AW: Missionsberichte des Drachir Runesinger
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Etwa sechzehn Standardstunden später befanden wir uns in einem Orbit um den einzelnen Planeten des Systems. Keine Wrackteile oder Schiffe waren mit den Kurzstrecken-Sensoren zu entdecken, deshalb entschloss ich mich dazu, mit dem psionischen Chören der Flotte zusammen zu arbeiten, um eine Warp-Karte der Planetenoberfläche herbeizurufen. Als ich unter dem Psi-Dom unseres Flaggschiffes eintraf, fand ich dort eine erwartet unerwarteten Besuch vor.
"Irgendwann finde ich heraus, wie ihr es schafft, aller Wahrnehmung zu entgehen, Sokahe Nua" Ich streifte die Inquisitorin nur kurz mit einem Blick, bemerkte aber dennoch ihren leicht amüsierten Ausdruck.
"Indem ich es gar nicht versuche." Ihr muss wohl meine kurze Verwirrung aufgefallen sein, denn sie sprach gleich weiter, um Fragen zu vermeiden. "Euer Plan, Drachir Runesinger, ist gut ... aber nicht voll durchdacht. Es wird Euch nicht möglich sein, die gesammelten Daten zu interpretieren."
Diesmal war es an mir, meine Belustigung zu zeigen. "Aber selbstverständlich wird das möglich sein, ihr seid schließlich hier."
"Touché", war ihre Reaktion, begleitet von einem dezenten Heben einer Augenbraue. Wir beendeten damit unser verbales Geplänkel und bereiteten das Ritual vor.
Unbeständige Wirbel, Streifen und Flecken tanzten über die Sphäre, welche vor meinem inneren Auge im warpgefärbten All hing. Ich wusste, dass die Inquisitorin recht behalten würde, aber dass mir das Bild wirklich gar nichts sagte, kam doch unerwartet. Ich konzentrierte mich also primär darauf, die Chöre zu leiten und koordinieren, was für sich selbst schon einen ungewohnten Drahtseil-Akt darstellte. Die unvertraute Natur des Trainings der Flotten-Psioniker machte mir mehr zu schaffen als vermutet. Erst nach einer halben Standardstunde hatte ich mich soweit darauf eingestellt, dass ich meine Aufmerksamkeit wieder teilweise auf den Planeten lenken konnte. Und dabei machte ich eine Entdeckung, die mich beinahe aus der Fassung brachte.
Es war mir kurz, als ob ich etwas Vertrautes in den Warp-Mustern sah. Ich musste mich beherrschen, um meine Konzentration nicht darauf zu fokussieren, dieses Detail sofort zu verfolgen, aber nach ein paar Minuten fand ich es doch wieder. Es war wirklich vertraut ... und doch völlig fremd ... es war, als ob es aus einer anderen Zeit stammte, aber dennoch aus dem Hier und Jetzt. Es wies die Merkmale konditionierten Astartes-Trainigs auf, dem meinen nicht unähnlich, und hatte dennoch eine Wildheit, die mir sowohl Angst als auch Ehrfurcht einflöste ... und so etwas wie ... stolzen Neid. Es war wie ein Bild aus der Heimat, dass ich am liebsten selbst gemalt hätte.
Nach dem Ritual trat Sohake an mich heran. "Ihr habt etwas bemerkt."
"Ja", sagte ich nach kurzem zögern. Es war sinnlos, es vor der Inquisitorin zu leugnen, auch wenn ich es wohl überzeugend darbringen hätte können.
"Dann will ich Euch sagen, was Euch alles entgangen ist." Natürlich würde sie nicht ALLES sagen, wahrscheinlich sogar sehr wenig, aber das brauchte nicht ausgesprochen zu werden. "Sie Muster zeigten mir Verbände von drei unterschiedlichen Fraktionen. Zwei davon sind einander ähnlich und doch grundsätzlich verschieden. Die Natur des dritten ist Euch sicher kein Geheimnis mehr."
"Eldar", knurrte ich. "Zurück zu den ersten zwei." Ich war noch nicht bereit für eventuell ausweichende Ausführungen, und Inquisitoren waren sehr anfällig dafür. Das brachte mir einen missgünstigen Blick von ihr ein, aber dieses Risiko nahm ich auf mich.
"Astartes." Das Krachen eines Bolterschusses aus einem Seitengang hätte mich weniger unvorbereitet getroffen als dieses eine Wort.
"Beide?" Ich konnte nicht verhindern, dass sich ein ungläubiger Unterton in meine Stimme schlich.
"Ja, aber nur einen Verband konnte ich eindeutig zuordnen. Es handelt sich dabei um Mitglieder einer oder mehrerer Verräterlegionen in Begleitung von mindestens zwei Hexern. Wenn meine vermutungen stimmen, haben wir es vielleicht sogar mit alten Bekannten von Euch zu tun."
"Ihr glaubt, dass Magnus' tausend Söhne hier sind?" Ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen sollte, dass wir die Gelegenheit haben könnten, die von uns meistverachteten unserer ehemaligen Brüder zur Rechenschaft zu ziehen, oder ob ich Jarn dafür verfluchen sollte, dass sein Wunsch in diesem Maße in Erfüllung gehen könnte. "Ich werde meine Brüder zur Landung bereit machen."
"Nein, das werdet Ihr nicht."
"Versteht das nicht falsch, aber ihr habt nicht den Befehl über mich und meine Männer, nicht mehr. Eure Mission ist vorerst gescheitert und wir haben eine Pflicht gegenüber dem Imperator und unserem Primarchen, davon könnt ihr mich nicht abhalten." Das traf, sie wahr es offensichtlich nicht gewoht, dass man sich ihrem Befehlen nicht beugt. Sie schluckte ihren Ärger darüber schnell hinunter ... was nicht gut war.
"Das ist korrekt ... aber das Kommando über die Flotte kann ich jederzeit übernehmen. Ihr wisst, dass ich diese Autorität inne habe und ich werde sie benutzen, wenn ihr mich dazu zwingt."
Ein knurren entrang sich unwillkürlich meiner Kehle. "Ihr könnt vielleicht die Flotte abziehen, aber ohne uns, außer ihr haltet uns mit Gewalt davon ab. Und wenn ihr das versucht, wisst ihr wie es enden wird."
Sie erwiederte meinen Blick für einige Herzschläge bevor sie antwortete. "Ja, ihr würdet wohl ohne Chance auf Rückkehr auf dem Planeten landen. Ich sehe mich gezwungen, euer Verhalten in meinem Bericht zu erwähnen. Lebt wohl, Drachir Runesinger." Und mit diesen Worten verschwand sie wieder genauso spurlos, wie sie aufgetaucht war.