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Brettspiel Kooperatives Spiel Panic Station

Luzifer

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Traue niemandem!

Das ist das oberste Gebot bei PANIC STATION. Ein kooperatives Verräter-Spiel mit Science-Fiction-Atmosphäre. Man könnte auch sagen: „Alien“ meets „Paranoia“!

Die deutsche Erstauflage aus dem Hause Pegasus kommt in geradlinigem Design daher. Entwickelt wurde es von White Goblin Gemas und auf Basis der englischen Ausgabe mit einigen Regellücken wurden bei der deutschen Version von Anfang an die Erfahrungswerte eingebaut und Fehler ausgemerzt.

Inhalt

Die Spielebox ist verhältnismäßig leer, wenn man sich an die Marker- und Spielfigurenflut wie z.B. bei MageKnight, Pandemie oder gar Runewars gewöhnt hat. Der Inhalt besteht aus:

[MI=Spielinhalt]20 Raumkarten

  • 52 Fundkarten (davon 6 Bonuskarten in der deutschen Erstauflage enthalten)
  • 18 Infektionskarten
  • 12 Chrakterkarten
  • 12 Spielfiguren (Karton)
  • 12 Stellfüße
  • 10 Parasiten
  • 1 W4
  • 12 Thermokarten
  • 1 Thermotafel
  • 1 Türenkarte
  • 1 Anleitung
  • 1 Übersichtsblatt über die Fundgegenstände
  • 6 Übersichtskarten[/MI]
Das Gros des Spiels besteht aus Karten, falsch wäre es dennoch es als Kartenspiel zu bezeichnen.


Auf welcher Seite stehst du eigentlich?

Als Rettungsteam erreichen die Spieler gemeinsam eine verlassene Außenstation. Diese gilt es zu durchsuchen und von sämtlichem außerirdischen Gezücht zu befreien. Leider geht das nicht ohne Widerstand von Statten. Die Parasiten greifen zu profanen und schmerzhaften Mitteln. Viel schwerwiegender doch ist es, dass sie unbemerkt einen der Spieler infizieren können und dieser dadurch zu einem der ihren wird. Von Anfang an ist also ein Verräter unter den Spielern, welcher zunächst unerkannt gegen das Team spielt.
Außerwählt wird der Verräter durch die ersten Handkarten, welche die Spieler erhalten. Neben 3 Infektionskarten, die jeder zu Beginn besitzt, kommen 2 Fundkarten hinzu. Diese können hilfreiche Gegenstände, wie z.B. Waffen, Rüstung und Gastanks (besonders wichtig – dazu kommen wir noch) aber auch die Wirtskarte enthalten. Der Wirt wird somit zum Verräter und tut gut daran seine Identität geheim zu halten.

Die Station besteht im Spiel aus insgesamt 20 einzelnen Raumkarten, die nach und nach aneinandergelegt werden und so den Spielplan bilden. Der Aufbau wird durch die Spieler nach gewissen Regeln im Spiel selbst vorgenommen, achten ist z.B. auf offene Türen, Sicherheitstüren (die zeitweise verschlossen sind), Sackgassen, etc. Einige Konstellationen sind günstig für den Wird und die Außerirdischen, andere sind hilfreicher für die Spieler. Viele Räume geben nützliche Unterstützung, andere sind Parasitenverseucht und sollten deshalb gemieden werden. Das Nest erscheint erst zum Schluss.
Während nun die Spieler jeweils mit ihre beiden Charaktere agieren – man darf seine anfänglichen 4 Aktionspunkte pro Runde beliebig auf seine beiden Spielfiguren Soldat und Android verteilen – plant der Verräter die Spieler zu sabotieren. Ziel der nichtinfizierten Spieler ist es die Station zu erkunden und das Nest der Parasiten zu erreichen. Mit einem Flammenwerfer ausgerüstet müssen sie das Nest zerstören. Und was braucht man hierfür? Natürlich Gastanks. Und zwar drei Stück. Unweigerlich werden Gastanks zu dem beliebtesten Gegenstand auf der Panic Station. Noch höhere Bedeutung erhalten sie, weil man mit ihnen eine mögliche Infektion durch den Verräter abwehren kann. Der Wirt versucht heimlich andere Spieler auf seine Seite zu ziehen, in denen er ihnen Infektionskarten bei einem Kartentausch unterzujubeln versucht. Ein Kartentausch findet bei JEDER Begegnung zwischen einzelnen Charakteren statt. Verhält sich ein Spieler auffällig und man meint den Verräter entlarvt zu haben, hat man somit die Möglichkeit präventiv einen Gastank beim Kartentausch herzugeben um weiterhin „gesund“ zu bleiben. Wohl dem, der viele Tanks besitzt, denn sie sind rar und am Ende entscheiden sie über Sieg oder Niederlage der Nichtinfizierten.

Schaffen es die Spieler (und sei es auch nur noch einer) das Nest zu vernichten, haben alle Nichtinfizierten gewonnen. Schaffen sie es nicht, gewinnt der Verräter mit allen anderen Spielern, die er nach und nach ebenfalls angesteckt hat. Übrigens können vom Wirt infizierte Spieler, wiederum mit ihren eigenen Infektionskarten fröhlich andere Spieler verseuchen…

Im Spiel hat man die folgenden Möglichkeiten seine Aktionen zu nutzen:

  • Station erkunden (neuen Kartenraum anlegen)
  • Bewegen
  • Schießen (nur der Android)
  • Raum durchsuchen (Funkkarten erhalten)
  • Gegenstand anwenden
  • Heilen (in bestimmten Räumen)
  • Terminal benutzen (nur in zwei Räumen möglich)
Die letzte Aktion ist sehr interessant, da sie spezielle Maßnahmen erlaubt

  • Sicherheitstüren öffnen (sind grundsätzlich geschlossen und ansonsten nur mit seltenen Chipkarten zu passieren)
  • Raum an belieben Ort anlegen (ansonsten muss man immer im Nachbarraum sein.)
  • Thermo-Scan durchführen
Der Thermo-Scan ist für die Spieler absolut notwendig um zu erfahren, wie viele Verräter es mittlerweile in ihren Reihen gibt. Wahrheitsgemäß legt bei dieser Aktion jeder Mitspieler verdeckt eine Scankarte ab, die tatsächlich seinem aktuellen Zustand entspricht. Infiziert (rot) oder Nichtinfiziert (blau). So wird allen offenbart, wie viele Infizierte es derzeit gibt. An dieser Stelle soll es schon mal vorgekommen sein, dass alle Karten rot waren. Bedeutete, dass alle Mitspieler schon verseucht wurden. Somit hatte der Letztinfizierte als einziger das Spiel verloren, alle anderen lachten sich einen Parasiten ab…


Fazit


Traue niemandem ist ein absolut gerechtfertigter Hinweis bei diesem Spiel. Kooperative Spiele wie Pandemie, Space Alert oder Arkham Horror werden scheinbar immer beliebter. Spiele mit gemeinsamen Ziel und Verräter in den eigenen Reihen sind dagegen (noch) rar gesät. Spontan fällt mir da nur „Schatten über Camelot“, oder eine Variante aus Villen des Wahnsinns im 5. Szenario ein. Zu wissen, dass man einerseits gemeinsam vorgehen muss um das Spiel überhaupt nur gewinnen zu können, andererseits keinem der anderen Mitspieler richtig Vertrauen zu können, führt zu einer ganz neuen Spielerfahrung – und zu Paranoia! Als Spieler darf man nicht zu sehr vorpreschen, das könnte fälschlicherweise misstrauisch von den Mitspieler interpretiert werden. Als Verräter muss man einen günstigen Zeitpunkt abwarten. Ein zu offensiver Verräter ist schnell ausradiert und weg vom Fenster.

Skeptisch beobachtet man die Aktionen der Mitspieler: Ist das Anlegen dieser Raumkarte wirklich positiv für die Gruppe? Oder könnte es sie eher behindern? Wieso kommt Spieler Rot gerade jetzt zu mir in den Raum? Wieso versucht Spieler Blau so oft Karten mit anderen zu tauschen? Warum bleibt Spielerin Weiß ausgerechnet in diesem zentralen Raum stehen, so dass ich im nächsten Zug an ihr vorbei muss? Warum hat Spielerin Grün jetzt schon zum zweiten Mal einen Parasitenalarm ausgelöst?

Fragen über Fragen. Und eine Tatsache macht es nicht leichter: Infizierte dürfen lügen, beschuldigen, leugnen, dementieren und täuschen so viel sie wollen! Nur die Karten darf man unter keinen Umständen vorzeigen.
„Spieler Violett ist der Wirt! Er hat gerade versucht mit zu infizieren!“
„Du lügst ja – du wolltest mich infizieren, zum Glück hatte ich noch einen Gastank“

Ein beliebter und sehr gängiger Dialog im Spiel. Wem glaubt man nun?

Mindestens 4, maximal 6 Spieler müssen sich auf die Panic Station wagen. Bei 4 Spielern ist es etwas leichter sich aus dem Wege zu gehen. Kontakte finden nicht so häufig statt, was es dem Wirt erschwert seine Infektionskarten unter den anderen zu verteilen. Bei 6 Spielern wird die Station schon etwas enger und es kommt zu häufigerem Kartentausch, allerdings sind auch mehr Gastanks im Umlauf. Zusätzlich wird die Station hierbei auch schneller aufgebaut, was das Spiel schneller macht.
Das Balancing im Spiel ist schwer festzustellen. Wir hatten in Vorbereitung dieser Rezension Spiele, bei dem es dem Wirt absolut ein Leichtes war innerhalb weniger Runden alle zu infizieren. An anderen Tagen hatte der Verräter überhaupt keine Chance, insbesondere dann, wenn er zu früh für Misstrauen bei allen anderen sorgte. Dann wiederum gab es Runden, da war man so verwirrt, dass man sich auf gar nichts festlegen konnte und die Entscheidung auch erst zuletzt fiel. Meine Aussage lautet deswegen: Keine Runde ist von Anfang an eindeutig leichter oder schwieriger für die Spieler, als auch den Verräter.
Als Spieler ist es jedoch im Verlauf schwierig, sich auf ein neues Spielziel einzustellen, wenn man umgepolt wurde. Der Wirt hat von Anfang an die Sabotage als Ziel. Als „normaler“ Spieler will man gemeinsam das Nest vernichten. Natürlich ist es oberstes Gebot niemals infiziert zu werden. Dennoch passiert es oft genug und dann spielt man heimlich in einem anderen Team. Einem Sieg der Infizierten kann für einen selbst ein wenig der Glanz fehlen, wenn man kurz vor Ende noch angesteckt wurde – auch wenn man nun mit gewonnen hat.
Mit ca. 30-40 Minuten ist Panic Station ein zügiges Spiel. Der Aufbau geht sehr schnell. Die Regeln sind flink erlernt. So richtig interessant wird es aber erst nach ein bis zwei Probespielen. Erst dann weiß man worauf man zu achten hat – sowohl als Spieler, als auch als Verräter. Dann beginnen auch Finten und Gegenfinten gelegt zu werden. Und dennoch passiert es, dass man sich ins Boxhorn jagen lässt. Aufgrund des zufälligen Aufbaus der Station und der zufälligen Verteilung der Handkarten (und natürlich der zufälligen Bestimmung des Wirts) ist kein Spiel wie das andere. Der Wiederspielwert ist extrem hoch. Der Spaßfaktor ebenso.

Jammernd auf hohem Niveau betrachte ich die Qualität der Papierkarten als kritisch. Bei häufigem Gebrauch sind schon einige Eselsohren entstanden. Transparente Hüllen sind somit Pflicht. Die Charakterfiguren bestehen aus dickem Karton. Sie halten allem Stand, sogar dem zwanghaften Quetschen in die Stellfüße. Auf dem Spielfeld fehlt mir bei den gleichgeformten Markern einfach der Überblick. Hier hätte ich mir Plastikfiguren in unterschiedlichen Farben gewünscht. Insgesamt könnte man das Spiel durch bessere Illustrationen noch ein wenig aufpeppen. Es wirkt so etwas spartanisch. In der Erstauflage sind 6 Bonuskarten (Fundkarten) enthalten, die für spätere Spiele für mehr Wirbel sorgen (z.B. gibt es ein Gegenmittel, das Infizierte heilen kann!). Auch schön hätte ich gefunden, wenn es mehr als nur die 20 Basisraumkarten gäbe um die Station noch interessanter zu gestalten.

Der geringe Preis macht Panic Station zu einem echten Preis-Leistungs-Wunder. Die solide Box hält spannende Spielabende bereit mit einem hohen Suchtfaktor. Dank der kurzen Spieldauer ist es interessant auch mal für zwischendurch oder das Ende eines Spielabends, der keine Zeit mehr für einen Langzeithit lässt. Brettspielasse wie auch Wenigspieler können hiermit ihre wahre Freude haben. Lediglich etwas Begeisterung für ein aktives Spiel sollten die Teilnehmer mitbringen. Das macht die Panic Station Erfahrung noch ein Quäntchen besser.

Aufgrund des verbesserungswürdigen Designs knapp am Goldenen Würfel vorbei geschrammt ist PANIC STATION dennoch eine absolute Kaufempfehlung!

Die RPG-Foren.com bedanken sie bei Pegasus-Spiele, welche diese Rezension ermöglichten!

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