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Brettspiel Mysterien der Templer

Luzifer

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Titel: Mysterien der Templer
Autor: Silvio Negri-Clementi
Spieleranzahl: 2-4
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten angegeben (eher 3-4 Stunden)
Verlag: Heidelberger Spieleverlag
Erscheinungsdatum: November 2013
ASIN: B0070AT4OQ
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„Non nobis Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam!“
„Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen gib Ehre.“

Leitspruch des Templerordens​


Viele Geheimnisse ranken sich bis heute um den Orden der Templer, oder wie er in Gänze hieß: Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem (Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosalemitanis). Filme, Bücher, Videospiele und andere Brettspiele hat dieses Thema gefangen genommen und eine begeisterte Anhängerschaft beschert. Mit „Mysterien der Templer“ besteht einmal mehr die Möglichkeit diese Leidenschaft für Historie und den Geheimnissen dieses sagenumwobenen Ordens auszuleben, von dem man sagt, er habe die Bundeslage, wenn nicht sogar den heiligen Gral in seinem Besitz gehabt, bevor er in kürzester Zeit beim französischen König und dem Papst 1307 in Ungnade fiel und nahezu von der Bildfläche verschwand.

Damit ist auch schon ganz gut zusammengefasst, worum es bei „Mysterien der Templer“ geht. Auf der SPIEL‘2013 in Essen wurde das Spiel weniger als Brettspiel sondern viel mehr als Historienspiel tituliert. Das trifft es ganz gut. Man spielt nämlich zu zweit, dritt oder zu viert Anführer der Templer und durchläuft die geschichtlich essentiellen Ereignisse des Templerordens innerhalb von ca. 200 Jahren bis zu deren „Verschwinden“. Eines vorweg: Der Spielmechanismus ist nicht darauf ausgelegt zu horten und zu bunkern. Vielmehr ist es das Ziel des Spiels von den Besitztümern der Templer möglichst viel zu retten. Man muss also auch mal loslassen können.

Jedoch erst mal ein Blick aufs Spielmaterial:

Wie nicht anders von einem Spiel, das der Heidelberger Spieleverlag vertreibt, zu erwarten, ist das Spielmaterial spitze. Die große Box zu öffnen und diese Fülle an Markern, Holzfiguren, Karten und Würfeln zu sehen, versetzt manche Spieleliebhaber in Wallung. Sogar das „ausstanzen“ der Marker aus den Bögen wird zum fast schon religiösen Akt. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich dem Spieler der folgende sortierte Inhalt:

4 Spielertafeln
1 Spielplan
1 Regelheft (24 Seiten)
1 Historien-Anhang (20 Seiten)
4 Reihenfolgekarten
8 Ordensmeisterkarten
20 Tempelritterkarten
20 Missionskarten
30 Ereigniskarten
12 Reliquienkarten
13 Reliquienmarker
81 Münzmarker
38 Warenmarker
34 Rittermarker
22 Novizenmarker
9 Marktmarker
35 Jahresmarker "1307"
8 Tempelrittermarker
40 Anlaufortemarker
32 Feindemarker
9 Templerprovinz-Schilde
60 gravierte Siegel
4 Wertungsmarker
10 Transportmittel
1 sechsseitiger Würfel​

Die Holzsiegel und Spielsteine sind detailliert gestaltet und in den vier Spielerfarben. Die Marker sind aus dickem Karton und überstehen erfahrungsgemäß eine Vielzahl an Spielabenden ohne einen Kratzer. Die Karten sind aus beschichtetem dickerem Papier und sind somit – wie manche Handys – spritzwassergeschützt. Eine umgefallene Cola halten sie natürlich nicht aus. Hier wäre eine Steigerung in Form von Plastikkarten drin, wohl aber eine Preisfrage und nicht wirklich notwendig.


Spielablauf

Nach dem Bewundern des hervorragenden Spielmaterials und des riesenhaften Spielplans, der Europa und das Mittelmeer Mitte des 13. Jahrhunderts zeigt, sieht man zwei Hefte vor sich liegen: Das Regelheft und der historische Anhang.

Der Anhang ist ein liebevolle Abhandlung der Geschichte der Templer, deren Ordensstrukturen, einer Chronologie der Großmeister, eine Beschreibung ihrer Feinde und eine Beschreibung der religiösen Reliquien der damaligen Zeit. Letztere spielen auch im Spiel selbst eine Rolle. Wer sich mit der Geschichte der Templer bereits beschäftigt hat, kann hier sein Wissen nochmal auffrischen. Für Spieler ohne Vorkenntnisse ist es eine schöne Ergänzung. Die 18 Seiten sind schnell gelesen. Für das Spiel selbst ist es jedoch kein Muss. Es steckt vielmehr den Rahmen und fördert das Ambiente.

Mit 24 Seiten kommt das Regelheft daher. „Da hab ich schon viel dickere und umfangreichere Regelhefte gelesen“, wird sich manch einer nun denken. Tatsächlich lesen sich auch diese 24 Seiten schnell. Eindeutig ist es leider nicht. Im Falle des Rezensenten musste das Studium der Regeln dennoch mehrfach wiederholt werden, um fähig zu sein, sie den Mitspielern näher bringen zu können.

Das Spiel ist gut durchstrukturiert. Es gliedert sich grundsätzlich in drei Perioden a fünf Spielrunden. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Denn in Periode III wird irgendwann die Ereigniskarte „Verfolgung“ gespielt (also nach insgesamt 11 bis 15 Spielrunden). Fortan gibt es dann noch sieben abgespeckte Sonderrunden, in denen es heißt: „Raff zusammen, was du tragen kannst“. Jede Spielrunde umfasst fünf Phasen in denen die Spieler gemäß ihrer, immer wieder wechselnden, Rangfolge ihre Aktionen machen können. Jede Phase bietet dabei unterschiedliche Möglichkeiten besondere Schritte durchzuführen.

In Phase 1 werden Missionen durchgeführt. Man entscheidet sich ob man eher Eskortmissionen unterstützt, die Geld bringen. Oder ob man Ausgrabungsmissionen mit Menpower in Form von Rittern subventioniert. Lohn der Ausgrabung sind Siegpunkte und Reliquien, die wiederum Siegpunkte bringen können. Hier spielen die Spieler verdeckt die Tapferkeit ihrer Tempelritter aus. Insgesamt müssen alle Spieler zusammen eine gewisse Tapferkeit erreichen um sowohl die eine oder andere Mission erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Da ist Pokern gefragt. Mal mit den anderen Spielern, mal auf Kosten der Anderen.

In der Marktphase hat man die Möglichkeit Waren ein- und zu verkaufen. Wichtig hierbei ist in ganz Europa Handelsmärkte zu eröffnen. Nur so erzielt man auch gute Gewinne mit den Waren aus Jerusalem und Akkon.

Phase 3 hält gleich zwei Ereigniskarten parat, die oft sehr hilfreich sein können. Mal ein Geldsegen, mal neue Ritter und Novizen, mal neue Stiftungen und Häuser, die man bauen darf, oder neue Handelsrouten werden eröffnet. Sehr viel immenser sind die geschichtlichen Ereignisse, die unweigerlich auftreten werden und das Spiel von Grund auf ändern. Ich muss es nicht erwähnen: Natürlich nicht zum Vorteil für die Spieler. Wer da an seinen Ressourcen hängt und Verlust nur bitter verkraftet, muss schwer schlucken. Sobald in dieser Phase in Periode III die Karte „Verfolgung“ gespielt wird, kommen für den Rest des Spiels Sonderregeln zum Tragen. Danach gilt es nur noch bisher erbeutete Ressourcen in eine von vier sichere Komtureien auf der Landkarte zu bringen: Tomar - Portugal, Edinburgh - Schottland, Marienburg – Deutsches Königreich, Zypern – Malteser Ritter.

In der Transportphase kann man endlich die teuren Waren aus dem Heiligen Land auf die Reise nach Europa schicken. Einmal per Ritter, mit einer Karawane oder auf einem Schiff.

Phase 5 ermöglicht den Spielern das Umorganisieren ihrer Ressourcen wie Geld, Waren, Reliquien und Rittern. Zudem wird die neue Reihenfolge bestimmt – wer am wenigsten Siegpunkte hat, kommt in der nächsten Runde als erster dran. So einfach... (?)

Analyse

Nun so einfach ist es bei genauerer Betrachtung insgesamt leider nicht. Schon bei der ersten Spielrunde fällt auf, dass ohne das Regelheft im Daueranschlag gar nichts geht. Die Regeln geben für viele Spielsituationen nicht die umfassenden Vorgaben. Manche Regeln sind auch einfach nicht klar genug formuliert. Andere Spielsituationen sind nicht erfasst. So hangelt man sich von Schritt zu Schritt und hängt bei nahezu jeder Aktion. Während sich bei anderen komplexen Strategiespielen nach einigen Spielrunden eine gewisse Routine einstellt, fiel bei den Testspielen auf, dass noch in Runde 10 neue Fragen und Unstimmigkeiten mit der bisherigen Regelauslegung aufkamen. Ergebnis: Der Spielablauf war extrem unflüssig. Durch ständiges Blättern und Lesen im Heft; Suchen nach Errata im Internet (leider erfolglos auf Deutsch und in Englisch nur im Einzelfall hilfreich, jedoch weit entfernt von umfassend); Diskussionen über die Auslegung der Regel, um endlich weiter spielen zu können.

Darüber hinaus war beim ersten Testspiel nicht klar, worauf das Spiel abzielt. Klar, Gewinner ist, wer die meisten Siegpunkte erhält. Im Regelheft ist das Spielziel benannt als:

Als ein Anführer […] muss jeder Spieler Gelder und Handelsgüter verwalten, die Aktionen seiner Ritter lenken und verlorene Reliquien wiederbeschaffen – bis die Verfolgung an jenem verhängnisvollen Freitag, dem 13. im Jahre 1307 beginnt…“

Das beschreibt das Ziel leider nicht ansatzweise. Wenn wir es in der Spielrunde formulieren müssten, klänge es ungefähr so:

„Jeder Spieler muss Ressourcen (Ritter, Geld und Reliquien; Handelsgüter sind nur Mittel zum Zweck) anhäufen. Sobald die Wendung im Spiel durch das Ereignis „Verfolgung“ eintritt, müssen so viele dieser Ressourcen wie möglich in einer vorgegebenen Zeit an eine bestimmte Örtlichkeit auf dem Spielplan gebracht werden. Aktionen im Laufe des Spiels bringen bereits Siegpunkte. Die Anzahl an geretteten Ressourcen bringt am Ende erneut Siegpunkte. Wer am meisten Siegpunkte erringt, gewinnt das Spiel.“


Fazit

Als „Historienspiel“ benannt leistet „Mysterien der Templer“ beste Dienste. Mir erschien es, als ob es den Machern die oberste Priorität war die Geschichte der Templer in ein Spiel zu packen, dabei auf möglichst viele Aspekte ihrer Zeit und ihres Wirkens einzugehen. Der historische Anhang und Wichtigkeit der Reliquien sowie der Missionen beweisen das. Zusammen mit dem großartigen Spielmaterial könnte es der Ansatz für ein tolles Spiel sein. Jedoch wurde meines Erachtens weniger auf die Spielbarkeit geachtet. Ein Spielfluss kommt beim ersten und auch beim zweiten Spiel nicht zustande. Unter Zuhilfenahme von Hausregeln wird das Spiel flüssiger. Ein richtiger Spielfluss kann jedoch erst erreicht werden, wenn die Regeln überarbeitet werden. Im Internet findet man derzeit auf Deutsch leider dazu nichts. Hierzu eine deutliche Bitte an den Verlag, daran zu arbeiten.

Über Spiellänge lässt sich wegen der Regellektüre und den Diskussionen keine treffende Aussage machen. Sowohl mit zwei, als auch mit vier Spielern lagen die Spielzeiten jenseits der 3 und 4 Stunden. Hier ist zu sagen, dass mehr Spieler die Missionen bis zu einem gewissen Grad vereinfachen. Zu zweit muss entweder gezielt zusammen gearbeitet werden bei den Missionen, oder der andere Spieler muss betrogen bzw. mittels Pokerface getäuscht werden. Funktioniert natürlich auch nicht immer. Ansonsten spielen die Spieler eher nebeneinander her. Man kommt sich kaum in die Quere, außer dass man mal vorher in einer Stadt war und die lohnende Reliquie an sich nahm. Ansonsten gibt es wenig Interaktion mit den anderen Spielern. Hier ist die Frage, ob ein grundsätzlich kooperatives Spielsystem dem Spiel nicht gut getan hätte. Zumal alle Templer verfolgt wurden. Da wäre es meiner Ansicht nach sinnvoll, dass die Spieler auch zusammen arbeiten.

Ein Mitspieler sagte am Ende eines Spielabends sehr treffend zu mir: „Der Name ist echt Programm. Die Mysterien der Templer liegen in den Regeln!“ Dem kann ich mich nur anschließen. Sollte eine Regelerweiterung bzw. eine umfassende Errata nachträglich erscheinen, kann ich das Spiel an historisch interessierte Personen dringend empfehlen, die gerne Ressourcen organisieren und keine Scheu haben eine Mangelverwaltung zu betreiben. Ist ja auch mal ganz nett zu überlegen: Was kann ich retten? Mir muss allerdings vorher schon klar sein: Ich werde nicht alles retten können. Das lehrt Prioritäten zu setzen.
Ohne die dringend notwendige Errata weiß ich selbst noch nicht, ob „Mysterien der Templer“ nochmal auf dem Spielabendprogramm stehen wird.


Hinweis zu den Bildern:

Die Whiskyflasche (auf schottischem Gebiet) auf dem Bild mit dem Spielplan soll die schiere Größe des Plans verdeutlichen. Sie ist nicht Inhalt des Spiels. :D

Autor:
Luzifer

Link zum Basis-Spiel:

Vielen Dank an den Heidelberger Spieleverlag, welcher diese Rezension ermöglichte.

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[20/50] - Spielspaß
[10/20] - Spielthema/-regeln (davon 10 auf Thema und 0 auf Regeln)
[20/20] - Ausstattung
[5/10] - Preis/Leistungs-Verhältnis

55% - gesamt

(Eine Neubewertung erfolgt, insofern die Spielregeln überarbeitet werden)
 

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Luzifer

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Keine Regeländerung. Keine Überarbeitung... Ich habe das Spiel seit dem leider nicht ein einziges Mal angefasst.
 
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