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Sci-Fi / Fantasy Lichtbringer

Luzifer

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Aller guten Dinge sind drei. Das hat sich Alexander Lohmann wohl auch gedacht und mit „Lichtbringer“ seinen dritten Roman in der Welt Leuchmadans, der lichten Völker und der Finstervölker heraus gebracht. Allerdings ist die Lektüre der Vorgänger (Gefährten des Zwielichts und Tag der Messer)nicht zwangsläufig von Nöten um der Geschichte zu folgen, auch wenn man sich dann selbst um zwei wirklich gute Romane bringt.

Die Vernichtung von Leuchmadans magischen Herzen und der „Tag der Messer“ ist Geschichte. 1000 Jahre sind seit dem vergangen. Die Welt hat sich weiterentwickelt: politisch wie auch in technischer Hinsicht. Das „Blut der Erde“, welches schon seit vielen Jahrhunderten den Boden der Finstervölker, das Land Falinga, zermürbte und die Acker so gut wie unfruchtbar machte, ist nun auch bis in das Land der Menschen, bis nach Bitan vorgedrungen. Alles die Folgen eines entsetzlichen Krieges und einer verheerenden Bombe.

Die weitere Folge war, dass der mächtige und uralte menschliche Zauberer Gulbert sich mit Aldungan, dem ungekrönten Herrn und mächtigsten aller Nachtalben, verbündete und eine Union geschmiedet wurde, zwischen allen Völkern. Lediglich die Elfen haben dieses Bündnis nie akzeptiert.
Und auch Frafa, die ehemalige Schülerin von Aldungan und kurzzeitig mächtigste Frau in Falinga zu Zeiten des „Tages der Messer“ hat die Pläne von Aldungan über die Jahrhunderte unterstützt und zum Wohl der Union beigetragen.

Die Welt hat sich gewandelt in diesen 1000 Jahren. Moderne Technik macht es z.B. mittels des Blutes der Erde, auch Thaumagel genannt, auch magieunbegabten Wesen möglich zu fliegen, schnell zu reisen, oder mittels Portalsteinen Zugang zum Nexus zu bekommen. Der Nexus ist so etwas wie ein allgegenwärtiger Speicher für Bilder und Schriften und beinhaltet die Möglichkeit über weite Strecken hinweg zu kommunizieren.
In dieser neuen Welt haben die Elfen sich vom verseuchten Boden, der von Leuchmadans Blut durchzogen ist, gelöst und fliegen in riesigen Elfenwäldern über Bitan hinweg. Nicht zuletzt, um ihre Missbilligung der heimlichen Herrschaft im Hintergrund von Aldungan und Gulbert mit terroristischen Angriffen Ausdruck zu verleihen.

Frafa, die zweitmächtigste Nachtalbe und eigentlich Vertraute Aldungans, gerät zwischen die Fronten dieses Kräftemessens und muss sich für eine Seite entscheiden. Entweder sie akzeptiert die Welt, so wie sie sie in über 1000 Jahren kennen gelernt hat, oder sie muss alles anzweifeln, was sie zu wissen glaubt: über Aldungan, über Gulbert, über die Beschaffenheit der Welt, ja selbst über Leuchmadan und das Blut der Erde.
Der Weg zur Erkenntnis ist ebenso gefährlich, wie unvorhersehbar. Und zuletzt muss sie sich erneut auf ihre Verbündeten verlassen, seien es Menschen, Gnome, Wichte, oder Elfen.

„Gefährten des Zwielichts“ war zum größten Teil eine Hommage an Tolkiens „Herrn der Ringe“. Zugleich hatte Alexander Lohmann eine eigenständige Welt erschaffen, deren großes Potential er in „Tag der Messer“ furios weiter ausbaute. Mit „Lichtbringer“ geht er diesen Weg zu Ende, und nichts mehr erinnert an eine Adaption oder Spiegelung von
Mittelerde. Die Welt von Leuchmadan trägt sich komplett selbst, im Grunde schon seit dem zweiten Teil. Lohmann zeigt auch bei diesem Roman seine scheinbar unerschöpfliche Kreativität. Dabei geht er unerwartete Wege. Was ganz klar mit einem Fantasyroman beginnt wechselt im weiteren Verlauf des Buches mehrfach das Genre und endet tief in der Science Fiction. Zwischendurch wähnt man sich als Leser auch mal in einer Welt des Steampunk.
Den größten Anteil daran trägt, wie sollte es anders sein, die Technik. Aber das ist es nicht allein. Sogar die Magie wird verändert und von seiner mythischen, kaum greifbaren Natur - wie sie bei den meisten Fantasyromanen üblich ist – analysiert, verpackt und in ihr erklärbaren Bestandteile seziert. Man könnte sogar sagen, dass Alexander Lohmann sie in seiner Geschichte industrialisiert. Die Wildheit der Magie und ihre Ursprünglichkeit wird jedem zugänglich gemacht, der einen sog. Portalstein halten kann oder im Nexus schnüffeln will (Verwechslungen bzw. Vergleiche mit Handys oder dem Internet lassen sich beizeiten nicht unterdrücken).
Bei diesen Erfindungen belässt es der Autor aber nicht, und schockt den Leser mit einer Reise, die niemand in einem solchen Roman erwartet hätte, eben weil man von Fantasy ausgeht. Und dennoch weiß Lohmann, wie er auch dieses Genre nicht völlig aus den Augen verliert, z.B. durch die sehr physische Darstellung der Macht der Nachtalbe in Form ihrer Magiewirkung durch Aura und Essenz.

Die Geschichte um Frafa irritiert den Leser. Zunächst einmal sind 1000 Jahre seit dem bekannten Handlungsstrang vergangen. Es leben außer ein paar wenigen bekannten Figuren niemand mehr und man muss sich in einer völlig veränderten Welt erst mal neu orientieren. Dann wird alles, was als gesetzt und bekannt angesehen werden konnte auf den Kopf gestellt. „Gut“ und „Böse“ muss wieder neu definiert werden. Damit hat der Autor ja schon seit „Gefährten des Zwielichts“ Erfahrung. Und wenn man als Leser meint sich endlich zu Recht zu finden, ändert sich die Geschichte in eine absolut überraschende Richtung.
Diese ständigen Richtungswechsel geben dem Roman zwar etwas unstetes, aber die Kunst des Autors den Leser in unerwartete Sphären zu führen überwiegt, und man lässt sich gerne dort hin entführen.

Als Leser schätzt man oft die Geschichten, die einen festen Ausgangspunkt haben, zu dem man zurück kehren kann. Und wer hat sich nicht selbst schon mal dabei ertappt, dass er sich selbst auf die Schulter klopfte, weil er den Bösewicht oder den Mörder schon vor dem Ende identifiziert hatte. All das kann man bei „Lichtbringer“ vergessen. Das Ende liegt so entfernt von jeglicher Hypothese, welche man zwischendurch anzustellen vermag, dass einem nichts weiter übrig bleibt, als den Roman brav Seite für Seite durchzulesen. Welch Glück, dass diese Seiten nur so strotzen vor Einfallsreichtum und Verschränkung verschiedenster Genres und sogar der Einbettung gesellschaftlicher Kritik am Technikwahn unserer Welt.
Manch einer mag sich von dem Autor überrumpelt fühlen, mit dem Tempo, das er vorlegt. Vielleicht geht er nach Meinung anderer zu weit und entfernt sich zu sehr von dem, was man von einem guten Fantasyroman zu erwarten hat. Ist es aber nicht Aufgabe eines Autors den Leser in Welten zu entführen, von denen man selbst nicht zu träumen gewagt hat? Diesen Weg ist Alexander Lohmann gegangen. Mit dem endgültigen und krönenden Abschluss seiner Fantasyreihe hat er sich dadurch wahrlich den Goldenen Würfel der RPG-Foren.com verdient.

Über den Autor:

Alexander Lohmann wurde 1968 in München geboren. Er ist als Lektor und Übersetzer, u.a. beim Bastei-Lübbe-Verlag tätig. In Köln studierte er Germanistik und Geschichte. In den 90er Jahren war er im Fandom aktiv.
Basierend auf dem Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ veröffentlichte er bereits die Romane „Thronräuber“ und „Die Mühlen der Träne“.
Alexander Lohmann wohnt heute in Leichlingen, zusammen mit seiner Partnerin Linda Budinger (alias Marion Frost), welche ebenfalls Schriftstellerin ist.

Rezensionen über die beiden vorherigen Romane
Gefährten des Zwielichts und Tag der Messer findet man ebenfalls unter Rezensionen (oder den Direktlink anklicken).

Vielen Dank an Bastei Lübbe, welche die Rezension dieses Romans ermöglichten.
 
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