AW: Kapitel 1 - Die Gefährten
Dianthe zuckte innerlich kurz zusammen, als Phalu sie telepatisch ansprach. Das hatte nichts mit dem Inhalt seiner Worte zu tun, sondern dass dieser bestimmte Tonfall, den Phalus Stimme gehabt hätte, hätter er laut gesprochen, diese Mischung aus leichter Belehrung, Verständnis, Geduld und der Sicherheit des Älteren natürlich in der Stimme ihres Ziehvaters erklang. Daher war sie für eine Sekunde lang verwirrt, doch dann bemerkte sie natürlich Phalu, der immer noch als Stab an Ort und Stelle stand. Ihr Mund zuckte kurz verdächtig, so als hätte sie das Bedürfnis zu lächeln. Zum einen über sich selbst, weil sie bei der Stimme ihres Ziehvaters nach all der Zeit immer noch schuldbewusst zusammenzuckte und zum anderen über den Umstand, dass Phalu einfach stehen gelassen worden war. Oh ja, Heranwachsende egal welchen Volkes. Manches änderte sich eben nicht wirklich.
"Phalu - ich hoffe, ich darf euch so nennen - ich stehe den Elementen weniger nahe als ihr glaubt und doch mehr als ihr ahnt. Was mir aber in keiner Weise mit diesem Schmollgeist weiter hilft. Wenn ich gut mit Elementaren könnte, wäre bestimmt schon einer auf dem Schiff. Aber beschäftigen ist ein guter Einwand. Nur, dass ich das nicht allzu offensichtlich machen will, sonst legt mir das entweder meine Mannschaft oder der Luftgeist als Schwäche aus und beides möchte ich nicht. Aber ich habe die Idee eines Planes, wenn ihr versteht, was ich damit meine."
Sie konzentrierte sich und suchte nach Durzos Gedanken. Sie hatten schon oft telepatisch miteinander kommuniziert. Zwar hatte Durzo sich über diese Fähigkeit zuerst gewundert, schließlich war das für Menschen nicht üblich so etwas zu können, vor allem, wenn sie nur über begrenzte magische Fähigkeiten verfügten, so wie Dianthe. Doch er hatte nie gefragt und sie hatte nie ein Wort über den Grund ihrer Fähigkeiten verloren. Und so wunderte es diesen nicht, dass er auf einmal die Stimme der Kapitänin in seinem Geiste vernahm. "Durzo, hast du bitte ein Auge auf die Truppe im Maschinenraum? Das wäre nett. Erinner Basri doch noch einmal an die luftleere Kammer, die er mit dem Schmollgeist austüfteln sollte. Ich weiß nicht, ob das so einfach machbar ist, wie es sich alle denken. Und erinnere ihn auch noch einmal daran, dass er an allem herumtüfteln darf, was nicht die Belastungsgrenze des Schiffes sprengt, das Schiff nicht explodieren lässt oder die Mannschaft in Gefahr bringt. Wenn er Blitze ohne ein Gewitter, dass die Sternenwanderer in Stücke reißt, bekommen kann, dann habe ich nichts dagegen, dass er da weiter rumtüftelt oder etwas neues ausknobelt." Von Durzo kam erst einmal wortlose Verwunderung zurück. "In Ordnung, das hebt seine Laune bestimmt. Du hast den Armen echt übel zusammengefaltet, er ist ganz geknickt. Aber dann mecker nicht wieder rum, du weißt, dass Basri das Schiff in Punkto Leistung in und auswendig kennt." "Ich werde versuchen, mich zusammenzureißen Professor." Begleitet wurden diese Worte von dem Gefühl in eine saure Zitrone gebissen zu haben.
Da nun aber ihre Kajüte wieder begehbar schien und die Vorbereitungen zur Abreise in vollem Gange waren, überlies Dianthe Gerwin wieder das Deck. Sie wollte schließlich noch die Route nach Ildrea mit dem Magister diskutieren. Also bat sie diesen in die Kajüte und nahm Phalu mit, schließlich wollte sie ihn nicht so allein an Deck stehen lassen, das machte die abergläubischen Kerle nur nervös. "Gehe ich recht in der Annahme, dass euch die Route auch interessiert?" meldete sie sich noch einmal bei dem Drachen. Sie stellte den Stab neben den Tisch und breitete einiges Kartenmaterial aus, anhand dessen der Magister genau erläutern konnte, welches die beste Route nach Ildrea war. Dianthe hörte sich Fidelius Berechnungen zur Stoßströmung interessiert an und entschied sich dafür, diesen Weg auch wirklich einmal auszuprobieren. Das würde bestimmt interessant werden. Langsam begann ich ihre Laune ein wenig aufzuhellen.
Unterdessen hatte sich Durzo in den letzten Winkel des Bordantriebs vorgearbeitet, wohin sich Basri geknickt verzogen hatte. "Sag mal, Dianthe hatte doch irgendetwas von einer luftleeren Kammer erwähnt, die du mit dem Luftgeist zusammen basteln solltest. Wäre es nicht gut, das in Angriff zu nehmen? Dann freut sie sich und hat nicht einmal einen Grund zu meckern." Basri zog verzog zweifelnd das Gesicht, aber tief in seinem Inneren fing der Erfinder schon an, sich Gedanken über die Kammer zu machen. Trotzdem meinte er schmollend "Im Moment kann man es ihr eh nicht recht machen. Ich hab keine Lust drauf, noch mehr Anschiss zu bekommen. Nee nee, soll sie mich doch dran erinnern." Durzo fing an verschwörerisch zu grinsen, denn die telepatische Botschaft der Kapitänin hatte ihn an sein erstes Treffen mit Basri erinnert. "Du musst es ihr doch gar nicht recht machen. Weißt du noch, was sie dir versprochen hat, als du bei unserem ersten Treffen überlegt hattest, gleich ganz bei uns zu bleiben? Dass du alles machen und testen darfst, was das Schiff nicht auseinader reißt oder die Mannschaft töten könnte. Du weißt, dass sie ihr Wort hält, deshalb hat sie auch eigentlich nicht auf den Blitz reagiert, so lange für den kein Gewitter nötig ist, welches das Schiff versenken kann, ist keine Gefahr im Verzug und du darfst machen, was du willst. Sie war sauer, dass du wieder erst gespielt und deine Arbeit darüber vergessen hast. Sie braucht dich und das weiß sie ganz genau." Langsam hellte sich Basris Mine ein wenig auf. "Meinst du wirklich? Ich wollte ja noch so viel ausprobieren und erst die Möglichkeiten mit Drummel. Wo ist der überhaupt?" Basri stürzte sofort los, um den Luftgeist zu suchen. "Denk dran, mach erst deine Arbeit, dann kannst du experimentieren!" rief Durzo noch, während er Mühe hatte hinter dem flinken Halbling herzukommen. Das würde eine interessante Reise werden. Ein Weingeist und ein Luftgeist in Aktion, so was bekam man nicht alle Tage. Aber in Ildrea würde er aussteigen, für eine richtige Reise war er einfach zu alt.
Kaum hatte sich Dianthes Laune etwas gebessert, bahnte sich auch schon das nächste Problem an. Statt wie üblich einen Laufburschen zu schicken, um sie über die Ergebnisse der Nacht zu informieren, kam Tarik selbst an Bord und wurde schnurstracks zur Kapitänskajüte durchgewinkt. Dort trat er nach kurzem Klopfen einfach ein, wie er es gewohnt war. Sofort bekam er einen scharfen Blick von Dianthe ab. Dass er persönlich vorbei kam, hieß nichts Gutes. "So schlimm?" fragte Dianthe nur. "Jepp, Sebastian wusste im Grunde gar nichts, ich habe daher meine besten langen Nasen kontaktiert. Ein paar der aufrechten Männer (das der Jargon für jemanden, der eine kriminelle Organisation leitet, ja auch Kriminelle haben Humor) sind kurz davor, sich an die Gurgel zu gehen, da wollte wohl nur noch mal jemand wissen, wen man piesacken muss, damit es richtig los geht. Es sieht so aus, als wolle jemand die ganze Sippschaft hier schwächen um dann einzureiten und den Laden hier komplett zu übernehmen. Das schreit förmlich nach einem Grauen. Ich habe einen Schattenrat einberufen und es wäre gut, wenn du auch kommst." "Wann? Ich einer Stunde bin ich nämlich hier weg. Du weißt, dass ist eine Angelegenheit für euch Landratten." "Wie gut, dass das Treffen genau jetzt ist." Tarik lächelt etwas schief. "Komm schon, deine Stimme hat Gewicht und schließlich ist es auch nicht gut für deine Geschäfte, wenn es in Geredith Krieg gibt." Dianthe atmete einmal tief durch. "Na gut. Magister, habt ihr zufällig Lust, ein paar hohen Tieren der hiesigen Unterwelt zu begegnen? Ihr wollt ja Erfahrungen aus erster Hand. Keine Angst, bei so etwas geht es gesittet zu und wenn nicht, müssen die erst an mir und Tarik vorbei." Und telepatisch fügte sie noch hinzu "Wie sieht es mit euch aus, Phalu. Ein Stab mit Drachen drauf würde sich bestimmt gut machen, nur um die anderen ein wenig einzuschüchtern. Ich glaube wirklich nicht, dass es zum Kampf kommt, die hängen alle an ihrem Leben. Wäre das in Ordnung?"