AW: "Splitter" von Sebastian Fitzek (Besprechung)
So, nun bin ich auch durch.
Ich muss mich anschließen. Das Buch lässt sich hervorragend lesen. Es ist eindringlich, teilweise verstörend und gleichzeitig von sagenhafter Intensität. Mit einem einzelnen Satz vermochte Herr Fitzek mich direkt in die Situation hinein zu stoßen - und das nachvollziehbar. Die detailreichen und doch geradlinigen Beschreibungen waren immer wieder überraschend klar, mit großer Wirkung.
Tatsächlich hab ich mir aber vom Ende mehr erhofft oder gewünscht:
[MI]Dass alles vom Schwiegervater konstruiert war mit Schauspielern hab ich mir irgendwann gedacht. Bloß das Warum fehlte. Einziger Kontrapunkt, dass da doch was im Argen lag, war die Anfangsszene mit Prof. Haberlein - die ja, wie wir am Ende wissen - die Endszene war.
Inspiriert von Filmen wie Sixth Sense, Fight Club, etc. hab ich eine tiefergehende psychologische Verdrängung oder Aufarbeitung erwartet. Spricht vielleicht auch für den Autor, dass er diesen Weg dann nicht geht. Allerdings war ich doch ein wenig enttäuscht, dass er einfach "nur" sein Leben an sich vorbei ziehen sieht.
Der Big Bang bleibt so ein bißchen aus und es macht nur kleinlaut "Peng". Immerhin. Aber nach dem spannenden Lesegefühl der vorangegangenen 300 Seiten, die weltklasseverdächtig waren, fehlt dem Buch für seinen Rang in der Hall of Fame am Ende einfach was.
Überrascht war ich auch einfach von dem Begriff "Rollenspieler". Fand ich auch gut. Und wenn man es so nachspielt war tatsächlich nicht besonders viel Aufwand nötig.:
- Durch den Hintereingang reingehen - und die Rollläden herunter lassen in der Klinik
- Neues Klingelschild ankleben in der Wohnung (ok, die Überwindung Sandras ihrem Mann etwas vorzuspielen ist dann schon was anderes - aber sie haben es ja so gewollt. Das gilt dann auch für Constantin)
- EC Karten zu sperren und eine Sim-Karte auszutauschen ist auch überhaupt kein Problem
- genausowenig, wie Schlösser am Strand und in der Wohnung auszutauschen
- Ja, Auto umparken war da noch.
Mit einer Schauspielertruppe von - was waren es? - ca. 4-5 Mann nicht wirklich ein Problem.
Die Frage, die bleibt, ist ob sich das wirklich lohnte. Ob der Nutzen den Aufwand rechtfertigte. Aber das ist in der Tat eine philosophische Frage.
Hat mir gut gefallen, dass der Satz "Der Zweck heiligt die Mittel" immer wieder aufgegriffen wird, und sozusagen das Fundament des Plots bildet. Gleichzeitig von allen Seiten betrachtet wird und man Opfer und Ausführenden dargestellt bekommt.
Egal wie, das Buch hat Tiefgang und regt zum Sinnieren an. Damit bleibt es in Erinnerung. Solange man keine Pille nimmt...
[/MI]
Gruß
Luzifer