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Sci-Fi / Fantasy The Unwritten 1

Illister

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Tom Taylor ist berühmt. Nicht, weil er es sich ausgesucht hat, sondern weil sein Vater eine Romanfigur erschuf, die fast den gleichen Namen trägt und ihm auch noch ähnlich sieht. Tom verdient sein Geld nun mit Auftritten und Signierstunden als Tommy, dem jungen Zauberer, über den Toms Vater vor seinem Verschwinden 13 Bücher schrieb. Gerade als Tom beschließt, sein Leben als Verkörperung Tommys aufzugeben und sein eigenes endlich anzufangen, überschlagen sich die Ereignisse – Buchbösewichte scheinen in die Realität gedrungen zu sein und viele Fans sehen in Tom einen aus der Fantasiewelt entstiegenen Messias.

Zugegeben, die Story klingt nach einer faden Mischung aus Harry Potter und Tintenherz. Die ersten Kapitel des Comics bestätigen diese Vermutung auch noch zunächst. Tommy ist ein Zaubererjunge, mit Harry-Potter-Brille und zwei Freunden, einem Mädchen und einem Jungen. Tom selbst hat ein spurlos verschwundenes Elternteil und begegnet plötzlich den Bösewichten der Romane. Man ist versucht, den Comic beiseite zu legen, ein allzu typisches Ende scheint in Aussicht. Wer aber weiterliest, entdeckt, dass sich die Geschichte noch stark entfaltet und den Sprung vom Kinderroman-Verschnitt zu einem Comic für Erwachsene schafft. Und das tut sie nicht allein mit Hilfe einiger blutiger Szenen, nein, auch die Komplexität, die runden (wenn auch anfangs etwas zu mysteriösen) Charaktere und ein Ausflug in die Romangeschichte tragen dazu bei. Am Ende des Comics möchte man unbedingt weiterlesen und man ärgert sich, dass man bis zum nächsten Teil noch eine Weile warten muss. Die Cliffhanger in diesem Comic sind sehr geschickt platziert und halten die Spannung aufrecht – aber es wird eine Aussicht auf Klärung gegeben, so dass man am Ende nicht allzu unbefriedigt zurückbleibt.

Die Geschichte zudem wird gut präsentiert. Keine verzerrten Proportionen wie bei vielen Kindercomics, aber auch keine übermuskulösen Superhelden; ganz normale Menschen werden mit sauberen, realistischen Zeichnungen dargestellt. Das verleiht dem Comic ein gewisses Erwachsensein und Seriosität. Die Zeichnungen signalisieren gleich, dass dieser Comic ernst ist und in unserer Welt spielt. An den Kapitelanfängen und in bestimmten Szenen wurde zudem anders koloriert, so dass der Leser direkt merkt, dass hier etwas anders ist. Insgesamt ist die Koloration einfach nur hervorragend; die Farben verstärken die jeweilige Stimmung und die Brauntöne des kleinen Geschichtsausflugs passen einfach perfekt zu ihrem Zweck. Kein Wunder, denn hier waren echte Profis am Werk. Mike Carey und Peter Gross haben schon vorher zusammengearbeitet und das merkt man The Unwritten auch an.

Natürlich gibt es auch kleine Abstriche, die aber nur sehr pedantischen Lesern auffallen. Die Schriftarten unterscheiden sich von denen in der Originalfassung und passen nicht immer zu den Szenen; generell wurden sie eher schlecht ausgewählt. Man hat zwar einen Comic, aber Comic Sans ist selten die passendste Schrift. Dafür ist die Editierung der Schrift außerhalb der Sprechblasen sehr gut gemacht und die Übersetzung selbst ist solide. Die zusätzlichen Zeichnungen am Ende und am Anfang sowie die Einführung von Bill Willingham wurden auch in der deutschen Version beibehalten und bieten dem Leser einen kleinen Bonus.
Die deutsche Version wird dem Original aber insgesamt gerecht, was auch an dem gut gewählten Format und der etwas festeren Broschierung liegt.

Alles in Allem kann man The Unwritten 1 nur weiterempfehlen. Comicfans, Fantasyleser und überhaupt alle, der gerne liesen und Comics nicht komplett abgeneigt sind, sollten zumindest einen Blick in diese gut gemachte Graphic Novel werfen. Denn dieser Comic verdient die Bezeichnung Graphic Novel wirklich – es ist ein grafisch dargestellter Roman. Und zwar ein guter.

An dieser Stelle möchte ich dem Panini-Verlag danken, dass er diese Rezension ermöglichte.
 
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