Ich finde die Idee eines Legacy Spieles toll. Das Spiel entwickelt sich. Es passt sich an mich an. Es verändert sich. Nur ich habe das Spiel (zumindest wahrscheinlich) in dieser Version vorliegen. Viele Überraschungen warten auf mich. Geheimnis - Neugier - Geschichte - Entwicklung - Veränderung - etwas "Erschaffen". Das sind so die Schlagworte, die ich mit Legacy verbinde.
Wenn ich jetzt an meine Runde Pandemie Legacy denke, dann sind das alles positive Aspekte. Es ist erst mal seltsam, dass ein Teil des sorgsam zu hütenden Spielinnenlebens verändert werden soll. Überkleben von Material ist schon am Anfang seltsam. Und etwas zu zerreißen noch viel mehr! Das war ich nie gewohnt und bedarf einer gewissen Selbstüberwindung. Aber irgendwann hat es bei mir Klick gemacht, und ich sehe z.B. das Zerreißen als befreienden Akt an
Es bedeutet immer, dass wir einen Abschnitt erledigt haben. Wir waren also erfolgreich. Das verbinde ich mittlerweile damit.
Ein Legacy Spiel erzählt ja auch meistens eine Geschichte. Eine Geschichte, die wir selbst mit bestimmen und beeinflussen können. Zumindest gefühlt. Das macht ein Legacy Spiel für mich oft spannend.
@Rhizom hat es eine Kampagne genannt. Das ist ein ganz guter Vergleich.
Allerdings komme ich hier an einen Punkt, der sich für mich negativ auswirkt: Ich bin vom Rollenspiel im Grunde weg, weil sie als Kampagnen und fortlaufende Abenteuer über Monate hinweg dauerten. Das habe ich jetzt beim Brettspiel wieder. Ich muss mich erst mal wieder rein finden und mich damit beschäftigen, den Anschluss zu finden. Beim Brettspiel funktioniert das noch etwas besser, als beim Rollenspiel. Weil die Geschichte dann natürlich lange nicht so tiefgehend ist und auch nicht im Vordergrund steht. Dafür muss man sich mit den Regeln jedes Mal nochmal kurz auseinander setzen und einiges wiederholen. Es ist für mich nciht möglich zwischen 12 und 18 (theretisch noch mehr) Spielesessions für die Kampagne in kurzer Zeit abzureißen. Das scheitert schon an den Mitspielern und deren Zeitplan.
Und hier komme ich zu einem weiteren negativem Aspekt: Die feste Spielgruppe. Eine Runde Zombicide oder jedes andere X-beliebige Brettspiel kann ich an einem Abend mit einer neuen Gruppe spielen. Ein Legacy Spiel hat nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, einem neuen Spieler einen Einstieg zu bieten bzw. die Spielgruppe zu durchmischen. Außer ich beraube die neuen Spielern um einen Teil der Geschichte bzw. sie verpassen einiges im Vorfeld. Ist mal ein Spieler nicht dabei, verpasst auch der beim Spielabend so einiges. Bei Pandemie würde das vielleicht noch gehen. Spiele wie Charterstone machen das schon schwerer und das neue Rise of Queensdale sieht es überhaupt nicht mehr vor, dass ein Spieler ausgetauscht wird oder das Gruppengefüge verändert wird.
Das bedeutet, dass ich mir sehr genau überlege, ob ich ein Legacy Spiel starte und vorallem mit wem? Optimalerweise kann genau diese Spielgruppe das Spiel mit mir zu Ende spielen. Und das auch über viele Spielabende hinweg. Mit Pandemie sind wir mittlerweile bei über einem Jahr Spieldauer. Einfach aus dem Grund, weil wir zwischendurch auch in dieser Gruppe etwas anderes zur Abwechslung zocken wollten.
Abschließend aber noch was psychologisches für die "Haben-Seite" von Legacy Spielen: Es wurde getestet, dass der Spieler am aller glücklichsten ist, wenn er von einem Spiel das erste Mal den Deckel öffnet. Deswegen gibt es auch so viele Unboxing Videos, die dieses Gefühl teilen. Legacy Spiele machen genau das zu ihrem Ding. Ich merke das auch selbst. Wenn ich eine neue und bisher verschlossene Box bei Pandemie oder Mechs vs. Minion öffnen kann, freue ich mich wie bolle! DAS ist absolut genial und wird mich vermutlich auch nach X Spielen noch faszinieren.