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Brettspiel Junta: Viva el Presidente!

sonic_hedgehog

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Junta – Republica des Bananas ist das witzigste Intrigenspiel, das mir bekannt ist – sofern man Zeit und die richtigen sechs Mitspieler hat. Nach dem Erfolg des „Im Wandel der Zeiten Würfelspiels“ hat man sich vermutlich eben wegen der genannten Einschränkungen bei Pegasus nur Junta zur Brust genommen und das Spiel in ein Würfelspiel verwandelt.

Die Bananenrepublik ist als gescheitert zu betrachten. Statt in einem Parlament zumindest den Anschein politischer Ordnung zu wahren, haben sich die führenden Familien in ihren Anwesen verschanzt und das staatliche Gewaltmonopol privatisiert. Nur Entwicklungshilfe, die gibt es immer noch und noch immer soll sie in die richtigen Hände, am besten Ihre, gelangen.

Die Gestaltung der Spielmaterialien orientiert sich an der bunten Grafikpracht der Neuauflage des Originals und gefällt mir persönlich sehr gut. Die Spielmaterialien bestehen aus verschiedenfarbigen Würfeln, den durchschnittlich stabilen Spielkarten und Spielmarken aus stabilem Karton – und für alles findet sich der Schachtel ein Tütchen und Platz es zu verstauen. Einzig die kleinen Sichtschirme zum Verbergen der Würfel können diese Qualität nicht halten, da sie aus sehr dünnem Karton bestehen und nach dem Zusammenbau nicht mehr unfallfrei zerlegt werden können. Auch wenn sie auch zusammengebaut Platz in der Schachtel finden, sie sie doch der Teil des Spiels, der als erstes unter Beschädigungen zu leiden hat. Schade, dass hierfür nicht der dicke Karton der Grundstücke verwendet worden ist.

Zu Beginn würfeln die Spieler um das Präsidentenamt und der Gewinner erhält die Päsidentenbrille sowie Anzahl der Spieler + 2 Spielkarten. Diese Karten bestehen hauptsächlich aus Entwicklungshilfe, aber auch Spezialereignissen, Luxusgütern und Parteispenden (=neue Gebäudeteile) oder PR-Erfolgen (=neue Milizen). Nun beginnt die erste der fünf Spielphasen, in der der Präsident diese Karten nach Gutdünken den anderen Spielern verspricht um ihre Loyalität zu sichern. Die Spieler können diese Versprechen betrachten und abwägen, dürfen sie aber vorerst nicht auf die Hand nehmen und sich auch nicht über ihre Handkarten austauschen.
Anschließend erteilen die Spieler ihren Milizen (den Würfeln, von denen jeder zu Beginn einen hat und von denen weitere für 2 Millionen Pesos anzuwerben sind) Befehle, indem sie sie mit der Zahl desjenigen Spielers, den sie angreifen möchten nach oben, hinter ihren Sichtschirm legen. Legen sie ihre eigene Zahl nach oben verteidigen sie sich selbst, bei einer sechs den jeweiligen Präsidenten, wobei es durchaus möglich ist, die Würfel zu splitten.
Diese werden nun aufgedeckt und sich ergebende Kämpfe ausgewürfelt – wobei das Würfelergebnis die Stärke der Miliz ergibt und durch Karten und im Falle des Verteidigers durch die Anzahl der Gebäude modifiziert wird. Die Schwäche des Präsidenten liegt in seiner Hausarmee, die nicht offensiv agieren darf (im Expertenspiel darf er sie aber wenigstens verleihen) und deren Kampfstärke nicht erwürfelt wird, sondern immer eins beträgt. Wohl dem, der andere Spieler an seiner Seite weiß...
Sind die Angreifer erfolgreich, ziehen sie je eine Handkarte des Verlierers, scheitert der Angriff, müssen sie sich zurückziehen, erleiden aber im Grundspiel keine weiteren Verluste. Im Expertenspiel besteht bei jedem Kampf eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Verlustes von Milizeinheiten. Sollte der angegriffene Spieler der Präsident sein und der Angriff wurde zurückgeschlagen, verlieren die Angreifer außerdem das Anrecht auf die ihnen versprochenen Karten – die aber in diesem Fall meist sowieso keine Motivation waren zum Präsidenten zu halten. Unterliegt der Präsident, gilt er als gestürzt und alle versprochenen Karten verfallen. Der erfolgreichste Angreifer übernimmt die Regentschaft.
Nach der Arbeit (Kampf und Plünderung) steht das Vergnügen – Shopping: Für die mühsam erarbeiteten Pesos können Milizeinheiten, neue Karten und Gebäudeteile erworben werden – wobei insbesondere letztere wichtig sind, da sie nicht nur die Verteidigungswerte der Milizen verbessern (ein Anwesen mit Swimmingpool verteidigt man doch lieber als einen baufälligen Schuppen) sondern auch Siegpunkte bringen, von denen man je nach Spielvariante 5 oder 6 benötigt.
Nach einem Abwurf überzähliger Handkarten (max. 4) beginnt der Reigen von neuem.

Junta – Viva el Presidente schafft es erfolgreich an das Flair des Originals anzuknüpfen. Mit der geringeren Spielerzahl (3-5, wobei mehr Spieler auch hier mehr Spaß bedeuten) und der kürzeren Spieldauer ist das Spiel deutlich zugänglicher, verliert jedoch an Komplexität und schränkt die Spieler mehr ein. Insbesondere das Verbot, mit anderen Spielern über die eigenen Karten zu sprechen, was auch Bestechungen und Kartentausch unterbindet, führten bei Veteranen zu leichten Stirnrunzeln – aber ob man das umsetzt ist schließlich die eigenen Entscheidung. Nichtsdestotrotz erfordert auch das Würfelspiel den typischen Juntahumor und etwas Leidensfähigkeit, wenn sich mal wieder Würfel, Karten und Mitspieler gegen einen verschworen haben – und durchaus taktisches Geschick. So wenig Milizen und so viele Ziele...

Die Spielbeschreibung ist schön gestaltet und gut, ein kleiner Fehler in einem der Beispiele stört das Verständnis nicht weiter – die Komplexität der Entscheidungen im Spiel jedoch offenbart sich erst im Laufe der Zeit abhängig von den versammelten Spielertypen. So sollte es sein.

In der Summe eine erfolgreiche Konvertierung des Spielprinzips in ein Würfelspiel, das das Original nicht ersetzt, sondern ergänzt und sicher für beide Spiele neue Freunde finden wird.

Ich danke Pegasus Spiele für die Überlassung des Rezensionsexemplars.
 
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