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Sci-Fi / Fantasy Kriegsklingen

Voltan

Heldenhaft
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Kriegsklingen von Joe Abercrombie ist hart...sehr hart. Wer auf Fantasie im Stile von Paolini (Eragon), oder Naomi Novik (Drachenbrut usw.) steht, dürfte schon nach wenigen Seiten heftig überrascht sein. Überrascht durch die harte Welt, die hier beschrieben wird. Überrascht aber auch durch die harten und "unheldenhaften" Hauptcharaktere (die in anderen Werken wohl eher als Bösewichte durchgehen würden). Überrascht aber vor allem durch den harten, extremen, teilweise auch obzönen Schreibstil des Autors.
Teilweise muten diese Worte etwas zu modern an, aber trotzdem passen sie in die beschriebene Welt und vor allem versteht es Abercrombie sie pointiert einzusetzen. Nicht selten musste ich über seine köstlichen Satzkonstruktionen und beschriebenen Gedankengänge seiner Protagonisten schmunzeln.
Genau, die Protagonisten...Sie sind in jedem Roman das Salz in der Suppe. Und manchmal ist zuviel davon eben doch....naja, eher schlecht. Und in Kriegsklingen beschreibt Abercrombie die Geschichte aus der Sicht eines Barbaren, Inquisitors, heldenhaften Soldaten/Ritters, einer verschlagen-brutalen und überaus beweglichen Ex-Sklavin und einer Truppe von brutalen Söldnern. Abgesehen davon spielen noch ein bis zwei Magier und sein Adept, eine schöne Dame und noch einige andere wichtige Personen eine Rolle, allerdings ohne dass der Roman aus ihrer Sicht beschrieben wird. Somit zählen diese Personen zwar zu den wichtigen, aber nicht den Hauptcharakteren. Trotzdem ist die Suppe nicht versalzen. Nein, alle Charaktere sind so verschieden, so "merkwürdig", so anders, dass man immer wieder Vergnügen darin findet, von einer Figur zur nächsten zu springen.
Z.B. der Inquisitor. Eine solch eklige, hässliche und unmoralische Person, dass man ihr in einem anderen Roman schon nach wenigen Seiten den Tod gewünscht hätte. Hier aber verfolgt man das Geschehen aus seiner Perspektive, muss so manchesmal schwer schlucken und bleibt trotzdem gefangen. Früher war der Inquisitor ein junger Held. Ein Kämpfer der Union und berühmt für seine Fähigkeiten im Schwertkampf. Doch dann wurde er vom Imperator gefangengenommen und monatelang gefoltert. Zurück blieb ein Wrack. Ein Mann, der kaum noch Zähne im Mund hat. Sein Bein ständig nachzieht und jede Treppe als weitere Folter ansieht, solche Schmerzen verursacht deren Besteigung. Vielleicht deshalb ist er nun Inquisitor geworden. Und gilt dabei als einer der besten. Wohl kennt kein anderer den Schmerz so gut, wie er...
Auch ein sehr interessanter Charakter ist der Barbar, Logen Neunfinger. Neunfinger, weil er nur noch neun Finger hat...ist doch klar, oder?
Ein Barbar, ein Kämpfer, wie man ihn sich vorstellt. Aber kein "Kuschelmonster", der nur bösen Jungs wehtut. Nein. Eine Tötungsmaschine. Sein Name wird im Norden des Landes nur geflüstert. Er steht für den Tod hunderter Menschen. Viele davon unschuldig. Er gilt als brutal, menschenverachtend und unbesiegbarer Kämpfer. Auch er benötigt lange, bis er dem Leser ans Herz wächst. Aber gerade aufgrund seiner Macken, seiner Ecken und Unwägbarkeiten bleibt er ein überaus interessanter Charakter. Er ist einer der am besten beschriebenen Barbaren, die ich in den letzten Jahren im Fantasybereich finden konnte.
Tja, dann ist da auch noch Jezal. Ein arroganter, verwöhnter Schnösel in der Hauptstadt der Union, der im Militär seinen Dienst tut und kurz vor einem Turnier steht. Der Gewinner dieses Turniers kann, abgesehen von Ruhm und Ehre, mit Titeln in hohen Ämtern rechnen. Er ist von altem Adel und Stolz darauf. Nichtadlige behandelt er ohne Respekt und rümpft die Nase in ihrer Gegenwart. Selbst das Turnier ist ihm nicht so wichtig, da er glaubt, dass die Welt sowieso vor ihm zu Füssen zu liegen hat. Trotzdem gibt es einige, die ihn als potentiellen Sieger ansehen....WENN er nur mehr trainieren würde und endlich einen Siegeswillen hätte. Doch wie soll er diesen nur erhalten?

Ich könnte noch weiter über unterschiedliche Personen und Beweggründe schreiben. Aber ich hoffe, dass ihr in dieser kleinen Auswahl schon erkennen konntet, dass die Charaktere ziemlich schräg sind...

Der Roman ist, wie oben schon gesagt, in einem sehr harten Stil geschrieben. Zwar kommt es nicht so häufig zu Kämpfen. Aber wenn, dann wird es BRUTAL und BLUTIG!!! Abercrombies Stil hat mich von der ersten Seite an gefesselt und so konnte ich gut in die zu Beginn etwas verworrende Geschichte eintauchen. Hier geht es zuerst um eine Gilde, die von der Inquisition verfolgt wird. Um einen König des Nordens, der scheinbar zum Krieg gegen die Union rüstet. Um einen Barbaren, der den König des Nordens kennt, sogar für ihn mal kämpfte und tötete, nun aber zu den Erzfeinden des Königs gehört. Er war mal Anführer einer kleinen Kämpfergruppe. Doch sie sind im Kampf gegen die Plattköpfe, oder auch Schanka (so eine Art Orks) wohl wieder zu Schlamm geworden (also gestorben). Er selbst wiederum geht aus jeden Kampf mit den Worten "ich bin noch am Leben" heraus, als ob er sich nicht sicher wäre es wirklich geschafft zu haben.

Es geht um einen mysteriösen uralten Magier, bzw. einer Person, die sich als jener vorstellt (aber ist er es wirklich?). Es geht um Krieg, ums überleben. Aber auch um Menschen, die aufgrund ihrer Abstammung den Boden unter ihren Füssen verloren haben und um einiges mehr.

Magie ist in dieser Welt nicht alltäglich. Es gibt keine Magier an jeder Straßenecke, oder sprechende Drachen oder, oder, oder. Nein, Magie ist sogar schon in Vergessenheit geraten und wird von den Menschen als uralter Aberglauben abgetan. Umso argwöhnischer und misstrauischer reagieren sie, als jemand erscheint und sich als Magus ausgibt. Die Inquisition wird schnell aktiv...

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Ja, es gab auch Längen. Aber gibt es solche, gerade bei diesem Umfang, nicht in fast jedem Buch? Hier aber können selbst die Längen in der Geschichte, durch die überaus interessante und pointierte Beschreibung und den exzellenten Schreibstil des Autors, den Roman nicht maßgeblich verderben.
Ich werde mir jedenfalls den zweiten Teil der Geschichte bald ebenso durchlesen, da ich ganz gespannt darauf bin, wie es mit den Protagonisten weitergehen wird.

Der Autor:

Joe Abercrombie lebt und arbeitet als freischaffender Drehbuchautor in London. Kriegsklingen, der Auftakt eines großen Fantasy-Abenteuers, ist sein erster Roman. In Großbritannien wurde der junge Autor damit als Fantasy-Entdeckung des Jahres gefeiert. Er studierte Psychologie an der Universität zu Manchester. Abercrombie ist 34 Jahre alt.
 
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hexe

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AW: Kriegsklingen

Ich kann Dir nur empfehlen weiter zu lesen. Diese Trilogie ist göttlich. Ich habe selten so viel bei einem Buch gelacht. Wasserleiche am Kai gefunden... In meinen Augen endlich mal eine andere Fantasy als der übliche seichte, vorhersehbare Kram. Längen konnte ich allen drei Bänden nicht finden (aber ich finde auch keine Längen in Filmen wie 2001).

Schade ist nur, dass die Handlung immer wieder spricht und man doch eigentlich noch viel lieber mehr von hier gelesen hätte. Aber zum Glück kommt man wieder darauf zurück.

Je besser man die anderen Charaktere kennen lernt, um so lieber mag man Glokta - den Inquisitor, ein richtig knuffiges Kerlchen. Er ist auch gar nicht böse, er hat nur andere Methoden. Auch wenn mein absoluter Liebling Major West ist - gerade im zweiten Teil könnte ich ihn drücken.
 
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Sameafnir

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AW: Kriegsklingen

Hmmmm hin und hergerissen ... den hatte ich tatsächlich schon mehrfach ins Auge gefasst (sprich: potentielle nächste Lesequelle), aber dann doch nicht gekauft ... vielleicht dann jetzt doch. Klingt ansprechend.
 

Gleichgewicht

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AW: Kriegsklingen

Es sei noch kurz zu erwähnen, dass man gezwungen ist, sich die anderen Teile auch zu kaufen, solches Suchtpotential entwikelt schon der erste Teil.

(sorry, wenn ich die Fakten von Voltan teilweise wiederhole)

1. Die Story wird glaubhaft und übersichtlich aus mehreren Perspektiven erzhählt

2. Cie Charaktere sind nicht unter "gut" oder "böse" einzuordnen, sie entwickeln sich, sind keine unbesiegbaren Legenden ala Drizzt und sie haben eine Hintergrundgeschichte

3. Die Schreibweise des Autors ist akzeptabel, zwar auch kein wunderwerk, aber gut lesbar

4. Die politischen Hintergründe und so (die Hintergrundstory der Welt) rückt eher in den Hintergrund, so dass man nicht ständig alles hinterfragen muss.

5. die anderen beiden Teile halten meiner Meinung nach das Niveau des ersten Teils


Wer also auf epische Schlachtszenen und eine ausgefeilte Welt zugunsten der sehr guten Charaktere verzichten kann, wird dieses Buch und auch die Nachfolger lieben.


edit: der vierte Teil der Saga kommt am 01.Sep. raus ;)
 
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