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Brettspiel Tod dem Tyrannen (Heidelberger Spieleverlag)

sonic_hedgehog

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Titel: Tod dem Tyrannen
Autor: Łukasz Woźniak
Spieleranzahl: 2
Altersempfehlung: ab 10 Jahren
Spieldauer: 20 - 30 Minuten
Verlag: Heidelberger Spieleverlag- Galakta
Erscheinungsdatum: August 2014
ASIN: B00LTSJI0U

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Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon, den Dolch im Gewande:
Ihn schlugen die Häscher in Bande,
"Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!"
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
"Die Stadt vom Tyrannen befreien!"
"Das sollst du am Kreuze bereuen."

Dieses alte Gedicht kam mir in den Sinn, als ich die Schachtel von „Tod dem Tyrannen“ das erste mal öffnete und die Spielbeschreibung las.
Der tyrannische König wird von erbosten Bürgern, unter Ihnen 3 versteckte Meuchler, auf seinem Weg durch die Stadt verfolgt. Geschützt durch seine Ritter versucht er, sein Schloss zu erreichen um in Sicherheit – naja – das zu tun, was man als Tyrann nun mal so tut. Die Meuchler hingegen sehen ihre Chance gekommen: Den König außerhalb seiner sicheren Gemäuer anzutreffen, einzig geschützt durch eine kleine Leibwache, ist eine Chance, die so schnell nicht wieder kommt.

Das beschreibt die Ausgangslage des Zweipersonenspiels: Einer der Spieler steuert den König und seine 7 Ritter, der andere Spieler steuert insgesamt 12 Bürger – jeweils symbolisiert durch Pappfiguren in Plastikaufstellern. Drei der Bürger sind Meuchler – die allerdings bis zur Offenlegung ihrer Identität durch den Meuchlerspieler verdeckt agieren. Ziel des Königs ist es, a) zu überleben und dabei b) sein Schloss zu erreichen. Ziel der Meuchler ist es, entweder den König zu töten oder ihn alternativ daran zu hindern, sein Schloss zu erreichen.
Beide Spieler haben 15 Runden Zeit, ihr jeweiliges Ziel zu erreichen. Für jede Runde wird durch die aufzudeckende Rundenkarte festgelegt, wie viele Züge die Parteien in dieser Runde durchführen dürfen und ob es dem König erlaubt ist, verdächtige Bürger zu verhaften.

Kommen wir damit zum Kern des Ganzen:
Tod dem Tyrannen ist im Prinzip ein einfaches Zugspiel. Der doppelseitig bedruckte Spielplan zeigt auf 10x10 quadratischen Feldern die Szenerie einer mittelalterlichen Innenstadt – Häuser, Gassen und Plätze. Vorgegeben sind die Startpunkte für die Figuren, auf Seite A auch der Startpunkt des Königs, auf Seite B stehen dem Spieler des Königs für ihn zwei mögliche Startfelder zur Verfügung. Gezogen wird einzig vertikal oder horizontal, jedes Feld kostet dabei einen Bewegungspunkt. In jeder Runde zieht zuerst der Spieler des Königs den König und seine Ritter, im Anschluss bewegt der Spieler der Meuchler seine Figuren.
Dabei gilt es einige Punkte zu beachten:
Die Figuren, mit Ausnahme des Königs, unter dessen Würde das wäre, dürfen sich neben den Straßen auch auf Dächern bewegen. Auf ein Dach zu klettern erfordert allerdings zwei Bewegungspunkte.
Ritter können, auch irgendwie passend, Bürger aus dem Weg stoßen und somit den Weg für den König bahnen. Bürger hingegen können zwar passiv den Weg blockieren, nicht aber ihrerseits Ritter wegstoßen (wohin kämen wir denn da hin?).
Nicht zu vergessen aber: Drei der Bürger wurden im Vorfeld vom Spieler verdeckt als Meuchler ausgewählt. Diese können, allerdings nur, wenn ihre Identität aufgedeckt wurde, zum einen deutlich schneller auf Dächer klettern (nur ein Bewegungspunkt) und von Dächern springen (null Bewegungspunkte) und nicht zuletzt Ritter und den König (für einen Bewegungspunkt) angreifen. Ein Angriff ist nur auf das Nachbarfeld möglich, hat aber in jedem Fall Erfolg und tötet den angegriffenen Ritter oder verletzt den König (der erst mit dem zweiten Treffer ausgeschaltet wird).
Ritter und König sind aber nicht wehrlos:
Aufgedeckte Meuchler können von Rittern angegriffen und getötet werden.
Sollte die Rundenkarte neben der Zahl der Bewegungspunkte auch das Handschellensymbol zeigen, ist den Rittern sogar möglich, einen willkürlich gewählten, potentiell unschuldigen aber störenden Bürger zu verhaften.
Sowohl verhaftete als auch getötete Figuren werden aus dem Spiel genommen – sollte ein noch nicht aufgedeckter Meuchler verhaftet werden, ist auch dieser für den Spieler verloren.

Daraus ergeben sich verschiedene taktische Optionen:
Die Bewegungspunkte des Königs sind insgesamt zu knapp bemessen, um große Umwege oder Richtungswechsel auf der halben Strecke zu erlauben. Insofern ist der Weg des Königs nach den ersten Runden relativ festgelegt.
Ritter können Bürger stoßen oder verhaften und so den Weg frei machen – es ist aber nicht möglich, alle Bürger zu verhaften. Dennoch ist es ein verhafteter Bürger immer eine störende Figur weniger.
Der Spieler des Meuchlers hat den Vorteil, durch geschicktes Ziehen die Identität seiner Meuchler zu verhehlen. Angesichts des Bewegungsvorteils, den aufgedeckte Meuchler auf Dächern haben, ist eine Hit and Run Strategie erfolgversprechend.
Aber auch passiver Widerstand kann sich lohnen – Bürger, die mit dem Rücken zur Wand stehen, können nicht auf Dächer oder vom Brett gestoßen werden (irgendwie logisch) und daher in der Masse dem König den Weg verlegen. Womit wir wieder bei den knapp bemessenen Bewegungspunkten wären...
Klingt nach Vorteilen für die Meuchler – allerdings ist es durch das Verbot diagonaler Bewegungen möglich, einen geschlossenen Schutzwall aus Rittern um den König zu legen. Die drei Meuchler können zwar auch Ritter ausschalten, allerdings kostet der erste Angriff in jeder Runde einen Bewegungspunkt, der zweite zwei Bewegungspunkte und mehr ist dann auch nicht mehr möglich. Und aufgedeckte Meuchler sind für verbleibende Ritter im Regelfall ein Pflichtziel.
In unseren Testpartien gewannen Meuchler und König gleich häufig – allerdings schien uns der Spieler des Königs leicht im Vorteil. Interessanterweise findet man im Internet gegenteilige Meinungen, was schon wieder auf ein gutes Balancing hindeutet.

Wir waren von „Tod dem Tyrannen“ sehr angetan. Es ist eines der Spiele, die schnell erklärt und begriffen sind, die also auf einfachen Regeln beruhen und erst im Spiel ihre Tiefe offenbaren. Aktion und Reaktion zwingen zu stets neuen Überlegungen, eine sichere Siegstrategie konnten wir bisher für keine Seite entdecken. Da die 15 Runden, sofern man nicht zu viel grübelt, in 30 Minuten gut zu spielen sind, ist „Tod dem Tyrannen“ dabei ein Spiel, das man zwar vielleicht nicht eben zwischendurch, aber dennoch auch mal eben so auf den Tisch holt. Wobei der Wunsch nach einer Revanche meist sofort geäußert wird.

Optisch müssen einem die Pappfiguren natürlich gefallen. Ein Traum wäre natürlich, hier für die Bürger 12 verschiedene Minis (wichtig, um die Meuchler unzweideutig festlegen zu können) und für die Ritter 7 gleiche Minis zu verwenden (und natürlich eine für den König). Das allerdings hätte den Preis in eine Höhe getrieben, der vermutlich weder angemessen noch vertretbar wäre. Insofern sind die schön gezeichneten Pappkärtchen in ihren Plastikaufstellern zwar irgendwie nicht perfekt, aber funktional und wahrlich auch nicht hässlich.

Meinerseits eine klare Empfehlung für dieses taktische Zweipersonenspiel!

Diese Rezension entstand mit freundlicher Unterstützung des Heidelberger Spieleverlages.

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[48/50] - Spielspaß
[19/20] - Spielthema/-regeln
[16/20] - Ausstattung
[10/10] - Preis/Leistungs-Verhältnis

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