrator Christopher Burdett, der für sämtliche Graphiken zuständig war. Die Bilder schwanken zwischen dramatischen Zeichnungen, bis hin zu guten Comicanlehnungen.
Neben den 2(!) Spielanleitungen stehen sofort die einzelnen Raumteile auf Karton ins Auge, welche später zu dem Spielplan zusammengestellt werden, und zwischen den Spielen deutlich variiert werden können, weil beidseitig bedruckt. Der Stil erinnert stark an die Welt von "Call of Cthulhu", das Rollenspiel, welches auf den Geschichten von H.P. Lovecraft aufbaut. Der darin enthaltene Mythos ist auch Grundlage dieses Spiels.
Verwirren lassen sollte man sich aber nicht. Auch wenn auf der Box das Symbol von „Arkham Horror“ aufgedruckt ist (wird auch von HSV vertrieben), ist „Villen des Wahnsinns“ ein komplett eigenständiges Spiel. Nur der Hintergrund ist der gleiche.

Weiter kämpft man sich durch eine Vielzahl von Markern und Karten in zwei Größen (normal und klein, wie bei "Runewars" -> da scheint Corey K. offensichtlich drauf zu stehen). Die Karten sind aus Papier, was man so nicht von HSV erwartet hätte. Man hätte davon ausgehen können, dass mittlerweile die wasserabweisenden gummierten Karten als etwas teurerer, dafür lohnender Standard bei HSV gilt (auch hier ist als Referenz das Spiel „Runewars“ heran zu ziehen).
Schließlich stößt man auf zwei Arten von Plastikfiguren: Ermittler und Monster. In hellem Grau und etwas weicherem Plastik sind die Monster gegossen. Die Qualität ist mittelprächtig. Details sind aber noch gut zu erkennen. Trotz Kleber fallen die dünnen Sockel kleinerer Monster (Zombies, Wahnsinnige) aber leider öfters von ihren mitgelieferten Basen. Deutlich besser gelungen sind die dunkelgrauen Ermittler, mit hoher Detailgenauigkeit in Hartplastik. Warum es zwei Qualitätsstufen gibt, ist wie die Frage nach den Kartonkarten unklar.
Insgesamt beeindruckt der Inhalt des Spiels aber von Anfang an. Der Inhalt ist massig. Das führt aber wiederum zu dem Problem, dass man nach dem Sortieren aller Gegenstände nicht weiß, wohin damit. Es gibt nicht genug Trennteile und auch der Platz ist schnell beengt, wenn man alle Monster mal vorbereitet hat. Wünschenswert wären zumindest kleine Plastiktüten gewesen, wie sie z.B. der Pegasus Verlag mitliefert in einem solchen Falle.

Wer es genau wissen will, dem wird hier noch mal der genaue Übersicht über den Inhalt offenbart:

[MI]• Zwei Regelhefte (Regeln, inklusive Ermittlerhandbuch; Bewahrerhandbuch)
• 8 Ermittlerfiguren
• 24 Monsterfiguren, bestehend aus:
-- 2 Chthoniern
-- 2 Kultanführern
-- 6 Kultisten
-- 2 Hunden von Tindalos
-- 2 Wahnsinnigen
-- 2 Mi-Gos
-- 2 Shoggothen
-- 2 Hexen
-- 4 Zombies
• 1 zehnseitiger Würfel

• 224 kleine Karten, diese beinhalten:
-- 83 Durchsuchungskarten
-- 20 Zauberkarten
-- 14 Startausrüstungskarten
-- 32 Eigenschaftskarten
-- 12 Türschlosskarten
-- 7 Hinderniskarten
-- 35 Mythoskarten
-- 21 Traumakarten
• 126 Karten in normaler Spielkartengröße, bestehend aus:
-- 65 Kampfkarten
-- 8 Charakterkarten für Ermittler
-- 25 Ereigniskarten
-- 13 Bewahreraktionskarten
-- 15 Zielkarten
• 9 Stanzbögen, diese beinhalten:
-- 15 Kartenteilen (1 großes, 7 mittlere, 7 kleine)
-- 72 Schadensmarker
-- 24 Horrormarker
-- 24 Monstermarker
-- 18 Requisitenmarker
-- 4 Gewebeprobenmarker
-- 12 Markern für versiegelte Türen
-- 24 Fertigkeitspunktemarker
-- 24 Zustandsmarker
-- 13 Entscheidungsmarker
-- 12 Drohmarker
-- 6 Zeitmarker
-- 3 Türschlossrätselunterlagen
-- 15 Türschlossrätselplättchen
-- 23 Runenrätselplättchen
-- 3 Schalträtselunterlagen
-- 15 Schalträtselplättchen
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Regeln

Bei „Villen des Wahnsinns“ heißt die Devise: Einer gegen Alle bzw. alle gegen einen. Ähnlich einem Spielleiter im Rollenspiel übernimmt einer der Spieler die Funktion des Antagonisten, im Spiel „Bewahrer“ genannt. Er lenkt die Monster, manipuliert die Spielfiguren und sorgt für Angst und Schrecken. Alle anderen sind Ermittler.
Das Ziel der Ermittler ist es häufig in einer der „Villen des Wahnsinns“ Hinweise zu finden, was hier passiert ist. Der Bewahrer versucht das zu verhindern, wenn nicht gar, sie zu töten.

Aber neben dem Tod lauert den Ermittlern oft etwas noch schlimmeres auf: Wahnsinn. Ermittler haben neben ihren Lebenspunkten auch eine „Geistige Stabilität“. Wie der Körper schaden nehmen kann, so kann auch der Geist der Ermittler geschädigt werden, ausgedrückt durch Schadenspunkte und Horrorpunkte. Je labiler der Investigator ist, umso leichter ist es für den Bewahrer ihn zu traumatisieren. Bis hin zu der Möglichkeit einen wahnsinnigen Ermittler (geistige Stabilität von 0) zu lenken und gegen seine Mitspieler vorgehen zu lassen. Horror wird mittels Monstern, aber auch Karten des Bewahrers verbreitet, für die er Drohpunkte ausgeben muss. Sie sind die Währung des Bewahrers. Er erhält sie pro Runde, abhängig von der Anzahl der Ermittler.

Die Ermittler dagegen haben jede Runde die Möglichkeit sich zwei Felder weit zu bewegen und eine Aktion durchzuführen. Unter Aktion versteht man ein großes Spektrum an Möglichkeiten: Räume durchsuchen, Monster angreifen, Zauber lernen, Zauber wirken, Gegenstände benutzen, etc. Hierbei können sich die Spieler untereinander ständig absprechen. Offen steht ihnen auch die Wahl der Reihenfolge ihrer Züge, und das in jeder Runde.
Bei den Durchsuchungen stoßen die Spieler auf neue Gegenstände, wie Waffen, Artefakte, Zauber usw., aber auch auf die begehrten Hinweise! Erst wenn genug Hinweise gefunden wurden, wird das finale Spielziel offenbart. Der Bewahrer hat den Vorteil die Zielbedingungen schon von Anfang an zu kennen. Durch Zeitmarker ist im Spiel auch gleichzeitig noch eine Art Countdown eingebaut, der die Spieldauer begrenzt. Je nach Szenario läuft die Zeit für oder gegen den Bewahrer. Und sogar ein Patt ist möglich, dann haben beide Parteien verloren.

Die Charaktere der Spieler werden aus insgesamt 10 Typen ausgewählt. Sie verfügen über ganz unterschiedliche Eigenschaften (Stärke, Treffsicherheit, Geschicklichkeit, Intelligenz, Willenskraft und Glück), sowie eigener Startausrüstung. Im Spiel werden in vielen Situationen diese Eigenschaften getestet. Deswegen ist es wichtig auf eine ausgewogene Zusammenstellung der Gruppe zu achten. Drei Kampfschweine werden zusammen ebenso in Bredouille geraten, wie drei kopflastige Stubenhocker. Die Mischung machts.
Mindestens einen „intelligenten“ Charakter sollte man schon allein wegen den Rätseln im Spiel haben. Rätsel sind eine neue eingeführte und sehr interessante Abwechslung im Spielverlauf. Beim Öffnen von Türen und anderen Situationen können die Ermittler aufgefordert werden eine von 4 Arten von Rätsel zu lösen. Die bekannteste Form davon ist das Verschieben von Kartonplättchen, bis ein bestimmtes Bild zu erkennen ist.


Fazit

„Villen des Wahnsinn“ ist für 2 – 5 Spieler, wobei es immer zwei Parteien gibt. Bei vier Spielern kommt der Bewahrer schneller ins Schwitzen, während ein Ermittler es schwer haben wird, zu überleben, wenn es nicht sogar unmöglich ist. Im Horrorfilm ist es schließlich auch ein böser Fehler sich aufzuteilen. Das gilt auch bei diesem Spiel, denn ein einzelner Ermittler, der von der Gruppe getrennt ist, stellt immer ein sehr beliebtes Ziel für den Bewahrer dar. Sollten sich dennoch nur zwei Leute finden, hat man immer noch die Möglichkeit, dass einer zwei Ermittler führt.
Die reine Spieldauer variiert realistisch gesehen zwischen 2 – 3 Stunden (wie auch vom Hersteller angegeben). Was hier noch nicht mit eingerechnet wurde, ist die Zeit, welche das Aufbauen des Planes und das spätere Sortieren und Einräumen des Spielmaterials kostet. Der Aufwand drum herum ist zum wahnsinnig werden!

Das Design des Spiels, der Figuren und aller Graphiken passen sehr gut zusammen und bilden die Basis für eine unheimliche Atmosphäre. Das wird noch durch die Eingangs-, Hinweis- und sonstigen Kartentexte unterstützt. Die Bewegung von Raum zu Raum beschleunigt schnell mal den Herzschlag, wenn dort eine unbekannte Macht laueren könnte.
Der Bewahrer muss sich von Anfang an eine gute Taktik zurecht legen, wie er sein Spielziel am besten erreicht und gleichzeitig die Ermittler maximal behindert. Ein ökonomischer Umgangmit den Drohmarken (der Währung des Bewahrers) ist dabei spielentscheidend.
Bei den Ermittlern ist es wichtiger pro Spielrunde die Entscheidung zu treffen, wie sie sich aufstellen und ihre Züge abhandeln. Auch das Gebot, sich möglichst wenig zu trennen, ist schon ein prägnanter Faktor, der es dem Bewahrer schwer macht. Bei den Aktionen der Ermittler, wie auch im Kampf, spielt Glück eine große Rolle. Die Eigenschaften werden mit dem W10 (zehnseitiger Würfel) ausgewürfelt. Unterschreitet man dabei seinen Eigenschaftswert, hat man die Probe bzw. den Angriff geschafft (Boni und Mali treten dabei öfters auf). Gegen eine Gruppe mit unverschämtem Würfelglück haben dann selbst Kultistenarmeen des strategisch vorgehenden Bewahrers keine Chance.

Wer die Rolle des Bewahrers übernimmt, ist erst mal in der Verantwortung. Er kennt zwar die Hintergründe und Geheimnisse des Villa (sprich des Szenarios, von denen es 5 Stück mit jeweils verschiedenen Varianten gibt), aber er muss gleichzeitig auch ein vielfaches an Regeln mehr beachten, als die Ermittler. Insgesamt sind die Regeln aber nicht besonders komplex. Einige Punkte sind zunächst etwas knifflig. Das Spiel als Bewahrer liegt nicht jedem, zumal man auch meist als Einzelner gegen Mehrere (Gehirne) spielt. Abhängig vom Szenario ist das mal leichter, mal schwerer. Interessant ist es sicherlich beide Seiten mal zu spielen.

Mit Anleihen aus anderen Spielen (wie z.B. Arkham Horror) wird bei „Villen des Wahnsinns“ eine dichte Atmosphäre mit strategischen Komponenten verknüpft. Der Spielspaß ist aufgrund eines stimmigen Konzeptes auf beiden Seiten gegeben, es sei denn das Würfelglück schlägt zu sehr in eine Richtung aus. Das vermag schon zu frustrieren. Grundsätzlich ist das Spiel aber gut ausbalanciert, was bei der Vielzahl von Komponenten gar nicht so einfach ist. Sehr innovativ sind die Rätsel. Als „Spiel im Spiel“ sorgen sie mehrmals im Spiel für noch mehr Abwechslung.
Abzüge in der B-Note geben die kleinen (und meiner Meinung nach unnötigen) Einsparungen in der Qualität, und die geringe Anzahl an Szenarien. Die Fünf werden aufgrund der Lust am Spiel schnell durchgezockt sein, auch wenn es diverse Variationen bei den Szenarien gibt. Für die englische Originalversion ist bereits das erste Zusatzszenario heraus gekommen, mit neuen Karten etc. Damit ist in Deutschland auch zu rechnen, was zu weiteren Kosten führen wird. Bei einem Spiel für über 50 Euro sollte das nicht unbedingt sein, auch wenn es sich in der letzten Zeit zum Trend abzeichnet. Offen steht einem natürlich eigene Szenarien zu entwerfen, wenn man sich in der Welt der Villen etwas besser aus kennt. Die Frage hier ist lediglich, ob sie auch für beide Seiten ausbalanciert sind.

Sieht man von diesen Kleinigkeiten ab, kann man „Villen des Wahnsinns“ wirklich empfehlen, vor allem wegen des hohen Spielspaßes und des ganz besonderen Flairs.


Diese Rezension entstand mit freundlicher Unterstützung des Heidelberger Spieleverlages.
 

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