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Tempel des Mondes

Rhizom

Heldenhaft
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Auf dem Vorhof zur Halle der Götter, nahe dem linken Innenhof und nahe der Treppe zum großen Dom steckt ein riesiges Zweihandschwert in der Erde. Betrachtet man es im Mondschein, könnte man meinen, es schimmert, man könnte meinen es reflektiere nicht nur den Mond, sondern es verstärke sein Licht.

Wollte jemand das Schwert aus dem Stein ziehen, sei es ein Riese von größter Kraft, würde er es keinen Zentimeter bewegen können. Es scheint mit der Erde verwachsen.
 
Rhizom tritt vor das Schwert und kniet sich nieder. Lange betet er zu seiner Göttin Selune. Und dankbar ist er, dass seine erste Aufgabe, die Legung des Grundstein des Tempels, nun vollbracht ist. Dann steht er auf und geht zum Schlafen zurück in seinen alten Bootsschuppen.
 
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Als die Dämmerung aufzieht, der Mond sein sanftes Licht über den Tempelbezirk gießt, und ein leichter Abendnebel mit einem schwachen Wind zu tanzen beginnt, tritt ein weiteres mal Karia aus dem Dunst. Ihr Blick verrät, dass sie wieder nur halb bei Sinnen ist, und hinter sich her zieht sie einen Schlitten, auf dem eine Decke über irgendwelche Dinge gebreitet wurde. Sie nähert sich dem Schwert, das dort im Boden steckt, lässt den Schlitten in zwei Schritt Entfernung stehen und streckt langsam ihre Hand nach dem Knauf der Waffe.

Noch eher ihre Hand den Knauf berührt, beginnt die Waffe wieder, ihr schwaches Leuchten auf die umliegende Umgebung zu werfen. Und je näher Karias Hand der Waffe kommt, desto stärker wird das Leuchten. In dem Moment schließlich, indem Hand und Knauf sich berühren, hat man fast das Gefühl, es würden Sterne in der Klinge funkeln. Karia verharrt mit der weit ausgestreckten Hand, schließt die Augen und stimmt ein leises Lied an. Das Lied der toten Zwillinge.

Zwischen den Strophen flüstert sie dem Schwert leise zu: "Die toten Zwillinge flüstern zu mir. Und sie flüstern von Tod. Ihre Mutter ist zornig. Und nur die Erinnerung daran, was das Madamal ist, kann dem Tod Einhalt gebieten. Oh Silberne Himmelsschale, verbinde Dich mit den Toten!"

Daraufhin sind sie weiter, löst sanft ihre Hand von dem Knauf und zieht langsam und bedächtig die Decke vom Schlitten. Unter der Decke kommen Gebeine zum Vorschein, zwei Schädel von Wölfen und offenbar einige weitere Wolfsknochen. Womöglich zwei vollständige Skelette.

Einen nach dem anderen nimmt Karia die Knochen und legt sie vorsichtig aber mit sicherer Hand um das Schwert herum, in einem Muster, das die Verbindung der beiden Skelette ebenso deutlich macht wie ihre Getrenntheit. Zuletzt platziert sie die beiden Schädel und lässt sie einander anblicken.

Sie tritt einen Schritt zurück und begutachtet das Knochenmuster. Dann lächelt sie, zieht einen großen Knochen an einer Kette unter ihrem Kleid hervor und beginnt, sich tänzelnd im Kreis um das Schwert und das Muster herumzubewegen. Während sie all das tut, singt sie weiter, nur hin und wieder zeigt sie auf die Skelette und unterbricht ihren Gesank kurz, um einmal laut hörbar den Atem auszustoßen: "Aaaach!".

Als sie schließlich ihren Tanz beendet hat, legt sie sich zu den beiden Wolfsköpfen, singt immer weiter ihr leises Lied und gerät wie es aussieht immer tiefer in ihren Trancezustand.
 
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Mit schnellen Schritten kommt Rhizom bei seinem Tempel an, sieht das wohlige Leuchten des Schwertes. Gut! Es scheint ihm auch angenehm warm in diesem Schein. Und davor liegt die Kupferhaarige und von ihr scheint der merkwürdige Gesang auszugehen, den er hört. Gesungen in einer fremden Sprache mit recht harten Konsonanten und auch erstaunlich vielen Konsonanten und wenig Vokalen, wie ihm scheinen will. Dennoch ist der Gesang erstaunlich weich.

Aber was ist das? Knochen! Jemand hat ein Muster aus Knochen um das heilige Schwert herumgelegt! Knochen! Tod! Schändung!
"Frevel! Der Tempel ist entweiht! Hilfe! Wer wagt es! Den Tempel der edlen Herrin Selune zu entweihen! Wer lästert der Göttin? Schmach! Frevel!"

Und für eine Weile schreit Rhizom weiter, gar nicht in der Lage, sich zu fangen. Doch noch während er schreit, ihm aber ganz und gar nicht bewusst, breitet sich ein warmes und wohliges Gefühl in ihm aus, so als sei eigentlich hier alles richtig und gar nichts falsch. Das aber kann Rhizom nicht bemerken.

"Frevel! Thevita! Stadträtin! Hier wurde der Göttin gelästert!"
 
Die Dunkelelfe ist dicht hinter Rhizom und schaut nun verständnislos auf die Szenerie. Dann legt sie dem alten Mann erstmal eine Hand auf die Schulter. "Gaaaanz ruhig..." sagt sie beschwichtigend. "Die junge Dame sieht weder aus wie eine Nekromantin, noch eine Dämonin, noch eine Teufelin... Kein Grund also, gleich den Kopf zu verlieren." Sie winkt noch einmal einem Tempeldiener. "Holt bitte den ehemaligen ersten Patriarchen. Ich bin hier NICHT zuständig." Der Tempeldiener entfernt sich schnellen Schrittes. Thevita wendet sich wieder an Rhizom. "Vielleicht sollten wir erstmal fragen, was sie damit beabsichtigt?" schlägt sie vor.
 
"Ähm. Ja! Jaja. Ihr habt selbstverständlich recht, edle Dame! Ach! Ach!" So sagt Rhizom, aber in seinen Gedanken geht nur ein Wort herum: oO Lästerung, Lästerung. Lästerung! Oo Und es fällt ihm sehr schwer, sich zu beruhigen in Anbetracht der größten aller Sünden.

... und doch ist da irgendetwas in ihm, was sehr sehr beruhigend ist. Eine weitere Stimme -- oder ist es der leise Gesang? Doch Rhizom ist nicht bereit, auf diese Stimme zu hören.
 
... Geschrei. Welch ein Geschrei. Karia erwacht und dreht sich um, der leise Gesang noch immer auf ihren Lippen. oO Oh! Der alte Mann! Und er hat einen hochroten Kopf. Und er schreit am laufenden Bande Oo

Sie setzt sich langsam auf. Und daneben eine Frau mit sehr dunkler Haut. Nein. Eine Elfin. Sie scheint ruhiger zu sein. Ah. Sie hat dem Mann zugeredet. Jetzt hat er aufgehört mit der Schreierei.

Mit sanfter Stimme, aber doch einem für alle Anwesenden merkwürdig fremden Akzent, sagt sie: "Seid bitte ruhig! Ihr stört den Schlaf der toten Zwillinge im silbernen Schein des Madamals!" ... und geht auf den großen Mann zu und berührt ihn mit der Hand an der Wange. Dazu muss sie sich weit nach oben recken, denn der Mann ist ein Riese.
 
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Die Dunkelelfe mustert das Geschehen und rollt innerlich mit den Augen. Götterdiener, Priester, Kleriker, alles Nervensägen. Sie hat die Hand noch nicht von Rhizoms Schulter genommen, der sieht nämlich nicht so aus als würde er hier irgendwen schlafen lassen wollen. "Schlaf stören hin oder her, es wäre besser, Ihr würdet euch erklären." sagt sie sehr leise, aber mit einem Stahl in der Stimme, den man ihr aller sonstiger Freundlichkeit vielleicht nich zutrauen würde.
 
Die Nivesin schaut Thevita an, als habe sie sie zum ersten Mal wahrgenommen. "Erklären. Ja. Ich werde es IHM erklären." Und ihr Blick schwenkt wieder hinüber zu Rhizom, der sie mit einer Mischung aus Wut und Angst und Ahnungslosigkeit anzublicken scheint.

Sie streicht noch einmal mit der Hand über seine Wange und scheint dabei eine bestimmte Position für ihre Finger zu suchen. Als sie die gefunden hat, schaut sie Rhizom direkt in die Augen und flüstert: "Und nun: ... Sieh!" ... und ihre Augen werden seltsam milchig, während ihre Fingerspitzen aufzuleuchten scheinen und eine sanfte Welle von Mondlicht über Rhizoms Gesicht streicht. "Sieh!"
 
Rhizom schaut noch einmal zu Thevita. Ja! Sie soll sich erklären. Er ist Thevita dankbar, dass sie da ist. Und dass ihre Hand auf seiner Schulter weilt. Warum fühlt er sich nur so schwach, verletzlich und hilflos? Derweil streicht die junge Frau über seine Wange. Es fühlt sich beruhigend, versöhnend an. Und dann, als sie das Wort sagt, "Sieh!", dreht sich alles vor seinen Augen und er wird in einen Strudel von Licht hineingerissen, der sich nach einiger Zeit beruhigt, und zu einer sich langsam drehenden Spirale aus Bewegungen von Sternen und Sternenkonstellationen wird. oO So schön! Sie scheinen alle einzigartig. Oo Zwischen all diesen Sternen, springt ganz klein, ganz im Hintergrund eine Wölfin herum, mit ihren zwei Welpen. Sie kommen näher, spielen ein Spiel: Eine jagt die andere, wer gefangen wird, wird die nächste Jägerin. Und ihre Mutter schaut sie an, schaut ihnen zu, und befindet es für gut. So lässt sie sie allein, zu zweit spielen, und geht ihrer Wege. Entspannt und völlig bei sich selbst sieht sie aus, majestätisch, als könne sie nichts erschüttern. Die Welpen währenddessen spielen weiter ihr Spiel. Nichts kann sie erschüttern, denn am Himmel sind nur sie und die Sterne. Sie springen von einem Stern zum anderen. Fangen und werden gefangen. oO Sie wirken so glücklich. Es sind Wölfe. Wie können Wölfe glücklich sein? Oo Die Wolfswelpen spielen mit den Sternen, greifen bisweilen einen mit dem Maul. Und in ihrem Biss wird der Stern ein Diamant. Eines der Welpen schluckt den Diamant, und rennt weiter davon vor dem anderen. Sie spielen. Aber irgendwo, auf der dunklen Seite eines Planeten, lauert eine andere Gestalt. oO Mada! Oo Rhizom weiß nicht, woher er ihren Namen kennt, aber er kennt ihn. Und sie ist eine Bedrohung, führt Böses im Schilde. Sie ist gierig. Die Wölfe kommen dem Planeten näher, hinter dem sie lauert. Rhizom will sie warnen. "Nicht dorthin, Ihr beiden, nicht dort hin!" Doch sie hören ihn nicht, und tollen weiter herum. Unschuldige Kinder der Himmelswölfin, denen nie ein Leid widerfahren war. Und in dem Moment, als die eine an Mada vorbeispringt, zieht Mada ihr Messer, hält die Welpe am Vorderbein und schlitzt ihr dem Bauch auf. Blut spritzt heraus, und sie sticht tiefer, ritzt, bis in den Magen. Der Wolf heult auf. Und ebenso Rhizom. "NEEEEIIIIN!!!" Die Gierige nimmt ihre bloße Hand, steckt sie tief in den Körper des jungen Wolfes, zieht sie wieder heraus und hält zwischen Blut und Fleisch... Diamanten! Rhizom hört sie auflachen, während der Blick des Welpen bricht. Das andere Wolfskind kommt herbei, möchte seinen Zwilling schützen, doch es weiß nicht, wie, denn es hat immer nur gespielt. So springt es die Gierige an. Die aber ist vorbereitet, weicht aus, hält auch das zweite Kind am hinteren Lauf und nutzt das Messer in ihrer anderen Hand noch einmal, um zuzustechen. Wieder. Und wieder. Sie sticht zu, bis das Wolfsjunge ein riesiges blutendes Loch im Bauch hat. Und wieder nimmt sie ihre Hand und greift in den Magen und findet Diamanten und lacht. Sie wirft den kleinen Wolf hinfort. Und sein Blick bricht. Auch dieser Wolf ist tot. "Oh Nein! Bitte! Wie grausam! Das kann nicht passiert sein!", schreit Rhizom. Die Gierige derweil schleicht sich hinfort. Von einer dunklen Seite eines Planeten zu der eines anderen. All das ist bis auf Rhizoms Schreie und das Lachen von Mada recht lautlos vor sich gegangen. Niemand hat etwas gemerkt. Und so wird die Himmelswölfin auch erst viel später aufmerksam. Wundert sich, dass Ihre Kinder nicht zurückkommen. Sie macht sich auf die Suche. Und am Ende... findet sie die ausgeweideten Leichen.

Was jetzt passiert, der Schmerz, der Verlust der Himmelswölfin, das ist nicht mit Worten zu beschreiben. Rhizom beobachtet und fühlt ihre Agonie, und es scheint ihm, dass er das für Äonen spürt. Eine Jagd beginnt auf diejenige, die die Diamanten genommen und dafür das Blut vergossen hatte, und zwei wundervolle Leben ausgelöscht, aber die Jagd bleibt erfolglos. So kommt die Wölfin oO Liska! Oo (das ist ihr Name, Rhizom kennt ihn, aber weiß nicht, warum) ... so kommt die Wölfin zurück und leckt die Körper ihrer Kinder sauber und zieht sie beide zu einer Silberschüssel, in die sie sie legt. Und die Silberschüssel zieht sie in den Himmel, auf dass man sie jede Nacht sehen könne, von dem Planeten aus, bei dem Mada die Welpen getötet hatte...

Und langsam verblassen die Bilder um Rhizom herum. Er ist wieder hier, am Tempel des Mondes. Um ihn herum die Kupferhaarige, die seine Wange hält und die Stadträtin, die ihre Hand auf seine Schulter gelegt hat. Und da ist der Mond. Und für einen Moment sieht Rhizom in dem Mond zwei tote junge Wölfe liegen, und er sieht, dass der Mond eine Frau ist, die die beiden Welpen umarmt, und streichelt, und liebkost. Er sieht Selune! Und sie streichelt die beiden Wölfe.

Und in diesem Moment bricht Rhizom zusammen. Er geht vor Karia in die Knie und Tränen strömen über sein Gesicht. Und er blickt durch die Tränen zu ihr und sagt mit gebrochener Stimme: "Meine Priesterin! Oh wahre Priesterin meiner Göttin, sagt mir, was ich zu tun habe!" Und so verharrt er. Weinend. Demütig, vor der, die er jetzt erkannt hat, als eine völlig fremde, aber doch als diejenige, die er gesucht hat.
 
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Karia sieht den dicken Riesen vor ihr in die Knie gehen. Er weint so schrecklich. oO Er hat noch Tränen. Oo ... Karia nähert sich ihm und umarmt ihn. Und sie flüstert ihm mit ihrem merkwürdigen Akzent ins Ohr, während sie die dunkle Elfin ansieht: "Liskas Welpen flüstern zu mir. Und sie flüstern von zukünftigem Tod. Die Menschen haben vergessen, was das Madamal bedeutet. Und Liska ist wütend. Das Einzige, was den Tod abwenden kann ist die Erinnerung. Die Wahrheit." Und während sie dem alten weinenden Mann tröstend über die Haare streicht, prüft ihr Blick weiterhin diejenige, die all das hier mit angesehen hat. Und so verharrt auch sie.
 
Ein Portal öffnet sich. Ein ehemaliger erster Partiarch tritt hervor und steht in hellem Mondschein. Ancoron stößt einen heulenden Schrei aus, reißt sich die Kapuze seines Mantels über den Kopf und hastet in den nächsten Schatten. Dabei stößt er eine Ladung saftiger Flüche in alt-elfisch aus. Sobald er sich beruhigt hat, murmelt der Waldelf etwas vor sich hin. Die Magie wirkt sofort und eine große Wolke schiebt sich vor den Mond. In Zukunft verläßt er seinen Hain nur noch am Tag. "Wenn ich gewußt hätte, das dieser Tempel innerhalb kürzester Zeit Ärger verursacht, hätte ich den Bau nicht gestattet.... Was in Boron's Namen ist hier eigentlich los?", wendet er sich an die Anwesenden.
 
Rhizom wacht aus seine Starre auf. Die Umarmung der Priesterin hatte ihm so gut getan, aber was er gesehen hatte, war so grausam. Aber jetzt: Noch etwas ist passiert. Der Mond ist verschwunden. oO Nicht auch hier!Oo... Eine große Wut steigt in Rhizom auf. Noch einmal würde er das Verschwinden des Mondes nicht einfach so zulassen. Nicht noch einmal! Rhizom blinzelt seine Tränen hinfort und schaut an dem Haar der Priesterin vorbei zum Himmel und ist beruhigt, dass sich nur eine Wolke über den Mond geschoben hat. Dann dringen die Worte des Neuankömmlings an sein Ohr, in dem er den Shar-Priester erkennt, der einst der erste Patriarch gewesen war.

"Wer ist Boron?" fragt Rhizom halb sich selbst und halb den Shar-Priester.
 
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"Boron ist der Gott, dem ich als Nekromantenjäger und Hochgeweihter in meiner Welt diene..." Die Erklärung wird schon fast beiläufig abgegeben. Ancoron besieht sich die Szene. Das Schwert im Boden stört ihn etwas und was es mit den Knochen aufsich hat, ist ihm etwas schleierhaft. "Wenn das hier etwas mit Totenbeschwörung zu tun hat, wird der neue Tempel ganz schnell wieder abgerissen." Der Waldelf, dessen Laune sowiso schon miserabel ist, steht kurz davor zu explodieren.
 
"Nein!" Rhizom richtet sich auf, löst sich aus der Umarmung derer, die er als wahre Priesterin des Mondes erkannt hat, und deren Blick immer noch auf Thevita gerichtet ist und spricht Ancoron direkt an. "Hier werden keine Toten beschworen. Hier wird der Toten gedacht. Meine Göttin Selune umarmt zwei tote Welpen der Himmelwölfin. Und wie meine Priesterin sagt, hat die Welt die Ursünde vergessen, aufgrund derer Selune nun ihren Trost für die grausige Tat spenden muss." Wieder steigen Tränen in Rhizoms Augen. "Sagt, Boron-Priester: Ist Euer Gott eine andere Gestalt der Schwester meiner Herrin, eine andere Gestalt der Göttin der Nacht und der Geheimnisse, die meiner Herrin so viel Leid zugefügt hat? Und wisst Ihr, dass der Mond, wie er hier scheint, ein Zeichen der Erinnerung ist, das an die ursprüngliche Gier erinnern soll, und daran, wozu sie fähig ist? Wisset: Ich habe gesehen, dass diese Stadt tolerant ist, aber Toleranz dem Bösen gegenüber werdet Ihr mir nicht beibringen. Und gerade als Ihr ankamt, verdunkelte eine Wolke den Mond. Ein Zufall?" Rhizoms Gestalt baut sich jetzt in voller Größe und Breite vor dem ehemaligen ersten Patriarchen auf.
 
"Also dienen wir gleichen Göttern von verschiedenen Welten..." Ancoron beruhigt sich. Der Tempeldiener scheint wohl leicht hysterisch gewesen zu sein. Der Waldelf macht sich einen geistigen Vermerk. "Kein Zufall", wendet er sich nun direkt an den alten Mann, "Ich leide unter einer Mondlichtallergie, deshalb hab ich die Wolke beschworen. Und Ihr solltet euch noch wesentlich mehr Toleranz zulegen, schließlich steht ihr hier neben einer Dunkelelfe, ein Schattendrache verkauft Taback und der Gerichtsdiener ist soweit ich weiß ein Attentäter. Definiert doch mal das Böse..." Ancoron hat zwar keine große Lust auf philosophische Diskussionen, aber je eher er diesem alten Wirrkopf den Kopf zurecht rückt, desto eher kann er sich wieder in seinen Hain zurück ziehen.
 
Rhizom ist verunsichert. So fasst er an sein Amulett, das ihm durch Wärme signalisieren sollte, wenn er einem Mann schlechten Charakters gegenüberstünde. Das Amulett aber bleibt kühl. So beruhigt sich auch Rhizom. Und dennoch: Mondlichtallergie? Davon hatte er noch nie gehört. Und ist das nicht ein indirektes Eingeständnis, dass der Boron-Priester Rhizoms Herrin nicht ins Antlitz blicken kann?

"Ihr mögt mich falsch verstanden haben. Mein Mangel an Toleranz richtet sich nicht gegen bestimmte Gruppen der Bevölkerung oder bestimmte Spezies. Auch wenn ich noch nie von einem Schattendrachen gehört habe, der Gutes wollte. Aber was die Dunkelelfen angeht, da gab es einen in meiner Welt, der ein Beispiel dafür war, dass man intelligente Geschöpfe immer als solche beurteilen muss und nicht aufgrund von Abstammung oder Ähnlichem. Aber die Geschichte dieses Dunkelelfen... ist zu lang um hier erzählt zu werden. Was ich meine, ist aber genau das: Jedes einzelne intelligente Geschöpf kann aufgrund seiner Taten beurteilt werden. Stadträtin Thevita hier" (Rhizom bemerkte, dass der Blick der Wolfs-Mond-Priesterin immer noch auf Thevita ruhte) "war immer höflich und zuvorkommend zu mir. Warum sollte ich Böses von der edlen Dame denken? Ein Shar-Priester aber, dem Macht wichtiger ist als Menschenleben, und der lügt und betrügt, um an sein Ziel zu kommen, an dessen Taten sehe ich, dass ich ihn nicht tolerieren werde können. Meine Toleranz endet an der bösen Tat!"

Rhizom räuspert sich, um noch etwas leiser hinzuzufügen: "Und von einer Mondallergie habe ich noch nie gehört. Mit Verlaub, Herr Ancoron, aber das treibt mich beinahe dazu, zu glauben, dass Ihr ein Problem mit meiner Göttin habt. Denn meine Göttin ist der Mond. Und dennoch seid Ihr ein höflicher und hilfsbereiter Mensch. Kann ich Euch also vielleicht helfen, Euer Verhältnis zu Selune wieder zu verbessern? Es muss schrecklich sein, den Schönsten, dem Mondlicht, nicht ausgesetzt sein zu können."
 
Thevitas durchdringende rote Augen ruhen auf der jungen Frau. Sie braucht einen Moment, um zusammenzupuzzeln, was gerade passiert ist und man sieht ihr die Irritation deutlich an. Denn sie hat nichts von Wölfen oder dergleichen gesehen. Da die Vision eigentlich nur für Rhizom war und sie auch nur die Hand auf seiner Schulter hatte, sind ihr ganz andere Bilder erschienen. Bilder, die mehr Bedeutung für sie haben. Die alte Geschichte, vom Verrat Araushnees, der die Elfenrassen endgültig spaltete und ihr Volk erschuf, die Drow. Und von deren Tochter Elistraee, die freiwillig das Exil wählte, um als leuchtendes Beispiel die verlorenen Dunkelelfen wieder auf den Weg des Guten zu führen. Ein Beispiel, leuchtend wie der volle Mond, unter dem Elistraee mit ihrem Schwert tanzt. Natürlich erzählen die Prieterinnen Lolths die Geschichte ganz anders und es war ein ziemlicher Schock für Thevita gewesen, die andere Version der Geschichte an der Oberfläche zu erfahren. Die Erinnerung daran ist nicht schön und dazu dieser prüfende Blick dieser Wolfs-Mond- was-auch-immer-Priesterin... Was will die jetzt eigentlich von ihr? "Hör mal zu Kindchen, wenn ihr Menschen vergesslich seid, ist das nicht mein Problem. Siehst du das hier?" Sie hält ihre obsidianschwarze Hand zwischen sie. "Ich lebe jeden Tag mit der Erinnernung an den Fluch, der in meinem Blut, in jedem Zauber, den ich wirke, ist. Ich habe mich entschieden und ich lebe jeden Tag mit den Konsequenzen meiner Entscheidung. Also wage es ja nicht, zu mir von Vergessen und Wahrheit zu sprechen. Und wage ich ja nicht, mich über irgendwelche Götter zu belehren, mit denen bin ich durch." Abrupt wirbelt sie herum und dreht Karia den Rücken zu. Ihr Blick richtet sich auf Ancoron. "Hochgeweihter, ich muss mich entschuldigen, nach euch geschickt zu haben. Hätte ich gewusst, dass es sich lediglich um zwei Aspekte der selben Entität handelt, hätte ich euch nicht damit belästigt."
 
"Schon gut Stadträtin, immer mal wieder etwas neues bringt immerhin wieder Leben in die Stadt." Gegenüber Thevita ist der Waldelf ausgesprochen höflich, aber dieser verschrobene alte Mann stellt seine momentane Geduld doch sehr auf die Probe. "Erstens, ich habe mein Lebtag noch nie etwas von einem Gott namens Shar gehört. Zweitens werden Taten nicht nach gut und böse definiert, sondern aus dem jeweiligen Blickwinkel desjenigen, der die Tat vollbringt. Und drittens gehen Euch meine persönlichen Belange, mit Verlaub, einen riesen SCHEISS an!" Ancoron verbeugt sich leicht in Richtung der Stadträtin, funkelt den alten Mann samt seines Tempels und allem was darin ist, böse mit seinem einen verbliebenen Auge an und öffnet hinter sich ein Portal in seinen Hain, durch das er kurz darauf verschwunden ist.
Kaum ist der Waldelf nicht mehr da, löst sich auch die Wolke vor dem Mond auf.
 
"Ach! Nein! Aber Herr Ancoron, ich..." Rhizom starrt in die leichten Verzerrungen in der Luft, das leichte schattenhafte Flirren, das das einzige ist, was noch auf das Portal hindeutet, das Ancoron gerade geöffnet hatte und das sich längst wieder geschlossen hat. "Aber ich wollte doch noch..." Rhizom wendet seinen Blick vom Portal auf die Wolfspriesterin, dann von dieser auf Thevita und schlussendlich in die Richtung in der er gehört hatte, dass Ancorons Unterkunft dort liegen solle.

"Verzeiht, Stadträtin, verzeiht all den Aufruhr hier, aber seid sicher: Ihr seid Zeugin von etwas wichtigem geworden und ich danke Euch sehr, dass Ihr mich hier her begleitet habt, und dass ihr hier geblieben seid. Aber nun muss ich mich verabschieden, denn der ehemalige Patriarch hat mich ja unglücklicherweise nicht mit meinem wirklichen Anliegen zu Wort kommen lassen. gehabt Euch wohl, edle Thevita!" Und schnaufend verlässt der alte Mann den Tempel in Richtung von Ancorons Unterkunft.

Zurück bleiben Thevita und Karia, die die Rätin immer noch anblickt, obgleich diese ihr den Rücken zugedreht hat.
 
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