• RPG-Foren.com

    DIE Plattform für Fantasy & Sci-Fi Rollenspiele

    Ihr findet bei uns jede Menge Infos, Hintergründe zu diesen Themen! Dazu Forenrollenspiele, Tavernenspiele, eigene Regelwerke, Smalltalk und vieles mehr zu bekannten und weniger bekannten RPG-Systemen.

Sci-Fi / Fantasy Sternendämmerung

sonic_hedgehog

Geweiht
Beiträge
4.467
Punkte
133
Mit Sternendämmerung ist im August der zweite Teil von Walter Jon Williams „Dread Empire's Fall“ Trilogie erschienen, wobei die Tatsache, dass es sich um eine Fortsetzung handelt in alter Tradition im Klappentext keine Erwähnung findet. Aber zumindest in der innen liegenden Kurzbeschreibung findet sich erfreulicherweise der entsprechende Hinweis, so dass wenn schon nicht die Kunden von Online-Buchhandlungen (sofern die Seite nicht das Blättern im Buch zulässt) wenigstens Kunden in Buchhandlungen (oder solche, die die Leseprobe auf der Seite des Verlags einsehen) diese Tatsache vor dem Kauf erkennen können. Für alle, denen sie entgangen ist, hier meine Rezension des ersten Teils.

Optisch passt sich das Buch seinem Vorgänger an – eine gelungene Covergrafik, die sogar Romaninhalte aufgreift, derselbe große Druck, der das Buch übertrieben dick werden lässt und etwas zu wenige Zeichen pro Zeile liefert um ideal zu lesen zu sein. Daher sollte man vor der Seitenzahl nicht erschrecken, hätte man es gewollt, hätte man das Buch auch deutlich dünner produzieren können (das Original schafft es auf nur 450 Seiten), allerdings passen Seitenzahlen über 600 wohl besser zum Preis von 16€... Dankenswerterweise bedeutet das auch, dass die beiden Bücher (denn auch das ist ja leider nicht selbstverständlich und darf daher erwähnt werden) exakt im gleichen Format gehalten sind, sodass sie im Regal auch zueinander passen.

Aber das sind alles nur Äußerlichkeiten, viel wichtiger die inneren Werte.
Während Williams sich im ersten Teil viel Zeit genommen hatte, seine Charaktere einzuführen und die Handlung nur langsam in Gang kam, geht er nun gleich in medias res:
Der Krieg zwischen Naxiden und restlichen Völkern ist in vollem Gange – und die Naxiden sind nach Zahlen deutlich überlegen. Hinzu kommt, dass (ein Problem das aber beide Seiten betrifft) die Kombattanten zwar auf eine hoch entwickelte Kriegsmaschinerie zurückgreifen können, ihre Taktiken aber nicht für diese Art Krieg erfunden wurden. Unter der Herrschaft der Shaa bestanden Kriege in der Regel darin, in ordentlicher Formation und Übermacht im Orbit eines technisch unterlegenen Planeten zu erscheinen und das entsprechende Volk in das Imperium einzufügen. Kampf gegen gleichwertige Gegner jedoch erfordert eine andere Herangehensweise, eine, die erst entwickelt werden will. Es ist unzweifelhaft dass auch Williams beim Schreiben des Romans an Heraklit gedacht haben muss: Krieg ist aller Dinge Vater. Und so müssen ungewöhnliche Gedanken gedacht und Opfer gebracht werden, will man eine Chance auf den Sieg bewahren.

So gesehen könnten sich die verbündeten Völker glücklich schätzen, unsere Protagonisten in ihren Reihen zu haben, die beide mehrfach beweisen, dass sie in der Lage sind sich von eingefahrenen Denkmustern zu lösen. Sie erfüllen damit ganz wunderbar den Typus des hochbegabten Underdogs mit einem Geheimnis in der Vergangenheit. Sicherlich ein Klassiker, aber das sollte man Walter Jon Williams aber nicht übel nehmen. Doch die Welt ist nicht perfekt, denn sie krankt an unfähigen, in der Tradition verhafteten Vorgesetzten. Und gerade weil die Innovationen, so effektiv sie auch sein mögen, von gesellschaftlich nicht geschätzten Personen kommen, begegnet man ihnen zumindest mit Argwohn.

Die Schilderung dieser Machtkämpfe verbunden mit dem Versuch des Martinez Clans auf dem Rücken militärischer Erfolge gesellschaftlich Aufzusteigen, ist eine Seite des Romans. Eine weitere ist die sich vertiefende Beziehung zwischen den beiden trotz alle Vorbehalte als Kriegshelden beförderten Sula und Gareth, die natürlich, bedenkt man die dem Leser bekannte Vergangenheit der beiden, auf Probleme stößt und vermutlich das dicke Ende erst noch vor sich hat (und teilweise bereits erlebt). Denn wenn der Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung auf das i der unrühmlichen Vergangenheit begründete Misstrauen trifft, kann nichts Gutes entstehen. Und natürlich die dritte und wichtigste Seite – der Krieg: beginnend mit grandios geschilderten Raumschlachten (die Andeutung aus Teil 1, dass Williams dies zustande bringen könnte, bewahrheitet sich hier) bis hin zu einem Guerillakrieg auf besetztem Planeten.

Williams ist mit Sternendämmerung ein würdiger Mittelband gelungen, der die Geschichte weiterführt, aber natürlich viele Enden offen lässt. In weiten Teilen spannend, wenn auch mitunter etwas langatmig geschrieben, vereint der Roman Stärken und Schwächen seines Vorgängers, dabei aber mehr der Stärken, da er auf schon bekannte Protagonisten bauen kann.
Gutes Lesefutter für die jetzt unvermeidlich näher kommenden kalten Tage und wer den ersten Teil genossen hat, wird am zweiten eh nicht vorbeikommen. Einzig – ob man es Pageturner oder leichtes Lesefutter nennt mag jeder selbst entscheiden – der Spaß wärt etwas zu kurz. Von daher bleibt nur, auf Teil 3 zu warten, angekündigt für November!
 
Oben Unten